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Katharina Höhnk

Unterwegs im Kino: Gastons Küche – Aus Peru in die Welt

Gastons Küche – Aus Peru in die Welt
Regie: Julia Patricia Perez
Tiberius Film (2014), 76 min.

Katja Schmid

Von Katja Schmid

Er ist einer der besten Köche der Welt, trotzdem würde Gastón Acurio sich nie damit begnügen, irgendwelche Restaurant-Hitlisten anzuführen. „Kochen ist so viel mehr, als am Herd zu stehen und etwas zu braten“ – für Gastón Acurio ist Kochen eine Form der Revolution. Der Film „Gastons Küche“ bietet einen sehr persönlichen Einblick in das Leben dieses Ausnahme-Kochs.

Eine Revolution ohne Blutvergießen. Früher wurde er mit seinem peruanischen Pass auf Reisen oft schräg angesehen. Weil Peru lange Zeit für Terrorismus, Drogen und Korruption stand. In den vergangenen 15 Jahren hat das Land eine Kehrtwende gemacht. Ex-Präsident Alberto Fujimori (Amtszeit 1990-2000) wurde zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt und Peru avancierte zum kulinarischen Hotspot. Letzteres ist vor allem Gastón Acurios Verdienst.

Essen als Revolution

Als Sohn eines Senators sollte Gastón Acurio eigentlich Jura studieren und ebenfalls in die Politik gehen. Doch die Juristische Fakultät warf ihn raus, und statt wie vereinbart ein Praktikum bei einem Anwalt in Madrid zu machen, meldete er sich heimlich in einer Kochschule an. Als er nach drei Jahren heimkehrte, präsentierte er sich den verdutzten Eltern als Koch. Sie trugen es mit Fassung und unterstützten ihn bei seinem weiteren Werdegang, der ihn unter anderem nach Paris, das kulinarische Herz der damaligen Zeit führte.

Bis heute scheint er all seine Energie in die Wiedergutmachung zu stecken. Er ist unfassbar ehrgeizig und nimmt sich den Auftrag seines Vaters, seiner Heimat etwas zurückzugeben, wirklich zu Herzen. Deshalb ist es nur konsequent, dass er sich im Laufe der Zeit immer mehr von der französischen Küche abwandte und sich der Neuentdeckung der peruanischen Küche widmete. Und noch etwas veränderte sich: er wollte nicht mehr nur für die Privilegierten kochen, sondern möglichst vielen Menschen eine gesunde Ernährung ermöglichen.

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Kochen verpflichtet

Acurio (links) selbst sieht man in „Gastóns Küche“ kaum am Herd, viel wichtiger ist seine Mission. Man begleitet ihn zum Beispiel an den Pazifik, zu den Fischern, die er viel direkter als bislang üblich am Erlös beteiligen möchte. Und in die Berge, zu den Quinoa Bäuerinnen, die mit leuchtend rosa Röcken und kleinen Hütchen auf den trockenen Feldern schuften und dabei nie das Lachen vergessen.

Er fördert Kindergärten mit eigenen Gemüsegärten, eine kostenlose Kochschule und sammelt unermüdlich die besten traditionellen Rezepte, die er dann in seinen Restaurants auf die Speisekarte setzt. Solidarität, Qualität und Biodiversität sind für ihn nicht nur Schlagworte, sondern echte Anliegen. Wenn ein Koch ein Essen verdirbt, erinnert er ihn daran, wie lange der Fisch gebraucht hat, um diese Größe zu erreichen. Als Koch sei er deshalb verpflichtet, sein Bestes zu geben.

Was ihm zu schaffen macht ist die Angst, irgendjemanden zu enttäuschen. Bis heute macht er sich zum Beispiel Vorwürfe, weil er einer Marktfrau gegenüber zwar höflich, aber oberflächlich war. Auf dem Heimweg sah er sie vor Enttäuschung weinen, weil er so gar nicht dem Acurio entsprach, den sie aus dem Fernsehen kannte. Wo andere sich abschotten würden, verlangt er von sich noch mehr Selbstdisziplin. Das sei er den Menschen schuldig, deren Hoffnungen er geweckt habe.

Die Welt könnte ein bisschen mehr Peru vertragen.

Ein politisches Amt strebe er, entgegen aller Spekulation, nicht an. Dabei sieht es fast so aus, als sei die Weltherrschaft sein Ziel. Jedenfalls könnte einem angesichts der Armee aus Köchen, die in seinen zahlreichen Restaurants und in der kostenlosen Kochschule Pachacútec ausgebildet werden, ganz schön bange werden. Andererseits: warum sollte nicht neben jeder Ketchup-Flasche eine Huancaina-Soße oder gelbe Chilipaste stehen? Die Welt könnte ein bisschen mehr Peru vertragen.

Wer einem Meisterkoch einfach mal über die Schulter schauen möchte, wird hier nicht wirklich fündig. Wer aber wissen will, was ein Koch mit Leidenschaft und echtem Einsatz erreichen kann, indem er sich für hervorragende Zutaten aus der Region und bessere Lebensbedingungen für Bauern, Fischer und Köche einsetzt, sollte sich dieses sehr persönliche Portrait unbedingt anschauen. Die Bilder der peruanischen Spezialitäten sind extrem verlockend, gleichzeitig wird aber auch klar, dass nicht nur Köche, sondern auch wir als Konsumenten eine Verantwortung tragen. Für alle, die nach seinen Rezepten kochen möchten, empfehlen wir sein umfangreiches Kochbuch Peru.

Veröffentlicht im Mai 2016

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