Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.
Ich experimentiere gerne in der Küche und mache da auch vor fast keiner Länderküche Halt. Aber manchmal ist sie dann doch da, die Sehnsucht nach etwas Bodenständigem. Und dann liegt ja auch die Landfrauenküche gerade voll im Trend. Umso neugieriger bin ich auf dieses Buch, das den Rezeptschatz einer inzwischen verstorbenen Bäuerin heben will.

Nanette Herz (Foto links), um deren Rezepte es geht, war Bäuerin im fränkischen Cadolzburg – und zwar eine sehr engagierte. Sie führte nicht nur den Bauernhof, sondern auch die zugehörige Gastwirtschaft, war als Kreisbäuerin tätig und bildete dort auch aus, gründete einen Landfrauenchor und eine Volkstanzgruppe – und sie reiste gerne, was man den Rezepten im Buch durchaus anmerkt.
Beim ars vivendi Verlag hat man Nanette Herz ins Herz geschlossen – bis zu ihrem Tod wohnte sie unter den Büroräumen des Verlages. Eine Sammlung ihrer Backrezepte hat der Verlag bereits veröffentlicht, nun schauen wir in die Kladde mit den Kochrezepten.
Zum Weiterlesen:
Leseprobe beim Verlag
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Eine Kladde voller Erinnerungen
Die Rezeptkapitel von Brotzeit über Salate und Suppen, Gemüsegerichten und Vegetarischem, Fisch und Fleisch, Süßspeisen und Gebäck und Grundrezepten werden eingerahmt von Geschichten aus Nanettes Leben und Wirken. Besonders positiv ist mir da die Aufmachung aufgefallen: Man hat viele alte Fotos untergebracht, außerdem auch Auszüge aus Speisekarten, Rechnungen, handgeschriebene Rezeptschnipsel und vieles mehr, um die biografischen Kapitel auszuschmücken.

Das versetzt mich beim Blättern auf den Hof und ins Gasthaus. Überhaupt ist die Aufmachung sehr hübsch: Das kleine Format lässt mich an Belletristik denken und an ein Tagebuch, die Foodfotos zeigen stimmungsvoll, aber ohne großes Drumherum die Gerichte. Einziger Wermutstropfen: Das Buch bleibt nicht aufgeschlagen liegen; das ist etwas unpraktisch in der Küche.
Hausmannskost mit Herz und Neugierde
Beim Kochen hatten Nanette und ich einen holprigen Start. Die Bohnensuppe war leider keine Suppe, sondern bestand nur aus einer riesigen Menge Knödeln, die beim Garen die gesamte Flüssigkeit aufgesogen haben. Danach lief aber alles wie am Schnürchen. Mir gefällt besonders die Mischung der Rezepte – da gibt es sehr traditionelle, herzhafte Gerichte wie das Fränkische Schäufele, aber auch Risotto oder Nürnberger Würstchen, die krautwickelähnlich in Chinakohl gepackt werden.
Aus der Einleitung:
„Nanette liebte es, ihre Familie und ihre Gäste zu bewirten, dafür zu sorgen, dass für jeden und jede immer genug da war. Ein Zuhause zu schaffen, in dem sich alle aufgehoben fühlten.“
Wenn man bedenkt, dass Nanette Herz 1927 geboren wurde, ist die Mischung der Rezepte durchaus modern. Gekocht wird mit leicht erhältlichen Zutaten, und auch die Rezepte, zu denen sich Nanette durch ihre Reisen inspirieren ließ, bleiben bodenständig.
Ich bin zwar nicht im Fränkischen aufgewachsen, habe aber länger dort gelebt – und so weckt dieses Buch Erinnerungen, nicht nur wegen des Schäufeles. Mir gefällt die Mischung aus Geschichten und bodenständigen Rezepten – und da ist auch viel Bewunderung für die Bäuerin, die so neugierig und engagiert durchs Leben gegangen ist.
Veröffentlicht im März 2023