Fünf Sterne: Valentinas Liebling – zum Schwärmen gut.
Einige werden sie bereits kennen, wenn auch nicht als Kochbuchautorin. Barbara Bonisolli ist ein alter Hase im Geschäft: Sie arbeitet seit vielen Jahren als Foodfotografin und moderiert eine Garten- und Kochsendung im Fernsehen. „Barbara kocht“ ist ihr erstes eigenes Koch- bzw. Gartenbuch.
Dieses Buch ist Zeugnis einer Liebesgeschichte: der von Barbara Bonisolli und dem Leben auf dem Land! In jungen Jahren wohnte sie als freie Fotografin mit Balkon und ein paar Pflanzen in München. Nun lebt sie mit Mann und drei Kindern, Katze, Laufenten, Hühnern und fünf Bienenvölkern am Starnberger See. Mit Gemüsegarten und Streuobstwiesen. Das Vorwort ist eine Hymne an dieses Landleben. Hach, da beginnt sich mein Leben als Großstädterin doch defizitär anzufühlen. Und dann noch der große Küchentisch, um den sich spontan die lieben Freunde sammeln. Direkt neben den prall gefüllten Borden mit allerlei,natürlich selbst, Eingemachtem.
Lässt man die „Landglück“-Attitüde mal beiseite, gefällt mir die entspannte Grundhaltung Bonisollis. Nämlich die Sachen einfach in Angriff zu nehmen, sich von den vielen Theorien und Methoden nicht einschüchtern zu lassen. Zum Beispiel treibt uns das Thema „Kompost“ um, seit wir einen Garten haben. Es scheint eine Wissenschaft für sich zu sein. Doch Bonisolli rät den „Komposthaufen“ einfach stehen zu lassen. Prima! Auch ihren Tipp den Rasenschnitt als dünne Mulchschicht zu verwenden, habe ich direkt umgesetzt.
Außerhalb des „Landglück-Vorworts“ erscheint die Person der Autorin ganz zurückgenommen, sie gibt dem Buch Persönlichkeit und Authentizität ohne aufdringlich zu sein. Die Fotos von ihr zeigen sie stets in Bewegung, dem Objekt zugewandt.
In seinem thematischen Zusammenschluss von eigenem Anbau, Ernte und kulinarischer Verwertung erinnert mich dieses Buch sehr an Nigel Slater´s Tender-Bände (Obst und Gemüse. Wenn auch weniger enzyklopädisch, da mit mehr und außerdem absolut tollen, stimmungsvollen Fotos (Jedes Rezept ist bebildert!). Ein Vergleich den Bonisolli nicht scheuen muss. Und schön, da von einer deutschen Autorin, und daher den hiesigen Gegebenheiten was Anbau und Sorten angeht, angepasst. Einzig es fehlt die durchschlagende innovative Kraft, der neue kulinarische Gedanke, die einzige Idee. Vielleicht eben weil ich die Tender-Bände bereits kenne.
Das Buch ist, wie nicht anders zu erwarten, den Jahreszeiten entsprechend gegliedert. Zu Beginn eines jeden Kapitels steht eine Übersicht der folgenden Rezepte. Übers Buch verteilt finden sich einige „specials“ zu Bienen, Pasta, Hühnern und Brot. Auch verschiedene Sonderthemen zum Gartenbereich. Und zu jeder Jahreszeit werden diverse saisonale Obst- und Gemüsesorten gärtnerisch vorgestellt.
In den Rezepten spielen die diversen Gartenprodukte nicht zwangsläufig die Hauptrolle. Das finde ich angenehm. Bonisolli konzipiert die Rezepte nicht zwanghaft um einzelne Gemüsesorten, sondern ist frei in der Verwendung der Zutaten, außerdem offen für mediterrane und asiatische Einflüsse. Es ist daher auch nicht so eine ganz „grüne“ Küche, sondern Riesengarnelen und Rinderfilet stehen fröhlich neben Grünkernrisotto und Gurkensuppe. Das gefällt mir!
Die Rezepte sind von einfach bis aufwendig – und manchmal richtig großartig: z.B. die Wildkräuter-Maultaschen mit Haselnussbutter sind von der Idee bis zum fertigen Gericht super! Sie werden mit „Unkräutern“ (Giersch, Löwenzahn, Brennnesseln und Sauerampfer), Quark und Parmesan gefüllt. Dazu gibt es mit Weißwein verfeinerte Haselnussbutter. Köstlich und eine tolle Verwendung für die Unkrautplage im Garten. Wenn auch der angegebene Nudelteig nach der halbstündigen Ruhezeit bei mir total bröselig war. Ich hab ihm dann doch noch Ei gegönnt.
Auf meiner persönlichen Warteliste stehen noch Malfatti; Reisnudeln mit gebratenem Hackfleisch, Tomaten und Koriander; Zwetschgenknödel mit Mohn; Apfel-Sellerie-Salat mit Haselnusskrokant und Wirsingrouladen mit Reis-Hackfleisch-Füllung. „Barbara kocht“ wird mich also durch die Jahreszeiten begleiten.
Einzig das Register taugt nicht recht, da die Rezepte Zutaten zugeordnet werden, die nicht unbedingt ihr Hauptbestandteil sind. Dementsprechend ist daher teilweise die Verwirrung: „Brennnesselrisotto mit gratiniertem Ziegenkäse und Bärlauchblüten“ findet sich bspw. nicht etwa unter Brennnesseln – diese Kategorie gibt es gar nicht. Sondern bei Bärlauch, dabei sind dessen Blüten nur die Deko.
„Barabara kocht“ ist ein saisonales Gartenbuch, das kulinarisch undogmatisch und lustvoll über den eigenen Tellerrand schaut. Es erzählt leidenschaftlich von dem Leben in der Natur und dem Glück selbst angebaute Lebensmittel zu genießen. So stelle ich mir die „Garten-“Küche der Gegenwart vor.
Veröffentlicht im Juni 2014