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Katharina Höhnk

Kochbuch von Vanessa Bolosier: Creole Kitchen ★★★

Creole Kitchen – Sunshine
Flavours from the Caribbean
Vanessa Bolosier
Fotos Clare Winfield
Pavilion Books (2015)

Drei Sterne: Hat Stärken, aber überzeugt nicht ganz.

Susanne Heldt-Zedler

Von

Es begab sich vor vielen Jahren, dass mein Mann zu fernen Gestaden aufbrach. Er segelte zwischen Inseln der Karibik, schaute sich den großen Karneval auf Trinidad an. Mir Daheimgebliebener brachte er heimische Spezereien mit wie frischem Muskat in der Schale mit Macis außen herum, aber auch eine komplette Kokosnuss und diverse weitere Kleinigkeiten. So begann und blieb das familiäre Interesse an der karibischen Küche. Mit dem hier vorgestellten Buch „Creole Kitchen“ wollte ich unsere Kenntnisse weiter ausbauen.

Die Autorin Vanessa Bolosier, aufgewachsen in Guadeloupe und Martinique, fühlte sich erst im fernen Frankreich dazu bewegt, sich ein Stück Heimat zu erkochen. Angeregt durch ihren Mentor, ihren Vater, der sich über das kreolische Rollenverständnis hinwegsetzte und ein begeisterter Koch war, brachte sie sich die kreolische Küche selbst bei – wobei sie ihre Zutaten immer von ihren Heimreisen mitbrachte.

2005 ging sie nach London, wo der Zugang zu den Spezialitäten der kreolischen Küche viel einfacher war. Zunächst ihren Freund mit Rezepten beglückend, kochte sie weiter für andere Kreolen von verschiedenen Inseln, mit denen sie viele Gemeinsamkeiten in der Küche entdeckte. Hier entschloss sie sich, das Kochen für Andere zu starten. Sie machte ihre Passion zum Beruf. Auch ein Blog darf natürlich nicht fehlen.

Ein Kochbuch voller Atmosphäre

Das Cover in frischen karibischen Farben, eine goldene stilisierte Ananas, weckt Vorfreude. Die Fotos im Buch lassen den Leser mitten ins Geschehen geraten: Land und Leute, stimmungsvolle Marktszenen mit den farbenfroh gekleideten Marktfrauen. Aber auch Bilder der außergewöhnlichen, uns zur Reise anregenden, Natur. Man gewährt uns ebenfalls einen Blick auf verschiedene regionale Produkte sowie Szenen ihrer Verarbeitung in der Küche.

Vanessa Bolosier nimmt an, dass der durchschnittliche Leser ein wenig Landeskunde vertragen kann und beginnt mit der Definition „Was ist kreolisch?“. Sie beschreibt ihre kreolischen Wurzeln mit Informationen über ihre beiden Heimatregionen Guadeloupe und Martinique und erläutert, welche Siedler Einfluss auf die kreolische Küche nahmen: amerikanische Ureinwohner (Arawak), Europäer, Afrikaner sowie verschiedene asiatische Einwanderer. Sie ermöglicht uns einen ausführlichen Blick auf die heutige kreolische Küche. Hausgemachtes (das ist es, was man vor allem in diesem Buch findet), Street Food, Restaurantküche und hohe Gastronomie, die hier sehr stark von der klassischen französischen Küche beeinflusst wird.

Wir lernen typische Gerichte kennen wie die Fat Soup, eine Sonntagsabendsuppe, die mit viel fettem Fleisch angesetzt wird. Aber auch zahlreiche Fischgerichte wie u.a. Fish Court Bouillon, die den typischen Fisch-Freitag repräsentieren. Es wird Ti’Punch zelebriert und Buccaneer Turkey Wings (Ailes de Dinde Boucanèes) mit Sauce Chien gesnackt.

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Für den Anfänger zeigt Vanessa Bolosier (links) auf, welche Ausstattung notwendig ist, um sich dieser Küche ausführlich zu widmen: Töpfe, Gewürze, Kräuter und sonstiges. Einen besonderen Augenmerk verleiht sie dem Thema der regionalen Zutaten, was mich besonders freut. Meine Passion gilt den verschiedenen Länderküchen und deren ausgefallenen Zutaten und Würzungen. Hierbei erlangte Erfahrungen mit anderen karibischen Kochbüchern und deren ausprobierten Rezepten erhöhten meine Spannung speziell beim Thema des guten Würzens bei der Rezension dieses Buches. Mein Blick in das entsprechende Kapitel erfüllte meinen Sinn nach Exotik der Gewürze. So geht Bolosier u. a. auf die regionale Spezialität Colombo ein und präsentiert für die Gewürzhexe am eigenen Herd auch gleich das passende Rezept. Es ist hochspannend, denn wussten Sie, dass es zwei Sorten Habanero-Chilis gibt? „Bondamajak“ und „Sept Court Bouillons“. Auch weitere Produkte werden betrachtet: Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch, und Zubereitungsmethoden beschrieben, um ein gutes Verständnis für die Küche zu entwickeln.

Der Softball-Trick

Die Kapitelstuktur ist klassisch: Drinks, Starter, Fisch und Meeresfrüchte, Fleisch und Geflügel, Beilagen, Suppen, Soßen, Sirupe sowie Desserts. Zu jedem Rezept gibt es eine kurze Erläuterung und der Rezepttitel ist zweisprachig benannt. Schön ist, dass dem Hobbykoch teilweise Menüvorschläge und entsprechende Tipps zu möglichen Abwandlungen präsentiert werden.

Beim Peanut Cake (Gateau Pistache) lernen wir, dass das Rezept so nur auf der Insel Marie-Gelante zu finden ist und erhalten gleich auch den tollen Tipp, dass man sich beim Backen dieses Kuchens ohne Zuckerthermometer mit den „Softball-Test“ helfen kann: dazu wird ein Löffel in den erkalteten Sirup und dann sofort in ein Glas kaltes Wasser getaucht. Ist die Temperatur richtig, zeigt der Zucker die Form eines kleinen Softballs.

Das Mysterium begann bei der Planung des Einkaufs. Bei den „Stewed Red Kidney Beans“ weiß Bolosier, dass nicht jeder 3 Stunden Kochzeit für die Bohnen erübrigen möchte und empfiehlt die Verwendung von gekochten Bohnen aus der Dose, wenn es denn schneller gehen soll. Leider fehlt ein Hinweis darauf, wie viel Gramm gekochte Bohnen sich aus 400 g Trockengewicht ergeben. (Meine Recherche ergab: getrocknete vs gekochte mit dem Faktor 2,5 multiplizieren). Zugegeben ein typisches Problem. An anderer Stelle wird in der Zutatenliste ein „Maggicube“ gefordert. Nun, das muss ja nicht unbedingt sein.

Immerhin ein neues Familienrezept

Das hätte man vielleicht alles verschmerzen können. Dass die von mir nachgekochten Rezepte aber eher enttäuschende Ergebnisse bei aufwendiger Zubereitung lieferten, dann aber nicht. Wenn ich an Karibik denke, dann denke ich an Rohrzucker, Limette, Zimt, Muskat, Piment, Chili, Thymian, Ingwer und Rum … Ich wünsche mir ausgewogene Gerichte, die süß und sauer und scharf und warm sind im Geschmack. Creole Kitchen bediente diese Erwartungen nicht. Oft schmeckten Gewürze zu sehr vor oder waren die Gewürzmischungen wie das wichtige Colombo zu flach. Ich war ratlos. Immerhin hat es mit Smoked Herring Chiquetaille wenigstens ein Rezept geschafft, Familienrezept zu werden, das wiederholt werden darf. Aber auf Dauer werde ich doch lieber zu meinen anderen karibischen Kochbüchern greifen, wenn mich mal wieder kulinarische Sehnsüchte ergreifen.

Die Rezepte in Creole Kitchen haben es bei uns nicht geschafft, für „karibische Geschmacksexplosionen“ zu sorgen. Dabei ist das Buch bildschön und punktet mit stimmungsvollen Fotos und ausführlicher Landes- und Warenkunde. Aber es ist einfach nicht rund, was auf den Tisch kommt. Sehr schade!

Veröffentlicht im März 2016

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