Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.
Renate Lieb ist die Scheunenwirtin. Ihr Reich ist ein 250 Jahre altes Hofgut auf der schwäbischen Ostalb. Den Hof hat sie immer wieder umgebaut, und sie bewirtet dort ihre Gäste mit schwäbischer Küche – einer schwäbischen Küche auf ihre eigene Art. Sie achtet darauf, dass ihre Gerichte so naturnah, ökologisch und regional wie nur möglich sind. Dafür hat sie schwäbische Traditionen auf den Kopf gestellt und sogar Produzenten zur Bio-Zertifizierung überredet.

Im Laufe der Zeit hat Renate Lieb (Foto links) da ein umfangreiches Wissen erworben, das sie gerne teilt – auch in diesem Buch. Und so besteht es nicht nur aus Rezepten, sondern zeigt auch Zusammenhänge auf. Die Texte von Ursula Heinzelmann nehmen uns mit in den Gemüsegarten, zur Schäferin oder mit Oma Lore zum Kräutersammeln. Da gibt es Kapitel über das Halten von Hühnern und über naturnahes Gärtnern; es wird genau erklärt, warum Bienen so wichtig für uns sind und was man tun kann, um ihnen zu helfen. Die zahlreichen Ratschläge für das eigene Verhalten habe ich da gerne mitgenommen.
Der ganzheitlichen Herangehensweise folgt auch die Aufmachung des Buches: Es macht mir Spaß, durch das aufgeräumte Layout zu blättern, und die Fotos sind ein Augenschmaus – die Foodfotos sind auf das Wesentliche reduziert; die Fotos von der Scheune, der Natur und den Menschen fangen den jeweiligen Charakter wunderbar ein – ich möchte mich direkt dazusetzen.
Zum Weiterlesen:
Leseprobe beim Verlag
Website & Instagram der Scheunenwirtin
Mehr Kochbücher zum nachhaltigen Kochen bei Valentinas
Schwäbische Küche mit Eigensinn
Dem ökologischen Ansatz der Autorin folgend sind die Rezepte nach Jahreszeiten geordnet. Es gibt schwäbische Klassiker wie den Rahmkuchen, aber auch Innovatives wie das Pfannenbrot mit Erbsen-Kokos-Dip. Von Gewürzen und wenigen Ausnahmen abgesehen, sind die Zutaten regional – das Gemüse kommt aus dem eigenen Garten, das Fleisch vom schwäbisch-hallischen Landschwein. Ich bin da manchmal an meine Grenzen geraten – drei verschiedene Sorten Alblinsen für den Linseneintopf konnte ich nicht auftreiben, ich habe mir dann ein anderes Rezept ausgesucht. Besonders die Verwendung von Dinkelmehl und eben von Albleisa (Linsen von der schwäbischen Alb) weisen immer wieder deutlich auf die Herkunft der Rezepte hin.
Renate Lieb:
„Es muss einfach und ehrlich zugehen beim Kochen, und es hört nie auf, man kommt vom einen aufs andere.“
Die Rezepte vermitteln die Lebensphilosophie der Scheunenwirtin – sie sind modern und traditionell zugleich und vermitteln, dass Genuss und Ökologie sich nicht ausschließen. Gut nachvollziehbar dargestellt sind sie auch; allerdings manchmal ein wenig kurz gefasst, da kann etwas Kocherfahrung nicht schaden. Besonders praktisch finde ich die Aufteilung in Spalten – rechts die Zutaten und daneben die Arbeitsschritte, für die sie benötigt werden. Hin und wieder haben mich die Rezepttitel etwas irritiert – ich bin wohl etwas zu nüchtern für so blumige Namen wie „Linsentanz“.
Mir gefällt die moderne und doch bodenständige schwäbische Küche und mir gefällt der Eigensinn, mit dem die Autorin ihre Vorstellungen umsetzt. Gerne mitgenommen habe ich auch die Geschichten und die Ideen, was wir alle zu Hause tun können, um in der Küche nachhaltiger zu wirtschaften.
Veröffentlicht im September 2023