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Katharina Höhnk

Kochbuch von Trine Hahnemann: Skandinavisch kochen ★★★★★

Skandinavisch kochen – 100 Wohlfühlrezepte
Trine Hahnemann
Fotos Columbus Leth
Edition Michael Fischer (2017)

Fünf Sterne: Valentinas Liebling – zum Schwärmen gut.

Dietmar Adam

Von

Skandinavien ist verdammt weit weg von Bayern, geografisch sowieso. Kulinarisch habe ich aufgehorcht, als das Noma zum weltbesten Restaurant gekürt wurde. Aber wie sieht die Alltagsküche einfacher Leute dort aus?

Wenn man nichts Genaues weiß, sprießen die Vorurteile. Meine ranken sich um Flechten und Moose, Elche und Rentiere, unbekannte Beeren und Fisch. Natürlich ist auch das allgegenwärtige „Hygge“ zu mir vorgedrungen. Das war’s dann aber auch schon.

Nach dem ersten Durchblättern des neuen Buches von Trine Hahnemann (links ein Foto der Autorin) kam so etwas wie Ernüchterung und Einsicht, dass im hohen Norden keine Waldschrate leben, sondern moderne Menschen und entsprechend die Küche dort nicht viel anders aussieht als bei uns. In Nuancen anders, das ist klar. Aber es ist nicht ganz einfach, anhand dieses Kochbuchs nun die Besonderheiten der skandinavischen Küche zu benennen.

Aufgefallen sind mir vor allem Gerichte mit Roggen, Hafer und Gerste, auch Buchweizen, sowie einige reizvolle Kartoffelrezepte. Die Fische waren weniger exotisch als erwartet, was vielleicht daran liegt, dass die Autorin darauf geachtet hat, leicht zu beschaffende Zutaten zu verwenden. Jedenfalls ist mir nur der Hornhecht unbekannt gewesen. Deftige Küche, wie wir sie auch aus heimischen Regionen kennen, wechselt ab mit leichten, mediterran beeinflussten Speisen, und sicherlich hat es auch eine Rolle gespielt, dass Trine Hahnemanns Eltern Hippies waren und sie in einer Kommune aufgewachsen ist.

Wohlfühlgerichte ohne Schnörkel

Optisch kann das Kochbuch voll überzeugen mit einem klaren Layout ohne Schnörkel. Die 100 „Wohlfühlgerichte“ sind alle illustriert, wobei die Fotos Appetit anregend, aber nicht zu sehr gestylt daherkommen, ganz so, wie ich es am liebsten habe. Die Übersetzung aus dem Englischen scheint ordentlich zu sein, nur die „selbstgebackene“ Mayonnaise hat mich schmunzeln lassen.

Mit dem Nachkochen meiner favorisierten Rezepte hatte ich keine Probleme. Gewiss, als doch schon etwas in die Jahre gekommener routinierter Hobbykoch neigt man dazu, manche Rezepte leicht abzuwandeln, mal schlägt einem der Vorratsschrank ein Schnippchen, sodass man improvisieren muss, mal geht man einen etwas anderen Weg, etwa wenn bei einer Tarte rohes Eigelb vorgesehen ist und man Bedenken bekommt angesichts hochsommerlicher Temperaturen. Aber da ging es immer nur um Kleinigkeiten, und ich bin den Vorschlägen der Autorin gerne gefolgt.

Ein leicht verbranntes Etwas

So zum Beispiel bei einem bodenständigen Rezept, das aus einem Kochbuch des 19. Jahrhunderts stammt: Hackfleischbällchen mit Sellerie und Äpfeln. Die Fleischbällchen werden in Brühe gegart und dann in einer Mehlschwitze zusammen mit Sellerie, Lauch, Äpfeln und Dinkel serviert. Das schmeckt einfach und gut und dank der Äpfel auch frisch und leicht säuerlich. Auch die für die Alltagsküche bestens geeigneten Selleriebratlinge haben es mir angetan. Dank der Sesamsamen bekommen sie einen besonderen Touch. Geschmackvolle Küche kann so einfach sein, auch wenn man Ideen aus bestimmten Rezepten mit anderen Zutaten kombiniert, also in diesem Fall etwa Kürbis oder Zucchini statt Sellerie verwendet.

Sellerie spielt auch die Hauptrolle in jenem simplen Gericht, das mich am meisten beeindruckt hat. Hierbei wird ein ganzer Knollensellerie oder auch ein Blumenkohlkopf einzig und allein mit Olivenöl eingerieben und mit Salz bestreut, bevor er im Ofen zwei Stunden lang gebacken wird. Heraus kommt dabei ein leicht verbrannt aussehendes Etwas, mit dem empfindsame Gäste vielleicht fremdeln werden, das aber geschmacklich erstaunliche Tiefe beweist und letztlich alle glücklich macht.

Vielseitiges Getreide

Besonders aufgefallen sind mir die Gerichte, bei denen Getreide ins Spiel kam. Naheliegend natürlich in einer herzhaften Quiche mit Brokkoli und Lauch, für deren Teig Roggenmehl Verwendung fand. Überrascht war ich von anderen Kombinationen, etwa der nordischen Tomatensuppe, ebenfalls mit Roggen, diesmal allerdings in Form von ganzen, gegarten Körnern. In einem anderen Rezept wird gekochte Gerste zu Zucchini und Pilzen gegeben, und in einem Salat vereinen sich Roggen, rote Bete und schwarze Johannisbeeren – nicht nur optisch eine Offenbarung.

Auch wenn ich anfangs etwas anderes erwartet hatte, hat mir Trine Hahnemanns Buch Freude bereitet und etliche Rezepte beschert, die mich zum Ausprobieren animieren. Ergänzt werden die reizvollen Gerichte durch allerlei persönliche Tipps, Bemerkungen und Geschichten, die einen Eindruck vermitteln von dem, was sich hinter dem Begriff „Hygge“ verbirgt: Einfach einmal innehalten und den Augenblick genießen, in angenehmer Gesellschaft oder auch ganz alleine. Das geht zwar auch ohne Gaumenschmeichler, aber die eine oder andere Köstlichkeit verstärkt das Wohlbefinden doch ungemein.

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Veröffentlicht im Oktober 2017

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