Drei Sterne: Hat Stärken, aber überzeugt nicht ganz.
Das Trio Tom Vandenberghe, Jacqueline Goossens und Luk Thys (als Fotograf) hat bei Hädecke das Buch New York Street Food herausgegeben und mich mit dem Slogan „Big Apple für kulinarische Globetrotter“ gleich angesprochen. Ein kulinarischer Reiseführer ist genau das, was ich brauche. Doch ist es auch ein Kochbuch, das bei Valentinas richtig aufgehoben ist?
Handhabung und Größe des Bandes erinnern sehr an die Lonely-Planet-Reiseführer, die mich schon auf zahlreichen Trips begleitet haben. Auch die Aufmachung mit vielen Szenenbildern aus der Stadt, Einheimischen und der gewissen Prise persönlicher Geschichten geht in die gleiche Richtung.
Was wirklich Sinn macht, und schon in dem New York-Kochbuch von Marc Grossman auftauchte, ist die Kennzeichnung der Streetfoodküchen in einem Stadtplan. Man kann sich also plangerecht durch die Stadt essen. Wenn „Liebe durch den Magen geht“ – wovon ich fest überzeugt bin, jedenfalls bei meinem Magen – dann kann man auf diesem Wege definitiv seine Liebe zur Stadt testen. (Foto links: Tom Vandenberghe und Jacqueline Gossens)
Nähern muss man sich diesem Buch allerdings weniger mit Essen denn mit Lesen. Der Einstieg gestaltet sich über die Vorstellung der Autoren und mit Essays zur Entstehung des Buches und dem Street Food in New York. Vor allem „Toms Geschichte“ (Vandenberghe) zieht sich durch das ganze Buch und beschreibt neben der Ausgangsidee die Erfahrungen bei seiner Recherchereise. Goossens dagegen erzählt immer wieder kürzere Episoden zu Essen, die den Rezepteblock ebenfalls auflockern. Die Rezepte selbst treten auf diese Weise in den Hintergrund.
Doch das war es mir natürlich wert. Ich bin der weltgrößte Fan von koreanischem Essen und habe mich deshalb sofort auf das Bulgogi gestürzt, das den Auftakt im Buch macht. Ihm folgen Kimchi, Brownies und Tempeh Sandwiches. Die Rezept-Folge im Buch hat sich mir übrigens nicht erschlossen. Sie richtet sich weder nach Lage noch nach Nummerierung. Vielleicht ist es die Folge, in der die Gerichte getestet wurden.
Zu jedem Rezept wird angezeigt, wie hoch die Kosten sind und wo es in New York gegessen wurde. Außerdem findet sich immer ein kleiner Hinweis mit nützlichem Wissen zu den Gerichten. Eingangs erwähnt Vandenberghe, dass die Rezepte selten Originalrezepte der Straßenköche sind, sondern nachempfundene eigene. Der Grund ist so einfach wie naheliegend: Natürlich möchten die Verkäufer ihre kleinen Geheimnisse nicht preisgeben.
Für die Umsetzung beim Kochen bedeutet das allerdings auch, dass die Rezepte leider recht ungenau sind. Für Kocheinsteiger also überhaupt nicht geeignet. Zu dem Bulgogi bitte gekochten Reis reichen, so lautet der Abschluss des Rezepts. Dass es sich hierbei wohl kaum um herkömmlichen Langkornreis handeln dürfte, findet leider keine Erwähnung. Für unseren Geschmack reichte auch das Marinieren des Fleisches mit einer Stunde kaum aus, da muss mindestens eine Nacht dazwischen sein. Street Food heißt ja nicht schnell gekocht.
Das ist hier zwar kein großes Problem, aber bei anderen Gerichten. Die gedämpften Brötchen mit süßem Schweinefleisch kann einfach nicht jeder zubereiten, wenn man sich nur an dieses Kochbuch hält. Da heißt es am Schluss der Kochanleitung lediglich: Die fünf Brötchen müssen nun gedämpft werden. Nur wie denn eigentlich? Hier konnte ich mir noch weiter helfen.
Den für Pastrami nötigen Räucherofen habe ich allerdings nicht extra angeschafft. Wie ich auch von einigen anderen Rezepten leider Abstand nehmen musste, da die einzelnen Zutaten so unbekannt wie schwierig zu beschaffen sind. Da wäre etwa das Okonomiyakimehl, von dem immerhin erklärt wird, wie man es ersetzen kann oder Loroco-Knospen oder Feigenkakteen. Während hier auf das Außergewöhnliche gesetzt wurde, kommen andere Gerichte allzu schlicht daher. Wie die Zubereitung der Tomatensauce. Die Anleitung liest sich in etwa so: Man nehme Tomaten, kann sie häuten wenn man möchte, kochen, salz, pfeffer, fertig. Hmm, ein solches Rezept in die Reihe der Rezepte aus New York zu stellen, halte ich doch für etwas gewagt. Dass man für Cheese Sandwiches mit Weißbrot und Käse gut ausgerüstet ist und sie in der Pfanne braten kann, hätte ich auch für eine Selbstverständlichkeit gehalten. Aber es gab auch Highlights, die in unserer Küche bei unseren Gästen gut ankamen.
Es fällt nicht ganz leicht ein Urteil über dieses Buch abzugeben. Es will zwei Sachen, kann aber nur eine leisten. Der Reiseführer in ihm macht Lust in New York zu essen, durch die Strassen zu schlendern und das Angebot zu genießen. Es informiert zugleich sehr kurzweilig über Entstehung und Hintergründe verschiedener New Yorker Essenstraditionen. Ob man dabei immer ein Bild des Autors Vandenberghe abbilden muss, ist Geschmackssache. New York Street Food ist ein schöner kulinarischer Reiseführer und ein weniger gutes Kochbuch. Letzteres können aber sicher die Originalrezepte der Straßenköche aufwiegen.
Veröffentlicht im Februar 2014