Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.
Das Schwein kann auch anders. Es muss nicht notgedrungen als Massenvieh gehalten werden und nach qualvoller Tötung als Billigprodukt verramscht werden. Das Schwäbisch-Hällische Schwein, das in diesem Buch vorgestellt wird, führt ein artgerechtes Leben, sein Fleisch schmeckt saugut und hat seinen Preis.
Aber es ist fettig und war deshalb lange verpönt. Fett durfte Fleisch ja lange Zeit nicht sein. Inzwischen wird die Marmorierung beim Rind geschätzt, und jetzt ist Fett plötzlich Geschmacksträger. Das war es beim Schwein schon immer, denn die fetten Sonntagsbraten meiner Oma dufteten in meiner Kindheit herrlich in der Kasserolle und schmeckten auch so.
„Das Große Buch vom Schwäbisch-Hällischen Schwein“ ist kein klassisches Kochbuch, eher ein Buch mit dem Fokus Warenkunde auf 83 Seiten, an die sich 28 Rezepte anschließen.
So eine alte Schweinerasse ist nicht selbstverständlich auf dem Fleischmarkt, nicht überall zu haben. Ihre Attraktivität will bekannt gemacht, ihre Besonderheit der Allgemeinheit vorgestellt werden. Und so geht es hier los mit Grundinformationen wie der Besamung der Tiere, der liebevollen Aufzucht im bäuerlichen Betrieb, der Historie der Schweinezucht mit der Rettung der Schwäbisch-Hällischen Rasse in letzter Sekunde, mit den Besonderheiten der Vermarktung und einer ausführlichen Warenkunde, in der alle Fleischstücke und ihre Verwendung vorgestellt werden.
Diese Informationen sind für Interessierte sehr nützlich und umfassend, und man wünscht sich, dass mehr Verbraucher bereit sind, Qualität dieser Art zu bezahlen und Schweinefleisch nicht weiter als Schnäppchen haben zu wollen.
Die Verarbeitung dieses Fleisches ist nämlich die reine Freude. Es schrumpft nicht beim Braten, ist nicht wässrig, das Fleisch UND das Fett schmecken teuflisch gut, und dann ist da ja auch noch das gute Gewissen, dass die Tiere nicht leiden mussten für den eigenen Genuss.
Die Aufzucht der Rasse ist nicht auf die Herkunftsgegend beschränkt. Selbst in unserem Nachbardorf werden solche Schweine gezüchtet und vom örtlichen Metzger verarbeitet. Die Verbraucher hier haben die Vorzüge des Fleisches längst erkannt: für bestimmte Fleischstücke gibt es eine Warteliste.
Und die Rezepte?
Die „sauguten Rezepte“ sind von unterschiedlicher Qualität. Da einige aus der Gastronomie stammen, sind nicht alle Rezepte einfach umzusetzen, die Mengen für den Normalhaushalt manchmal sehr groß. „Dunkle Bratensoße“ haben wir nicht dauernd vorrätig, Braten für 8 und 10 Personen kann nicht jeder machen, und 12 Bäckchen vom Schwein für 4 Personen wären auch bei uns nur schwer zu beschaffen, da in größeren Abständen immer nur ein Schwein geschlachtet wird.
Wir haben Rezepte aus Filet sowie Schnitzel erprobt, und da wurde besonders bei den Schnitzeln die hervorragende Fleischqualität überdeutlich. Nicht alle Rezepte überzeugen inhaltlich, wenn z. B. ein Dinkelfladen mit Speck vom Schwäbisch Hällischen belegt wird. Man darf Zweifel haben, ob man den Unterschied zum Speck vom Normalschwein angesichts der drei großen Zwiebeln herausschmecken kann – und gerade darum soll es bei den Rezepten ja gehen. Auch die von uns erprobten Rezepte fanden wir teilweise aromatisch zu überladen durch die angelegten Gemüse.
Dieses Buch besticht nicht in erster Linie durch seine Rezepte. Es ist aber ein hervorragender Informationsträger mit Bezug auf Schweinefleisch und befreit alle Genießer, die sich auf die Suche nach Schwäbisch-Hällischem Schwein machen, aus der misslichen Lage der schlechten Fleischqualität, die der Markt selbst erzeugt hat.
Veröffentlicht im Januar 2019
Was für ein toller Buchtipp – das Buch muss ich haben!
Ich habe viele Jahre in Schwäbisch Hall gelebt und habe diese tollen Schweine kennengelernt und lieben gelernt. Die Mohrenköpfle sehen nicht nur schön aus, auch das Fleisch ist einfach zu köstlich. Ich habe selten einen so tollen gekochten Schinken gegessen wie von dieser tollen Schweinerasse, soooo saftig …
Ich bin so froh, dass es hier in Bonn einen Metzger gibt, der Fleisch vom Mohrenköpfle verkauft.
Danke für Eure Arbeit und die guten Tipps!
Liebe Grüße
Claudia
Das freut uns. Danke Dir! In Berlin gibt es u.a. auch einige Metzger, die das Fleisch aus Hohenlohe führen. Auch in der Markthalle 9. Gruß!