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Katharina Höhnk

Kochbuch von Tamasin Day-Lewis – Delicious Jewels ★★★★

Delicious Jewels
Tamasin Day-Lewis, Fotos Nazanin Lankarani
Herausgeber Hemmerle, Prestel Verlag (2011)

Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.

Annick Payne

Von

Außer Konkurrenz

“Als aber der hinkende Gott des Feuers, der Schmiede und des Kunsthandwerks, der lemnische Hephaistos, um ihre Tochter Persephone warb, eine seltsame, bunte Kette als Brautgeschenk darbietend, verwehrte Demeter, die Ernährerin, auch ihm die erhoffte Braut.” (nach Nonnus, Dionysiaca).

Mit der Gemüsekollektion des Juweliers Stefan Hemmerle wäre dies wohl nicht passiert. Seine elf Broschen sowie ein Paar Ohrringe zeigen die dekorative Seite der Gemüsewelt aufs Schönste, und man muss keine Göttin des Ackerbaus sein, um ihr zu verfallen. Delicious Jewels beweist, dass eine großartige Kochbuchautorin und ein Juwelier von Weltrang eine attraktive, ästhetisch wie kulinarisch anregende Verbindung eingehen können. Den bekennenden Schöngeist stellt diese Kombination von Kochbuch und Schmuckkatalog vor die Qual der Wahl: welches Grünzeug darf es sein? Hätten sie die Paprika lieber in Kupfer, Silber, Weißgold, Demantoiden oder im Salat? Den Mangold in Messing, Weißgold und braunen Diamanten, oder mit Fettucine und Steinpilzen? Die Karotten als Ohrringe oder Suppe?*

Ich persönlich werde beim perlenbesetzen Maiskolben sowie den entzückenden Jade-Erbsen schwach, kann mich aber auch für die übrigen Stücke der Kollektion begeistern. Ein mit weißen und rosa Brillanten besetztes Radieschen? Ja, bitte! Die Preise werden vornehm verschwiegen, alleine die verwendeten Materialien und die aufwendige Handarbeit suggerieren, dass ich fürs erste von solchen Präziosen wohl nur träumen kann. Als Trostpflaster gibt es immerhin zu jedem Schmuckstück ein eigens kreiertes Rezept meiner Lieblingsköchin Tamasin Day-Lewis (siehe unten).

Einleitend erklären in zwei kurzen und sehr persönlich gehaltenen Essays die Journalistin Nazanin Lankarani die Geschichte des Hauses Hemmerle sowie Tamasin Day-Lewis ihre ersten Erfahrungen mit dem Anbau von Gemüse und dem Kochen dieser “Juwelen der Erde”. Der Hauptteil des knapp hundertseitigen Werkes wird von stimmungsvollen Photographien, die Schmuckstücke und Gemüsegerichte zeigen, und den Rezepten bestimmt. Man ist offensichtlich überzeugt, dass die Produkte am besten für sich selber sprechen, und ich kann dem nur beipflichten. Ein Buch zum Schwelgen und Schwärmen, dass mit nur zwölf Rezepten allerdings kein Kochbuch im engeren Sinne, sondern eher ein ästhetisches Kleinkunstwerk ist. An der Qualität des Bandes wurde nicht gespart, Papier und Bindung sind hochwertig, lediglich der graue Leineneinband würde in der Küche sicherlich leiden müssen, wenn nicht die beschränkte Anzahl an Rezepten der Küchenzeit eine natürliche Grenze setzte. Oder ist dies ein verdeckter Hinweis darauf, dass das Buch auf den Wohnzimmertisch gehört? Doch es wäre jammerschade, die Rezepte nicht auszuprobieren.

Beim Lesen der Rezepte allerdings wurde ich stutzig. Während der reine Erzähltext in fließendem Deutsch daherkommt, holpert es bei den Rezepten hier und da, was vermuten lässt, dass der Übersetzer selber wenig Bezug zur Kochliteratur besitzt. Hier wird mechanisch übertragen, was zu manchem Fehlgriff führt. So verwendet ein Rezept die Begriffe Charlotte und Soufflé als Synonyme und fordert auf, die in Alufolie verpackte Charlotte im Ofen zu “pochieren”, statt sie im Wasserbad zu garen. Ebenfalls verwundert hat mich, dass die Rezepte an vielen Stellen einfache Vorgänge recht kompliziert erläutern, und ein Rezept eine Zutat lediglich im Vorspann, aber nicht mehr bei der Kochanleitung erwähnt, ein anderes großzügig mit einer unbenannten Zutat bestreut ist. Wer für diese Umständlichkeit und Ungenauigkeit verantwortlich zeichnet, lässt sich für mich nicht erkennen, ich kann lediglich feststellen, dass dies in keinster Weise dem Stil von Ms Day-Lewis, wie ich ihn aus ihren anderen, englischen Kochbüchern her kenne, entspricht.

Rezepte und Schmuckstücke passen meiner Ansicht nach ausgezeichnet zu einander, da beide sich nah an der Natur orientieren, gradlinig aber hochwertig sind, und als i-Tüpfelchen ein gewisses ‘je ne sais quoi’ aufbieten können, einen Hauch von Luxus. Wer aber nicht sofort dem Juwelenrausch verfallen kann oder will, der hat immerhin die Option, sich an den Bildern zu ergötzen und derweil sich kulinarische Befriedigung zu erkochen. In diese Sinne rate ich jedem, der sich die Jade-Erbsen nicht leisten kann: er greife zum Hummer und tröste sich mit dem vererb(s)ten Hummerrisotto! Wer jedoch lieber ein reines Kochbuch von Ms Day-Lewis hätte, dem sei als Einsteigeband Tamasin’s Weekend Food empfohlen.

Hier ein Link zu den Juwelen

Veröffentlicht im Juni 2011

1 Kommentare

  1. Annick

    Auf diesem Blog kann man noch ein paar Schmuckstücke der Kollektion bewundern: http://bejeweledadvocate.wordpress.com/2011/07/04/hemmerles-delicious-jewels-2/

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