Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.
Kürbis in meiner Küche? Das ist steirische Kürbissuppe und Ofenkürbis mit Chilimayonnaise. Darüber hinaus hat es zwar immer mal wieder neue Kochversuche gegeben, aber auf Dauer hängengeblieben ist nichts.
Kürbis ist erst seit etwa 20 Jahren zunehmend auf dem deutschen Markt zu haben, hat also keine Verankerung in den Kochtraditionen bei uns. Entsprechend schwer hat er bei mir Fuß gefasst, und wären da nicht die Urlaube in Österreich gewesen und das wunderbare Kürbiskernöl als Mitbringsel, wer weiß, ob das überhaupt gelungen wäre?
Dabei ist Kürbis ein ziemlich geniales Gemüse, nicht nur wegen seiner herrlichen Farbe, die so hervorragend in den Herbst passt. Er ist vor allem haltbar und gut lagerfähig und bereichert den Winter, der bei uns ja eigentlich nur Kohl bietet, jedenfalls aus heimischer Provenienz. Also warum nicht mal ernsthaft mehr damit versuchen?
Ein vielfältiges Angebot und Mehrwert im Info-Bereich
Der Autor Søren Staun Petersen (Foto links) ist von Beruf Werbefotograf, hat schon andere Gemüse in Kochbüchern gekonnt in Szene gesetzt und mit dem fotogenen Kürbis ein optimales Objekt gefunden. Sein Konzept sieht neben Rezepten in den Kategorien „Herzhaftes“, „Suppen und Brot“, „Süßes“ und „Getränke“ allgemeine Infos zur Küchentechnik und kurze Einschübe von Menschen vor, die sich beruflich mit Kürbis beschäftigen, ihn also anbauen oder in der Küche als Küchenchefs verarbeiten.
Diese Seiten sind nicht uninteressant, bleiben zum Format des schmalen Buches passend im Faktenbereich zwar recht oberflächlich, haben aber Unterhaltungswert und können durchaus das Interesse der Leser wecken. So war es für mich ganz anregend zu lesen, was die Dauerbrenner in den Küchen anderer Köche sind. Gebratene Kürbisscheiben mit Blauschimmelkäse und Kürbispüree mit brauner Butter und Salbei habe ich dann auch gleich ausprobiert und für echt gut befunden.
Küchentechnik und Sorten
Noch nützlicher ist die bebilderte Anleitung zum Kürbisschneiden, wohl die einzige Herausforderung dieses Gemüses in der Verarbeitung, sowie die Beschreibung der Sorten und ihrer Merkmale in drei groben Kategorien. Ich bin dadurch zuerst probeweise auf Butternut-Kürbis umgestiegen und bleibe jetzt dabei, denn der erweist sich als viel praktischer in der Verarbeitung als der hübschere Hokkaido.
Das kann man aber auch anders sehen, denn der Autor unterscheidet graue, grüne und orangefarbige Sorten und deren unterschiedliche Aromen in seinen Rezepten. Gelernt habe ich als kleines und feines Detail, dass man Butternut-Kürbis in ordentliche Scheiben und nicht nur in Spalten schneiden kann und somit deutlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten und ein optisch schöneres Ergebnis hat.
Was taugen die Rezepte?
Und die Rezepte? Um es gleich vorweg zu sagen: Wir haben einiges ausprobiert, aber ins Repertoire wird nur wenig wandern. Inspiriert haben mich zunächst vor allem die Suppen. Immer nur die steirische Variante ist langweilig auf die Dauer, und hier haben wir u. a. eine asiatische Suppe, auf die ich sehr neugierig war. In meinem Haushalt wurde die fertige Suppe gleich als „Currysuppe“ identifiziert und man blieb hartnäckig dabei, obwohl überhaupt kein Currybestandteil drin war. Tatsächlich schmeckte man den Kürbis nicht mehr raus, was mir gar nicht gefiel.
Und dann kam die Topinambursuppe mit Kürbis – ein echtes WOW-Erlebnis! Eigentlich hatte ich sie nur gemacht, weil es noch Topinambur im Garten gab, und dann so was! Samt und Seide auf der Zunge, der Kürbisgeschmack wird auf wunderbare Weise ergänzt und unterstützt durch das leicht Nussige des Topinambur, ohne diesen zu übertünchen. Unser neuer Klassiker!
Der Kürbis-Kartoffelsalat war überhaupt nicht unser Ding, weil das Mundgefühl der Kartoffel- und Kürbisstücke unterschiedlich weich und damit unangenehm war. Das war ziemlich enttäuschend, und so bin ich doch wieder in die Erprobung von Ofengerichten gegangen, denn ich denke, dass Kürbis ein ideales Ofengemüse ist. Und tatsächlich gelangen alle Ofengerichte überzeugend.
„Hasselback Butternut“ ist leicht scharf durch Cayennepfeffer im Rub und Chili im Dressing und ähnelt sehr unserem geliebten Klassiker, ist aber viel schneller herzustellen, weil die Kürbishälften nur eingeritzt und eingerieben werden. Das Kürbisgratin ist eine wohlschmeckende Beilage, aber unser Favorit ist doch der Pumpkin Pot Pie, eine in Blätterteig gebackene Mischung mit Hähnchenfilet, Zwiebeln, Knoblauch, Lauch und Mittelmeerkräutern. Der Pie macht etwas Arbeit, lässt sich aber gut vorbereiten, um dann nur noch in den Ofen geschoben zu werden.
Kürbis – der Alleskönner?
„Aus Kürbis kann man alles machen – in allen Küchen“ – diesem Motto des Küchenchefs Klaus Holm folgt der Autor Søren Staun Petersen in seinem Kochbuch. Als Folge kombiniert er Kürbis mit Kartoffeln und Grünkohl, macht daraus Pommes, Lasagne, Spaghetti, Chips, Hummus, Dal, Kroketten und Dumplings. Optisch gibt das immer was her, aber die Gretchenfrage bleibt für mich, ob der Kürbis mehr als seine Farbe dazugibt, ob die Konsistenzen zueinander passen und der Eigengeschmack des Kürbisses betont oder komplementiert wird.
Søren Staun Petersen:
„Man kann nicht Herbst sagen, ohne Kürbissuppe zu meinen. Aber mit diesem Buch erhalten Sie hoffentlich Anregungen für viele andere Gerichte.“
Kürbis-Pommes sind mir einfach zu weich, für Pürees eignet sich der Kürbis sehr gut, weswegen wir auf jeden Fall Hummus noch ausprobieren werden Das Dal ist ähnlich stark gewürzt wie die Asia-Suppe und überzeugt uns nicht. In der nächsten Kürbissaison werden wir weiter forschen, wie sich das bei den süßen Rezepten verhält. Da reizen mich ein Kürbis-Cheesecake und ein Vanillekuchen mit Kürbisfrosting.
„Alles“ würde ich nicht aus Kürbis machen, aber die Einsatzmöglichkeit von Kürbis geht sicher über meine zwei Dauerbrenner hinaus. Wir haben jetzt, dank dieses Kochbuchs, schon mehr als doppelt so viele und es können noch weitere folgen. Søren Staun Petersen hat ein Kochbuch vorgelegt, das Lust macht aufs Experimentieren. Sogar Schnaps ist dabei!
Veröffentlicht im September 2021