Drei Sterne: Hat Stärken, aber überzeugt nicht ganz.
Auf eine Reise an den Big Apple nimmt die Bloggerin Sonja Stötzel ihre Leser in ihrem Buch „New York Foodtrends“, einer Mischung aus Reiseführer und Rezeptbuch. Vor allem ihre schön geschriebenen und bebilderten Stadtteilporträts wecken Fernweh.
Sonja Stötzel (Foto unten, re.), besser bekannt als „Madame Cuisine“, ist Köchin, Bäckerin und Autorin und betreibt gemeinsam mit ihrem Mann seit 2013 einen Foodblog, auf dem sie auch ihre Reisererfahrungen teilt. Mit ihren Kindern war sie im Campingbus in Florida unterwegs, hat den Tegernsee kulinarisch umrundet.
Mit ihrer Freundin und Fotografin Vivi d’Angelo (Foto links, li.) war sie nun schon zum vierten Mal in New York unterwegs, auf der Suche nach Foodtrends zum heimischen Nachkochen. Ihr Fokus dabei: Was für Trends gibt es? Wie sind sie entstanden und wie werden sie in dieser riesigen Metropole umgesetzt? In welchen Vierteln findet man diese Trends und warum genau dort?
Den Trends auf der Spur
Zusammengefasst hat sie ihre Recherchen und Erlebnisse in zehn Kapiteln, die nach Stadtvierteln gegliedert sind und sowohl die Nachbarschaft vorstellen als auch ein bestimmtes Thema aufgreifen: In Midtown war die Bloggerin frühstücken – dank Jetlag saß sie oft als erste im Diner –, in Greenwich Village spürt sie der dortigen Kaffeekultur nach, in Queens testet sie die asiatische Küche.
Die schönen Bilder und plastischen Beschreibungen wecken bei mir sofort das Gefühl: Da will ich auch hin! Einmal im Café Penelope French Toast mit Schokolade und Bananen essen, sich in einer Keller-Garküche in Chinatown durch die Dumplings probieren. Auch die ganzseitigen Fotografien von fröhlichen New Yorkern, frisch gebackenem Brot und heimeligen Hinterhöfen wecken Fernweh.
New York für zu Hause
Aber da New York eben doch nicht um die Ecke ist, hat Sonja Stötzel 80 der Trendrezepte mitgebracht: für ein New-York-Wochenende daheim. Genau das plane ich und blättere durch die Rezepte: Sortiert nach Vierteln und Gelegenheit kann ich mir eine typische Coffeetime aus dem Greenich Village oder Halal-Rezepte aus Bushwick nach Hause holen, den BK Jani Burger etwa, dessen Rezept Chefkoch Sibte Hassan der Autorin in der Küche seines kleinen Lokals verriet.
Doch so schön sich diese Geschichten lesen: Manche der Rezepte wirken auf mich zu wenig raffiniert in der Zubereitung, um ein echter New Yorker Geheimtipp zu sein. Für die Scrambled Eggs etwa, hat der Kellner im „Penelope“ verraten, soll man etwas Mineralwasser und Sahne ans Ei tun – keine ganz neue Erfindung, so scheint mir. Vielleicht hat der Kellner das wahre Geheimnis aber auch einfach nicht rausgerückt. Mehr erfahren hätte ich auch gerne über die Foodtrends wie Southern Comfort Food, Picnic und Artisanal Bread selber, die in den Kapiteln zwar durchaus angesprochen werden, aber leider eher kurzweilig. Aber genau der Aspekt des Buches hatte mich angesprochen.
Ahornsirup, Cornflakes, Cranberrys
Fündig werde ich auf den 240 Seiten natürlich trotzdem. So entscheide ich mich für ein geröstetes Avocadobrot zum Frühstück, für den Nachmittag ein würziges Kürbisbrot und zum Abendessen soll es Kürbispüree mit Jakobsmuscheln geben. Den Sonntag starte ich dann mit einem Walnuss-Cranberry-Brot, abends steht Southern Fried Chicken mit Kartoffelbrei auf dem Speiseplan.
Eine überschaubare Einkaufsliste und kurze, in wenigen Schritten umzusetzende Anleitungen – ich starte motiviert, schneide dicke Scheiben Sauerteigbrot und lege sie ins heiße Olivenöl, schneide Avocado in Scheiben, darauf ein paar Spritzer Zitrone und Schwarzkümmel. Fertig. Ein Avocadobrot, das schmeckt wie – Avocadobrot. Lecker, aber wenig aufregend.
Weiter geht’s mit dem Spiced Pumpkin Bread. Erst rätsele ich, warum ich 500 Gramm Kürbis kochen und pürieren, anschließend aber nur 200 Gramm verwenden soll: „Den Rest einfrieren und bei Bedarf ein zweites Brot damit backen“, rät die Autorin. Als ich das duftende Pumpkin Bread aus dem Ofen ziehe, ist mir der Hinweis klar: Der saftig-süße Kuchen ist tatsächlich so köstlich, dass ich ihn sicherlich nicht zum letzten Mal gebacken habe!
Nicht jeder Trend gefällt
So forsche ich weiter durch die Rezepte, die oftmals überraschende Zutaten haben: Kürbis wird in Schwarzbier geschmort, die Jerusalem Artichoke Lasagne mit Topinambur geschichtet, und für eine unkomplizierte Zubereitung werden immer wieder Alternativen angeboten.
Mein absolutes Highlight finde ich im Kapitel „Soulfood“: knusprige Hühnerbeine nach Südstaatenart. In Milch eingelegt, in Cornflakes gewälzt und frittiert – herrlich knusprig und zart zugleich! Dazu ein cremiges Kartoffelpüree: So lässt sich vortrefflich von New York träumen.
„New York Foodtrends“ ist ein schönes Buch zum Schmökern und Träumen mit tollen Bildern der Stadt und Geschichten von Begebenheiten, bei denen man selbst gern dabei gewesen wäre. Beim Nachkochen ging es mir allerdings manchmal so wie nach manchem Urlaub: Wofür man sich in New York vielleicht in einer langen Schlange anstellt, schmeckt zu Hause nachgekocht nicht halb so aufregend – es fehlt die Skyline dazu.
Veröffentlicht im Oktober 2020