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Katharina Höhnk

Kochbuch von Simone & Adi Raihmann: Karma Food ★★★★

Karma Food –
Ayurvedisch, vegetarisch, vegan
Simone & Adi Raihmann
Fotos: Vanessa Maas
Christian Brandstätter Verlag (2020)
Mehr über den Verlag

Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.

Katharina Höhnk

Von

Lust am Kochen oder Freude am Genuss – für die Mehrzahl von uns sind das die entscheidenen Gründe, warum wir mit Leidenschaft am Herd stehen. Beides ist Beleg für eine nicht nur hedonistisch getriebene Motivation, sondern auch den westlichen Lebensstil des Individualismus. Das wird demjenigen einmal mehr deutlich, der das Kochbuch Karma Food von Simone und Adi Raihmann aufschlägt.

Das indische Konzept von Karma gehe davon aus, dass jede Tat naturgemäß Folgen hat, beginnen die Autoren. Darin läge nicht nur Verantwortung, sondern auch die Chance, das Wohlbefinden und das der anderen selbst in die Hand zu nehmen: „Tu (dir) Gutes und dir widerfährt Gutes. Für uns führt der einfachste und zugleich schönste Weg dorthin geradewegs in die Küche, denn beim Essen wird das Gesetz von Ursache und Wirkung besonders deutlich.“

Kochbuchautoren Simone & Adi Raihmann

Simone und Adi Raihmann haben daraus eine Profession gemacht. Das Paar betreibt in Wien inzwischen sieben Karma-Food-Delis mit 30 Angestellten. Das erste eröffnete 2014. Im Mittelpunkt steht die ayurvedisch und vegetarische Küche von Adis Familie, insbesondere seiner Mutter Chandi, deren Heimat die Region Punjab im Norden Indiens ist. Das Unternehmen ist nachhaltig ausgerichtet: „Reduce, Reuse, Recycle was geht“, formulieren die Gastro-Unternehmer auf ihrer Website.

Karma Food als Kochbuch ist das Kochbuch für Fans des gastronomischen Unternehmens, aber natürlich muss das Buch auch außerhalb Wiens funktionieren. Optisch gelingt das aus dem Stand. Das Erscheinungsbild nimmt sofort ein: das Papier rau, die Typografie altmodisch an eine Schreibmaschinenschrift angelehnt, die Farben dagegen leuchtend poppig – Ethno, Vintage und Gegenwart verschmelzen grafisch. Die Indien-Reise beginnt mit dem bloßen In-die-Hand-Nehmen.

Infografiken erklären Ayurveda

Die ayurvedische Küche hat dort ihren Ursprung, zeichnet aber mehr aus als eine reine Regionalküche. Sie ist eingebettet in einer spirituellen Ernährungslehre. Dahinter steht – verkürzt ausgedrückt – ein Konzept von Dosha-Elementen und Essensregeln. Die Autoren Simone und Adi steigen in diese Welt angenehm kurzweilig ein unter dem Motto „Ayurveda Essentials“. Angenehm deshalb, weil ich Essen in Zusammenhang mit Regulativen meide. Nur bei der ayurvedischen Küche spickel ich ausnahmsweise, weil ich immer wieder dieses körperliche Wohlgefühl erlebt habe, das über den bloßen Genuss hinausgeht.

Kochbuch von Simone & Adi Raihmann: Karma Food

Bevor ich mich den Rezepten und dem Entschlüsseln des ayurvedischen Geheimnisses zuwende, muss ich erst mal schmunzeln. Jedes Gericht wird von Piktogrammen begleitet samt Einzeilern, die die ayurvedische Lehre in aller Kürze vermitteln sollen. Das tun sie vor allem auf humorvolle Art. „Mittagsstund, Abendstund, Hauptsache Dal im Mund.“ oder „Mit Fingerfood ist es wie mit dem Leben – du musst es schon in die Hand nehmen, um es auszukosten.“ Ganz sicher: In diesem Buch findet sich kein erhobener Ernährungslehre-Finger, kein Missions- oder akademischer Eifer. Das kann man oberflächlich nennen, aber mich spricht das an.

Auch die Rezepte – sie verteilen sich auf Kategorien wie Tapas, Currys, Eingelegtes, Süßes und Sweets. Zunächst hatte ich mich besonders auf die frittierten Pakoras, Gappas und Samosas gestürzt. Köstlich, diese Teile, bisher hatte ich sie nur auswärts genossen. Aber jetzt war Lockdown. Das war mein Vorwand, mir eine Fritteuse anzuschaffen. Die entpuppte sich leider als glatter Reinfall. (Aber das ist eine andere Geschichte.) Die Post-its wurden also neu verteilt – statt knuspriges Fingerfood konzentrierte ich mich nun auf Lunch und Dinner. Aufgestockt habe ich nach erster Lektüre meinen Gewürzschrank, und zwar mit Asafoetida und Amchurna (Mangopulver) – sie tauchen immer wieder auf. (Am besten gleich mit in den Einkaufskorb packen.)

Mein erstes Rezept: Aloo Gobi – ein Curry-Klassiker der Punjab-Küche aus Kartoffeln und Blumenkohl. Anlass dafür war, dass ich mich einmal in dem Artikel der Guardian-Autorin Felicity Cloake verloren hatte zu der komplexen Fragestellung „How to cook the perfect aloo gobi“. Mein Interesse an dem Gericht war der Tatsache geschuldet, dass ich diese lagerfähigen wie geduldigen Grundzutaten meist vorrätig habe, wenn im Übrigen Leere herrscht. Allerdings war ich danach nie zur Tat geschritten, was vielleicht auch an der 18-Zutaten-langen-Liste lag. Daher kam mir die Karma-Food-Variante sehr gelegen – mit nur unwesentlich weniger Zutaten. Das Ergebnis: Ein feines Rezept, mit Schwung auch alltagstauglich, perfekt vor allem mit einer erfrischenden Raita.

Was ist Kulfi?

Dieser erste geschmackliche Eindruck setzte sich fort. Das Buch habe ich auch deshalb immer wieder zur Hand genommen, weil die Rezeptauswahl vielfältig ist und nicht nur aus Curry & Co. besteht, sondern auch aus Pickles, Masalas, Tees und Süßem. Kulfi ist zum Beispiel ein Eis aus Milch, Sahne, Rohrzucker und Chai Masala, Rosinen und Kokosflocken. Es gibt auch ein Rosen-Lassi, aber auch eine interessante Vorspeise aus Basilikumblättern, Honig und Langem Pfeffer.

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Zum Zuge kommen dann aber mehr die vegetarischen Gerichte, denn ist der Gewürzschrank gut bestückt, lässt sich vieles aus dem Stand kochen, stelle ich fest. Die Grundzutaten sind übersichtlich. Das Nachkochen hat mich allerdings manchmal fast wuschig gemacht wegen der vielen halben und ganzen Teelöffel von diesem und jenem Gewürz. Spätestens bei den Auberginen aus dem Ofen war mir das dann einerlei. Hier trat endlich auch das berüchtigte Wohlgefühl-Erlebnis ein.

Das Kochbuch Karma Food überzeugt mit einem spielerischen und humorvollen Zugang zum Thema ayuverdische Küche. Seine Stärke ist eine vielseitige Bandbreite an vegetarischen und veganen Gerichten, süßen Speisen und Getränken über den Tag verteilt. Voraussetzungen sind ein gut gefüllter Gewürzschrank und Hingabe bei der Abarbeitung der vielen Gewürzbeigaben. Die Gerichte munden und sorgen für wohlige Leichtigkeit. Womit wir wir wieder bei der Freude am Genuss angekommen sind.

Veröffentlicht im September 2020

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