Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.
Meine Kochbuchsammlung ist umfänglich. Aber eine Leerstelle ist die kurdische Küche. Ich bin daher gespannt, was für Rezepte mich in dem Kochbuch von Sedat Celik und Zelal Aydin-Celik erwarten, aber auch, was die Küche ausmacht.

Sedat Celik ist mit der Küche seiner Mutter Fatma Celik aufgewachsen. Sie stammt aus Mêrdîn (Mardin), einer Stadt im Süden der Türkei an der Grenze zu Syrien, in der Türken, Kurden und Araber vornehmlich zusammen leben. Das Kochbuch zeigt gleich zu Beginn Aufnahmen der Stadt: Der historische Teil Mêrdîns liegt atemberaubend schön in den Berghügeln mit Ausblick auf die Weite der Tiefebene Mesopotamiens.
Bewahren & Teilen
Als Sedat Celik auszog, stellte er fest, dass er sich wie die meisten erwachsenen Kinder nicht wirklich an die Gerichte oder die Zubereitung der Familienrezepte erinnerte, berichtet er eingangs. Er beschloss mit seiner Frau Zelal Aydin-Celik, die Rezepte seiner Mutter aufzuschreiben – um sie zu bewahren, aber auch, um sie teilen und einen Einblick in die kurdische Kultur zu geben. Auch deswegen hat das Autorenpaar die Rezepte eingebettet in eine fiktive Erzählung des Jungens Miran. So erfährt die Leser:in des Kochbuchs von dem Leben in der Stadt, aber auch von kurdischen Sagen und Feierlichkeiten.
Die getroffene Rezeptauswahl liest sich auf Anhieb spannend. Das Kochbuch bietet beispielsweise Rezepte für Zopfkäse, ein Frühstückgericht aus Traubensirup mit Eiern (Hêkedims) und eine Joghurt-Weizen-Suppe (Mehir) für heiße Tage. Girikên mast wiederum sind Klößchen aus Bulgur und Weichweizengrieß in einer Knoblauch-Joghurt-Sauce, die vor dem Servieren mit einer leckeren, würzigen Sauce aus Chili, Paprika, Minze und Oregano beträufelt werden. Ein Rezept, das ich sofort probieren wollte (und auch getan habe).
Elegant ist, dass jedes Kapitel mit einem passenden Getränk abschließt. Den Abschluss bildet kurdischer Kaffee (Qahweya Kezwanan), der aus gemahlenen und gerösteten Früchten der Terpentin-Pistazie hergestellt wird, lese ich. In Frankreich wurde er als kurdische Zichorie vermarktet aufgrund seiner Ähnlichkeiten zu Malzkaffee. Sehr gerne hätte ich ihn probiert, habe aber leider bisher keine Bezugsquelle gefunden.
Zum Weiterlesen
Leseprobe beim Verlag
Mehr Kochbücher zur türkischen und osteuropäischen Küche bei Valentinas
Jedes Rezept des Kochbuchs von Sedat Celik und Zelal Aydin-Celik ist bebildert. Die Rezeptfotos konzentrieren sich auf das Wesentliche, für meinen Geschmack sind manche der Aufnahmen zu nah herangezoomt. Hübsch sind die farbig hinterlegten Seiten, die einem helfen, einzelne Kapitel aufzufinden.
Echte Familienrezepte für jeden Tag

Bemerkenswert ist, dass Fatma Celiks Gerichte durchweg alltagstaugliche und -freundliche Familienrezepte sind mit zudem einfach zu beziehenden Lebensmitteln und kurzen Zutatenlisten. Auch die Arbeitsanleitungen sind kurz gefasst, etwa so, wie sie auch innerhalb der Familie weitergegeben werden. Das ist mal prima, mal nicht so ganz. Die Köfte, die ich als Erstes ausprobiert habe, sind mir wunderbar und lecker gelungen. An den oben erwähnten Bulgurklößchen in Joghurt (Girikên mast) bin ich aber grandios gescheitert – der Teig erwies sich bei mir als nicht formbar und schließlich sind die Klößchen beim Garen auch noch zerfallen. Hier hätte ich mir eine genauere Anleitung gewünscht.
Erzähl- und Esskultur
Aber was nun macht die kurdische Küche aus? Aus meiner Sicht weist sie große Ähnlichkeiten mit der der Türkei auf, ist aber auch persisch und arabisch beeinflusst. Viele Familien leben von der Landwirtschaft und so spielen Milchprodukte, Getreide und Gemüse eine große Rolle, ist zu lesen. Das Autorenpaar erzählt darüber hinaus leider wenig über die kulinarischen Besonderheiten der kurdischen Küche – über Verwandtschaften, Ursprünge und Abgrenzungen, vornehmlich zur türkischen Küche. Diesen kulinarisch-kulturellen Aspekt habe ich beim Kochen vermisst.
Sedat Celik:
„Nimm Platz an unserem Esstisch, an dem man sich auch viele Geschichten erzählt. So viel sei verraten: Sie handeln von Bergen, von Feuer, langen Wintern sowie der Liebe und Hoffnung.“
Kurdisch kochen von dem Autorenpaar Sedat Celik und Zelal Aydin-Celik ist ein empfehlenswertes Kochbuch zur kurdischen Küche, die bisher wenig beleuchtet wurde. Im Mittelpunkt stehen Gerichte von Fatma Celik, der Mutter des Autors. Man schmeckt geradezu, dass diese überlieferte und geliebte Familienrezepte sind, wie sie tatsächlich jeden Tag auf den Tisch kommen. Faszinierend dabei ist, wie sich aus recht einfachen Zutaten immer neue und abwechslungsreiche Gerichte zubereiten lassen.
Veröffentlicht im März 2022