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Katharina Höhnk

Kochbuch von Sandra Schumann & Julia Schmidt: In Hülle und Fülle ★★★

In Hülle und Fülle: 50 Päckchen-Rezepte
Sandra Schumann & Julia Schmidt
Fotos: JUNI Fotografen
Callwey Verlag (2019)
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Drei Sterne: Hat Stärken, aber überzeugt nicht ganz.

Charlotte Schrimpff

Von

Eins der ersten „echten“ Essen, die ich habe kochen können, war ein in Alufolie gegarter Fisch: Bröseltopping auf, Öl unter und Folie um das Filet herum sorgten sehr verlässlich für ein saftiges und wohlschmeckendes Ganzes. Eigentlich erstaunlich, dass ich damals nicht versucht habe, diese Garmethode auch auf andere Dinge zu übertragen – Fleisch etwa, Gemüse oder sogar Obst. Eine, die das tut, ist die Autorin und Food-Stylistin Sandra Schumann: Gemeinsam mit der Fotografin Julia Schmidt hat sie für den Callwey-Verlag 50 „Päckchen“ gepackt – und ich bin gespannt, ob ich mit ihrer Hilfe an das Fisch-Glück von einst anknüpfen kann.

Alufolie, lerne ich schnell, ist nicht mehr so State of the Art: Schumann und Schmidt wickeln wesentlich umweltfreundlicher in Bio-Backpapier, Pflanzenteile, Zeitung oder Teig. Und zwar alles: im Frühjahr Spargel und Burrata oder Radieschen mit Estragonbutter. Sommers wird Hackfleisch in Yufkablätter gerollt, umhüllt Reispapier Mango, Melone und Erdbeeren. Später im Jahr schmurgeln Hähnchenschenkel auf Paprika und Weintrauben in Whisky oder kommen Camembert in Blätterteig und Glühfrüchtchen mit Portwein aus dem Ofen.

Eher gewöhnliche Arrangements wie Lauch mit Champignons und Thymian oder eine klassische Ratatouille halten sich dabei mit den experimentelleren Packerln die Waage. Aber bitte: Wie cool klingen „Pflaumen mit Piment, Joghurt und gebrannten Mandeln“ oder Blumenkohl in Kurkuma-Zitronen-Öl? Ananas-Sauerkraut mit Kokosmilch? Und das alles ohne viel Aufwand und Abwasch und obendrein „gesund“? I’m in!

Hauptsache: einfach!

Kochbuch von Sandra Schumann & Julia Schmidt: In Hülle und Fülle

So zurückgenommen wie das Styling – man setzt auf Geometrie und Knallfarben statt Deko-Schlachten – sind übrigens auch die Texte: Kein Rezept, das mehr als eine der quadratischen Seiten beansprucht – und selbst da bleibt meist viel Platz. Mitunter für Fragen: Warum etwa gibt es die Zucchini-Nudeln (immerhin: mit Bärlauch) im Frühjahr, die Zucchini-Feta-Päckchen aber im Herbst und nur die Nudel-Päckchen mit Zucchini-Ricotta-Füllung im Sommer – dann also, wenn die Dinger wirklich wachsen? Wie werden zwei Personen satt von 250 Gramm Pilzen und einer einsamen Stange Lauch oder 300 Gramm Regenbogenforelle mit 150 Gramm Erdbeeren? Und wer stellt sich im Herbst an den Grill statt im Sommer? Jenseits des knappen Vorworts und der kurzen „Packungsanweisungen“ halten sich die Autorinnen mit Erläuterungen zurück. Bleibt also nur: Probieren!

Fehlt da nicht was …?

Auf dem Teller entpuppen sich die optisch unscheinbaren Nudel-Päckchen als Mogelpackung par excellence. Ganz in der Tradition der Herrgottbescheißerle verbirgt sich ihr wahrer Wert im Innern – wo Zitronenabrieb, Thymian und Chili den eher feinen Aromen von Zucchini und Ricotta auf die Sprünge helfen. Dazu eine herrliche Nussbutter … Traum! Und, noch besser: Die Portionsgröße stimmt auf den Punkt!

Ebenfalls gefallen haben uns die Dill-Omelette-Päckchen mit Sauerrahm und Krabben – auch wenn der Sauerrahm in der Zutatenliste plötzlich „Frischkäse“ heißt und die Päckchen-Schnürerei mit den eher dicken Omelettes nicht wirklich gelingt.

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Website von Sandra Schumann & Julia Schmidt

Guter Dinge wende ich mich dem eigentlichen Kerngeschäft zu – Essen, die in Backpapier gehüllt im Ofen garen. Und lande unsanft auf dem Boden der Tatsachen: Nicht nur, dass die Gerichte – ein winterliches Kartoffel-Lauch-Päckchen in Sahnesauce bzw. Spargel mit Ei und Haselnussbutter – wesentlich länger gebraucht haben, bis die Gemüse annähernd Esskonsistenz hatten (so viel zur beschworenen Zeitersparnis); vor allem geschmacklich war da überhaupt nichts los! Ich hätte besser daran getan, mir die Wicklerei zu schenken und die Gemüse flach auf dem Blech zu garen. Wäre schneller gegangen, hätte zu Knusprigkeit außen und Cremigkeit innen geführt und nach deutlich mehr geschmeckt.

Habe ich also zielsicher die falschen Rezepte erwischt? Kann die böse Alufolie geschmacklich doch einfach mehr? Oder hätte manches Essen ein bisschen Reduziertheit weniger und zwei, drei Aromen mehr gebraucht, um zu überzeugen?

Schnell, abwascharm, gesund – von Schumanns und Schmidts Argumenten für das verpackte Garen im Ofen kann ich nur Punkt zwei und drei gelten lassen – an Punkt eins prangt ein fettes Fragezeichen. Und was leider nicht nur in dieser Aufstellung fehlt, ist: Geschmack. Ich fürchte, ich bleibe vorläufig bei meinem Folienfisch. Schade um ein wirklich schön gemachtes Buch!

Veröffentlicht im September 2020

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