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Katharina Höhnk

Kochbuch von Pauline Chardin: Ein Teller voll Sonne ★★★★★

Ein Teller voll Sonne – Mediterrane, leichte Küche für das ganze Jahr, Pauline Chardin, gestalten Verlag (2022)

Fünf Sterne: Valentinas Liebling – zum Schwärmen gut.

Katja Böttger

Von

Das Wort „Schlaraffenland“ könnte hier erfunden worden sein, das sagt Pauline Chardin über die Drôme, die ungestüm raue und zugleich sanfte Landschaft in Südfrankreich, ihre neue Heimat. Hier ist ihr erstes, sehr persönliches Kochbuch entstanden. „Ein Teller voll Sonne“ zaubert das sprichwörtliche Licht des Midi auf den Teller. Dieses Buch ist ein Glücksfall.

Kochbuchautorin Pauline Chardin
Kochbuchautorin Pauline Chardin

Als Kochbuchautorin ist die Französin (Foto links) nicht direkt „vom Fach“, aber als Fotografin und Kreativchefin versteht sie was von Stil und Ästhetik. Sie hat gemacht, wovon viele träumen – sie hat der Großstadt den Rücken gekehrt und ist von Paris aufs Land gezogen. Dort, in der südfranzösischen Drôme provençale, ist ihr Buch entstanden, ein prächtiger, schwerer Band, üppig ausgestattet mit dicken Hochglanzseiten, umwerfend schönen Fotos und Texten in verschwenderisch großer Schrift und mit viel Weißraum, fast zu schade für die Küche.

Sonne – das ganze Jahr

Die acht Rezeptkapitel folgen den Jahreszeiten, jede Jahreszeit noch mal unterteilt in die frühe und die späte Phase. Eine gute Idee, die sonst zuweilen harten Bruchkanten werden dadurch sanft eingeebnet.

Zum Weiterlesen:

Website & Instagram der Autorin

Vorangestellt gibt Chardin einen Überblick über ihre wichtigsten, meist saisonalen Zutaten und ihr Kücheninventar – Zweiteres lässt mein Herz höherschlagen. Diese Mischung aus einfachen, funktionalen Helfern und liebenswerten, manchmal etwas schrulligen Einzelstücken, dazu eine beständige Suche nach Verbesserung, damit fühle ich mich sehr verbunden.

Die Rezepte sind mengenmäßig eher bescheiden bemessen, meist für zwei, manche für vier Personen. Die Zubereitungszeit ist häufig recht sportlich angegeben, da würde ich mit sonnig gelassenem Gemüt immer noch ein paar Minütchen draufschlagen, aber tatsächlich wird es nirgendwo allzu kompliziert oder wirklich langwierig. Und alle Rezepte sind von geschmackvollen, schlichten Fotos begleitet, durch die die Sonne, das natürliche Licht, nur so strahlt.

Kochbuch von Pauline Chardin: Ein Teller voll Sonne
Kochbuch von Pauline Chardin: Ein Teller voll Sonne

Es kommt so ziemlich alles auf den Tisch, was die Äcker und Gärten des Midi rund ums Jahr hervorbringen – und vieles, was dazu gut passt, rund ums Mittelmeer und manchmal auch weit darüber hinaus. So gibt es alle Gemüsesorten von Artischocken bis Zucchini, Getreide, jede Menge Käse, frische Kräuter, aber eben auch Sesamöl oder Sojasauce, und natürlich viel, viel Olivenöl. Fleischliches kommt dagegen nur als kleiner „Geschmacksverstärker“ vor, etwa als pikante Salami oder kalabrische ‚Nduja, mit entsprechend niedriger Dosis.

Viele Rezepte haben ihre Wurzeln in ihrer Kindheit, andere wiederum sind im Lauf des Lebens und auf Reisen dazugekommen, das erfährt man aus den persönlichen Anmerkungen Chardins, die die Rezepte buchstäblich einrahmen. Trotzdem ist dies kein buntes Durcheinander; mit leichter, klarer Handschrift führt sie alles stimmig zusammen.

Ein Buch voller Licht

So viel äußere Pracht, so viel Schönheit, da fragt man sich automatisch, ob hier nur für die Galerie gekocht wird. Mein Test hat ein klares Resultat geliefert: Es war die reine Freude. Jahreszeitlich bedingt gab es vor allem sommerliche Salatvariationen, die Pauline Chardin gerne nur mit Olivenöl und Knoblauch anmacht. Damit hat sie mich nicht restlos überzeugt – ich bleibe dabei: Selbst das beste Olivenöl kann manchmal einen Spritzer Säure vertragen, und frischen Knoblauch setze ich lieber sparsamer ein. Dies ist aber eine ganz persönliche Vorliebe – die Gerichte, wie Pauline Chardin sie vorschlägt, waren allesamt erlesen und vorzüglich, ich wäre jederzeit gern Gast an ihrem Tisch.

Pauline Chardin:

„Eine Mahlzeit aus ein paar guten Grundnahrungsmitteln zu zaubern, ist für mich eine romantischere Vorstellung, als sich aus einer übervollen Vorratskammer zu bedienen. Essen als genussvolle Form der Lebenserhaltung – darauf kommt es mir an.“

Apropos Gast an ihrem Tisch: daraus wird wohl nichts. Sie bedient nicht das beliebte Landleben-Klischee der langen Tafel im Obstgarten, um die alle Generationen, Familie und Wahlverwandtschaft stets fröhlich versammelt sind. Sie gibt freimütig zu, dass sie meist für zwei Personen koche. Auch das zeigt mir noch einmal, dass Chardin trotz – bzw. unter – der wunderschönen Oberfläche etwas „Echtes“, Persönliches zeigt.

Kann man Sonne essen? Ja, man kann. Eine elegante Auswahl köstlicher Rezepte, kreativ und inspirierend, eine Reise durch die Jahreszeiten, rund ums Mittelmeer und weit darüber hinaus. Pauline Chardin ist Autodidaktin, das spürt man, im besten Sinne. Ihr Blick ist subjektiv, ihre Herangehensweise sehr persönlich, aber mit leichter, sicherer Feder fügt sie zugleich alles zu einem stimmigen Ganzen. Ein Fest für Auge und Gaumen.

Veröffentlicht im Juni 2023

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