Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.
In der Fülle der vielen Kochbücher zu diesem Thema sticht das „Einkochbuch“ auf den ersten Blick mit einigen originellen Rezepten heraus. Nur – hält es was es verspricht?
Saisonales Kochen ist derzeit „in“, doch haben ehrlich gesagt unsere Großeltern schon den Wert reifer Zutaten gekannt. Zu Zeiten, als es noch nicht mitten im Winter Zucchini gab, wurden sie einfach frisch und knackig im Sommer geerntet und dann eingelegt. Oder Früchte wurden zu diversen Musen, Marmeladen oder Kompotten eingekocht. Stundenlang bin ich mit meiner Großmutter in der Küche gestanden und habe Marmeladen eingekocht (und verkostet). Die Liebe dazu ist mir geblieben, und so probiere ich immer gerne neue Rezepte zu dem Thema aus.
Die beiden Autorinnen Patricia Stamm (Foto unten), Diplombiologin und Kommunikationsprofi, und Verena Stummer (Foto ganz unten), Artdirektorin mit eigener Designagentur, sind Könner ihres Fachs, betreiben sie doch schon seit Jahren die kleine Manufaktur „Schön und Gut“ für Eingekochtes und Handgefertigtes. Begonnen hat alles mit ein paar Sorten Konfitüren und Saucen, die auf Weihnachtsmärkten verkauft wurden. Mittlerweile reicht die Palette von diversen Senfsorten über aromatische Rubs bis hin zu designten Geschirrtüchern.
Frisch, fruchtig & anders
Das Kochbuch selbst kommt in angenehm frischem Outfit daher. Die Einleitung ist ausführlich und bringt Anfängern wie Fortgeschrittenen der Einkochkunst die Wichtigkeit des sauberen Arbeitens und die verschiedenen Grundtechniken näher. Eingeteilt ist das Kochbuch schlicht in „Konfitüren und Gelees“, „Chutneys, Ketchup und Co“ sowie „Allerlei Pikantes“. Auch verschiedene Salze und „Allerlei Flüssiges“ (das interessanterweise einen Bogen von Vietnamesischer Rindsuppe bis Aprikosenlikör spannt), findet am Ende des Buchs seinen Platz. Die Rezepte sind ansprechend und farblich stimmig bebildert.
Da gerade Erdbeerzeit war, musste ich einfach als Erstes die „Edle Erdbeere mit Pfeffer & Balsamico“ ausprobieren und war geschmacklich begeistert. Sie war angenehmerweise nicht so süß wie herkömmliche Erdbeerkonfitüren, aber ohne dass Balsamicoessig oder rosa Pfeffer hervorgestochen hätten. Die ersten Gläser waren sofort verschenkt, und auch die zweite „Einkochrunde“ ist schon wieder fast verschwunden.
Das Ochsenschwanzragout lief in ähnlicher Kategorie: Es war so gut, dass ich nicht ausprobieren konnte, ob es länger als 2 Tage im Kühlschrank hält. Laut Angabe der Autorinnen kann es – wenn 90 Minuten im Kochtopf in Gläsern eingekocht – sogar 6 Monate halten.
Auch beim Tomaten-Dattel Chutney stimme ich den Autorinnen absolut zu, dass es bestens mit Parmesan harmoniert und freue mich schon auf die Grillsaison, um es auch zu gegrillten Gemüsen wie Zucchini oder Auberginen zu probieren. (Foto links: Verena Stummer)
Meine Begeisterung blieb beim Orientalischen Karottenaufstrich aus. Er schmeckte nach Orange und etwas nach Erdnuss, aber die Karotte ging unter. Aber vielleicht müssen sie einfach noch etwas stehen?
Die Stärke des Buches ist zweifellos seine Suche nach besonderen Aromen-Arrangements abseits der ausgetretenen Pfade: Zucchini-&-Apfel-Relish oder Gartengurken mal anders, die Rezepte sind durchwegs originell. Das Einkochbuch regt an, kreativer zu denken. Ich fand einige Rezepte geschmacklich sehr rund, aber nicht alle ausgewogen im Geschmack. Aber das ist auch eine individuelle Einschätzung, denn die Rezepte klappten prima.
Patricia Stamm und Verena Stummer nähern sich dem Thema Einkochen mit Enthusiasmus und Kreativität. Vieles überzeugte uns davon – Klassiker und Neues. Ein Buch, das uns Homecooks das ganze Jahr über begleitet – von frühlingshaftem Holunderblütenessig bis zu winterlichem Ragout mit Ochsenschwanz.
Veröffentlicht im August 2019