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Katharina Höhnk

Kochbuch von Orkide & Orhan Tançgil: Türkei vegetarisch ★★★★★

Türkei vegetarisch
Orkide & Orhan Tançgil
Fotos Erman Doğan
Brandstätter Verlag (2015)
Mehr über den Verlag

Fünf Sterne: Valentinas Liebling – zum Schwärmen gut.

Dietmar Adam

Von

Nach Österreich, Deutschland und Italien wird nun die erfolgreiche Reihe vegetarischer Kochbücher um die Türkei erweitert. Ein kräftiger Hauch Orient also und die Frage: Kann das hohe Niveau gehalten werden?

Wer häufiger WDR 3 schaut, wird vielleicht Orhan Tançgil kennen, denn dort konnte er einem breiteren Publikum einige Geheimnisse der türkischen Küche offenbaren. Im Internet betreiben seine Frau Orkide und er (unten ein Foto der beiden) das Blog KochDichTürkisch, das die Unkenntnis vieler Deutscher in Sachen türkischer Küche ein wenig verkleinern möchte. Denn seien wir ehrlich, viel mehr als Döner, Börek und Baklava fällt uns doch zu diesem Thema nicht ein.

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Im Stil der erfolgreichen Vorgängerbände

Wer einen der Vorgängerbände kennt, wird wenig überrascht sein vom Erscheinungsbild. Wieder eine seriöse Fadenheftung mit den praktischen drei Lesebändchen, das nüchterne und übersichtliche Layout, ebenso zurückhaltende Fotos, die sich auf das Wesentliche konzentrieren. Als Unterteilung wurden die Jahreszeiten gewählt. Das freut jeden, der eine saisonale Küche bevorzugt, was ja durchaus sinnvoll ist. Ich bin jedoch kein großer Fan dieser Ordnung, denn schließlich gibt es nicht gerade wenige Gemüse- und Obstsorten, die sich nicht um die Jahreszeitengrenzen scheren. Außerdem wird so manche Suche, z.B. nach einem Dessert, ziemlich mühsam. Aber das ist ein Thema, da gehen die Meinungen eben auseinander.

Jetzt aber zu den Rezepten, denn die sind schließlich das A und O. Nun, was soll ich sagen? Leider saß ich bei der Erstlektüre allein im stillen Kämmerlein, deshalb wird niemand meine genussvollen Ahs und Ohs gehört haben, die mir unwillkürlich über die Lippen gingen. Mit anderen Worten, bei vielen Gerichten war mir sofort klar, dass sie genau meinem Geschmack entsprechen. So wunderte es mich nicht, dass die Nachkochliste unbekannte Ausmaße annahm. Und es sollte sich zeigen, dass meine Begeisterung beim Ausprobieren der Rezepte nicht nachließ.

Eine persönliche Wiederentdeckung

Besonders angetan war ich von den vielen Speisen, die einfach in der Zubereitung und als Meze gut mit anderen zu kombinieren sind, seien es frische Salate wie etwa ein Weißkohlsalat mit Joghurt, Walnüssen und Möhren, Kleinigkeiten wie der panierte Schafskäse oder feine Teigtaschen. Gefreut habe ich mich auch, als ich einen Eintopf entdeckte, mit dem uns vor Jahren einmal eine bulgarische Freundin überrascht hat. Das Rezept ist ungemein variabel, hier im Buch werden eingeweichte Linsen, allerlei gewürfeltes Gemüse wie Auberginen, Tomaten und Paprika schichtweise in einen Schmortopf gegeben, dann wird alles mit Olivenöl, Granatapfelsirup und etwas kochendem Wasser übergossen und schließlich bei hoher Temperatur im Ofen seinem Schicksal überlassen. Das Ergebnis ist einfach umwerfend.

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Aus einem anderen Grund möchte ich die Apfel-Zimt-Hörnchen hervorheben. Sie überzeugen vom Geschmack her, sind vor allem aber ein absoluter Hingucker. Nun bin ich, was das Formen von Teig betrifft, ein ziemlicher Dilettant. Übertroffen wird dieses Manko allerdings noch von meiner Unfähigkeit, diesbezügliche schriftliche Anleitungen zu verstehen und umzusetzen. Und so muss ich gestehen, dass ich ein Youtube-Video zu Hilfe nehmen musste, um dieses wunderschöne Gebäck zu realisieren. Dabei ist es eigentlich ganz einfach und mein Ehrgeiz ist geweckt.

Desserts – wer kann da widerstehen?

Überhaupt – diese Desserts! Baklava sieht ja schon äußerst verlockend aus, aber noch eine Stufe darüber schwebt für mich Kadayıf, diese knusprigen Teigfäden, die auch als Engelshaar bekannt sind. Man muss sie ein wenig auflockern, dann in reichlich zerlassener Butter baden, bevor sie mit Nüssen garniert in den Ofen kommen, um anschließend in Sirup ertränkt zu werden. Gut, das widerspricht so ziemlich allen diätetischen Regeln, aber selbst gemacht dürfte diese Sünde ab und zu erlaubt sein.

Kadayıf bekommt man übrigens in jedem halbwegs gut sortierten türkischen Süpermarket. Auch für die sonstigen Gerichte wird man hier fündig werden. Allzu exotische Dinge kommen im Buch kaum vor. Auch was den Schwierigkeitsgrad der Rezepte betrifft, braucht man sich nicht unnötig Gedanken machen. Vieles ist sogar für die schnelle Alltagsküche geeignet, etwa Zucchinipuffer, panierter Schafskäse, Rote-Linsen-Suppe oder Bulgur-Pilaw.

Ein rundum Freude bereitendes Kochbuch, das mir einen guten Einblick in eine noch weitgehend unbekannte Küche verschafft hat. Schade, dass diese so vielschichtige Küche mit ihrer großen Tradition bei uns immer noch nur in Form von einigen wenigen Speisen wahrgenommen wird. Wer gegenüber fremden Kochgewohnheiten aufgeschlossen ist, kann dieses Buch als eine wahre Fundgrube nutzen. In diesem Sinne Afiyet olsun!

Veröffentlicht im November 2015

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