Fünf Sterne: Valentinas Liebling – zum Schwärmen gut.
Die türkische Küche ist geprägt von Einflüssen aus den verschiedensten Kulturen und voller kulinarischem Reichtum. Genau dieses Feuerwerk der Geschmacksrichtungen fasziniert mich und so freue ich mich auf ein Kochbuch, das sich ausschließlich Gerichten, die zu islamischen Festen und speziellen Anlässen serviert werden, sowie den kulturellen Hintergründen widmet.

Der Begriff Bayram ist die türkische Bezeichnung für Fest- und Feiertag und das zentrale Thema des neuen Kochbuchs des Ehepaars Orkide und Orhan Tançgil (Foto links). Sie sind seit der Gründung ihres Blogs „KochDichTürkisch“ im Jahr 2006 unermüdlich um einen kulinarischen Brückenschlag zwischen den Kulturen bemüht. Ihr Motto: „Bei uns geht das Miteinander nun einmal durch den Magen“. Dies haben sie schon in zahlreichen Kochbüchern wie zum Beispiel „Türkei vegetarisch“ bewiesen, das auf Valentinas begeistert aufgenommen wurde.
Speisen für alle festlichen Anlässe
Beim Layout kommen Puristen auf Ihre Rechnung: Kurze Einleitungen zu der Idee von Bayram und den islamischen Festen, streng gegliederte Rezepte, Fotos ohne Schnickschnack. Aber ehrlich, wie oft habe ich schon perfekt designte Kochbücher in den Händen gehalten, wo die Rezepte geschmacklich absolut farblos waren? Der Eindruck, den ich beim ersten Durchblättern habe, nämlich in einem persönlichen „Best of“-Familienrezeptbuch schmökern zu dürfen, bewahrheitet sich auch beim Nachkochen der Rezepte.
Zum Weiterlesen:
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Das Buch ist nach den verschiedenen religiösen Festtagen wie dem Ramadam- und Opferfest, den gesetzlichen Feiertagen sowie nach traditionellen Festen gegliedert. Zu jedem Kapitel gibt es eine kurze Einleitung, die das Fest und die beliebtesten Rezepte erläutert. Eine liebevolle und kurzweilige Einführung in die islamischen Traditionen, die für mich im Hinblick auf die kulturellen Aspekte und Bräuche ruhig ausführlicher sein könnte.
Bodenständig, traditionell und außergewöhnlich
Die Rezeptsammlung startet mit den zwei wichtigsten islamischen Festen, dem Opferfest und dem Ramadamfest. Im einführenden Text erfahre ich, dass im Gegensatz zu den christlichen Feiertagen, die ja immer an einem bestimmten Tag stattfinden oder zumindest in einem begrenzten Zeitraum, sich die islamischen Feiertage jährlich um 11 Tage verschieben. Somit werden, wenn das Ramadanfest auf den Sommer fällt, z. B. geschmorte Erbsen und Frühlingszwiebel in Olivenöl serviert, während im Herbst dann eher gefüllte Weinblätter mit Reis und Sauerkirschen gereicht werden. Entsprechend saisonal vielschichtig sind die Gerichte.

Als Erstes probiere ich „Perde Pilavi“, das speziell zu Hochzeiten gerne serviert wird. Ich stimme mit den Autoren überein, dass „der Pilaw sowohl optisch als auch geschmacklich einem Märchen gleicht“. Dieses Gericht ist nicht nur eine Augenweide, sondern auch geschmacklich unglaublich vielschichtig und der Star des Abends mit Freunden. Unter einem knusprigen Teigmantel verbirgt sich ein Reisgericht, wobei der Zimt und die Mandeln perfekt mit der Schärfe des Nelkenpfeffers harmonieren und die Korinthen den gewissen Kick geben.
In der Vergangenheit war Börek für mich – abhängig vom Rezept – manchmal eine sehr trockene und eintönige Erfahrung. Aber hier: weit gefehlt! Nach der Qual der Wahl zwischen Kartoffel- (wir haben uns dafür entschieden), Hackfleisch-, Spinat-Käse oder Kürbis-Käse-Fülle, wurde ich mit einem außen knusprigen, aber innen saftigen Börek belohnt, das dank genauer Beschreibung treffsicher gelang. Reichlich Sauce aus Butter, Milch und Eiern zwischen den Teigblättern sorgt hier für ein ausgewogenes Geschmackserlebnis.
Orkide & Orhan Tançgil:
„Zuallererst klären wir die Frage: Was heißt Bayram überhaupt? Bayram ist die türkische Bezeichnung für Fest- und Feiertag. Bei der Recherche für das Kochbuch »Bayram« sind wir auf Hunderte wirklich großartige Rezepte gestoßen. Etwa 70 dieser Rezepte und die damit verbundenen Geschichten und Rituale haben wir in diesem Buch eingefangen.“
Auch bei den Baklava-Röllchen wurde ich sofort nach dem Rezept gefragt. Ich wollte fast nicht verraten, dass diese Version unglaublich rasch und einfach zubereitet ist und dank einem entsprechenden Augenmaß beim Zuckersirup nicht zu süß wird. So könnte ich weiter vor mich hin schwärmen, obwohl ich mich noch lange nicht durch alle Rezepte „durchgekocht“ habe.
Die Schlichtheit vieler Rezepte und die sparsame, aber gekonnte Auswahl an Gewürzen, die alle in einem einfachen türkischen Supermarkt zu finden sind, verblüffen mich oft und lassen mich auch wochentags und ohne speziellen Anlass häufig zu Bayram greifen. Auch kulturell ist es ein spannender kurzer Abriss über die diversen islamischen Feste und ihre kulinarische Tradition. Und wer hätte gedacht, dass ich in diesem Kochbuch ein Rezept für Gemüsepuffer finde, die in 30 Minuten zubereitet sind (inklusive Abtropfzeit des Gemüses nach Einsalzen) und von denen auch meine Kinder nicht genug bekommen können?
Begeistert schmökere ich in den Festtagsgerichten des Ehepaars Tançgil. Mit gekonnter Hand haben sie eine Auswahl einfacher, bodenständiger und gleichzeitig außergewöhnlicher Speisen getroffen, die meist rasch zubereitet sind. Ein Muss für Fans der türkischen Küche, die auch die islamische Festtagstradition kennenlernen wollen.
Veröffentlicht im April 2023