Fünf Sterne: Valentinas Liebling – zum Schwärmen gut.
Gewürze haben mich schon immer fasziniert: Klein, unscheinbar und nach dem Kochen (außer Kurkuma oder Ähnlichem) nicht mehr zu sehen. Und dennoch: Nimmt man zu viel, stechen sie hervor. Nimmt man zu wenig, schmeckt das Gericht fad. Kombiniert man zu viele verschiedene, erschlägt es den Eigengeschmack anderer Zutaten. Es gilt, die feine Balance zu finden. Und darin ist Nik Sharma ein Meister seines Fachs.

Nik Sharma (Foto links), ein Inder, den das Leben in die USA verschlagen hat, traut sich, was wenige wagen würden: Er kreiert Fusionsgerichte aus traditionell indischen Gerichten seiner Kindheit und dem herzhaften amerikanischen Comfort Food. Die gute Nachricht: Es funktioniert nicht nur gut, es sind exzellent komponierte Gerichte, die einem neue (Aromen-)Welten eröffnen.
Der Autodidakt hat seine Kindheit in Bombay in einer kochbegeisterten Familie verbracht. Nach Amerika brachten ihn nicht nur seine beruflichen Ambitionen in der Wissenschaft, sondern auch der Wunsch nach Freiheit und Toleranz – wenige Monate nach seiner Ankunft in Amerika konnte er sich endlich gegenüber Freunden und Familie outen.
Als Entspannung zu seinen langen Tagen im Forschungslabor begann er, einen Blog (A Brown Table) aufzubauen: Kochen und das Kombinieren von Aromen wurden zu seiner Leidenschaft, zu seiner Berufung und zu seinem Beruf. Rasch stieg er in der kulinarischen Szene auf und gewann mehrere Preise. Das vorliegende Kochbuch wurde unter anderem zum Besten in der New York Times, Washington Post und anderen Medien gekürt.
Alles aus einer Hand
Das Buch ist durch seine Schlichtheit bestechend, auch die Fotos stammen alle vom Autor selbst und sind wie seine Rezepte mit Perfektionismus komponiert. Der Hintergrund der Fotos ist schwarz oder dunkel und verschwommen, es ist klar: Das Gericht und nichts anderes steht im Vordergrund. Die Rezepte sind stets mit einer Anekdote versehen, auch Tipps und Tricks dürfen nicht fehlen. Sie sind sehr übersichtlich gestaltet, einzig die Zubereitungszeit fehlt und wäre manchmal hilfreich.

Die Einteilung in Kapitel ist eher klassisch von Vorspeisen über Getreide und Gemüse, Meeresfrüchte bis hin zu Süßspeisen und Getränken. Schon beim ersten Durchblättern gibt es kaum ein Gericht, das mich nicht anspricht – es fällt mir nicht leicht, eine Auswahl zu treffen.
Ein Schmelztiegel von ausgewählten Gewürzen und Geschmack
Ich beginne mit einem winterlichen Linsensalat mit gebratenem Blumenkohl und Panir und bin begeistert: zwei Sorten Linsen, dazu kross gebratener Blumenkohl und Panir, der sich geschmacklich zurücknimmt. Gekrönt mit einem Korianderöldressing ist es ein gesundes, rasches Abendessen, das aromatisch alle Stücke spielt.
Nik Sharma:
„Dies ist kein traditionelles indisches Kochbuch (obwohl es ein paar meiner Lieblingsrezepte enthält). Stattdessen soll es als Orientierung dienen, neue Geschmacksrichtungen unterschiedlicher kulinarischer Traditionen kennenzulernen und diese nach eigenen Vorlieben in der Küche umzusetzen.“
Auch Naan als Pizza-Grundlage zu verwenden ist aufgrund seiner Konsistenz gewagt: Es ist ein Experiment, das gelingt. Die Textur ist fluffig-weich und doch außen knusprig. Der orientalische Touch dank Schwarzkümmel und Koriander überzeugt mich als Nicht-unbedingt-Margherita-Fan und ich werde dieser Kombination häufiger eine Chance geben.
Oft sind die Gewürzlisten, wie beim Auberginen-Pilaw, wirklich lang. Auch wenn ich beim Würzen eher eine Anhängerin des „Weniger ist Mehr“-Prinzips bin, lass ich mich hier jedes Mal gerne vom Gegenteil überzeugen. Kein Rezept war überwürzt, das Endergebnis war stets stimmig und ein Feuerwerk der Aromen. Als beim spontanen Grillabend noch eine Sauce fehlte, war das scharfe grüne Chutney im Nu auf dem Tisch und hat alle begeistert. Kurzum, es ist ein Kochbuch, das mich sicher weiter begleiten wird, eines, das ich immer wieder gerne zur Hand nehme, sei es für ein rasches, aber raffiniertes Abendessen nach einem langen Arbeitstag oder für anspruchsvolle Gäste. Ein Kochbuch für alle Lebenslagen!
Keine Angst vor vielschichten Gewürzkombinationen, bei Nik Sharma sind Sie in besten Händen. Der Autodidakt aus einer kochbegeisterten indischen Familie kombiniert gekonnt indischen Flair mit den Gerichten seiner Wahlheimat USA.
Veröffentlicht im Dezember 2022