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Katharina Höhnk

Kochbuch von Nevada Berg: North Wild Kitchen ★★★★★

North Wild Kitchen –
Das Norwegen-Kochbuch
Nevada Berg
Prestel Verlag (2018)

Fünf Sterne: Valentinas Liebling – zum Schwärmen gut.

Charlotte Schrimpff

Von

In Norwegen, gar nicht so weit weg von dem Ort, an dem dieses Kochbuch spielt, fand ich echten Sauerampfer. Weil die hiesigen Bergwiesen eher vom weniger feinen Alpen-Ampfer überwuchert sind, war das für mich durchaus besonders. Auf demselben Campingplatz wuchsen uns sonnenwarme Himbeeren auf die Pfannkuchen, im Lädchen ein paar Orte weiter bekam ich Brunost, und als wir dieses verwunschen-schöne Niemandsland ein paar Tage später wieder verlassen mussten, hatte ich so was wie Liebeskummer.

Es wundert mich darum kein bisschen, dass auch eine andere nicht mehr wegwollte. Nach Jahren des Reisens seien sie, Nevada Berg (Foto unten), ihr norwegischer Mann und der gemeinsame Sohn, einfach hängen geblieben: im Numedal, zwischen schroffen Hängen und satten Wiesen, auf einem kleinen Hof mit zwei Scheunen, einer Schmiede und dem Lagerhaus aus dem 17. Jahrhundert.

Kochbuchautorin Nevada Berg

Ein Ort, an dem man sich fast automatisch mit den lokalen Gepflogenheiten vertraut macht – einfach, weil da nicht viel Zivilisation ist, die sich zwischen eine(n) selbst und diese ganze Ursprünglichkeit stellen könnte. Hier findet man eben Sauerampfer und steckt ihn sich in den Mund. Hier begibt man sich im Herbst auf die Pirsch – nach Beeren und Pilzen oder größeren Kalibern. Und hier bekommt man seine Milch direkt aus der Kuh, die die kurzen Sommer auf den „seter“ verbracht hat – Sommerhöfen, die in ihrer Funktionalität ungefähr mit den Senn-, Alm- und Alphütten des Alpenraums vergleichbar sind. Denn das ist ja das nächste: So kurz die Sommer sind, so lang und dunkel sind die Winter. Wer da nicht gelernt hat, zu haushalten – mit Licht, Vorräten, Wärme –, fühlt sich sehr schnell sehr deplatziert.

Im Wilden Norden

Berg, die Amerikanerin, hat sich im Laufe der Jahre also manche urnorwegische Tradition angeeignet und in ihrem Blog „North Wild Kitchen“ dokumentiert. Der Status als Zugezogene half vermutlich, auch deren Geschichten und Hintergründe zu bergen, denn das meiste „wundert“ einen schließlich nur, wenn man es (noch) nicht kennt. Etwa die Sache mit dem Brunost, diesem typischsten aller norwegischen Käse, der offenbar entstand, als die Bäuerin Anne Hov 1863 Molke einkochen ließ und später feststellte, dass das Ganze mit Ziegenmilch noch besser schmeckt. Oder die Ursprünge der Poffertjes, die man in Norwegen als „Munker“ kennt, was vermutlich auf die „Erfindung“ in einem Mönchskloster inmitten der Französischen Revolution zurückzuführen ist, von wo sie über die Niederlande gen Norden immigrierten …

Kochbuch von Nevada Berg: North Wild Kitchen – Das Norwegen-Kochbuch

Im Buch erzählt Berg solche Überlieferungen anhand von Rezepten nach – manche „echt“ und wie vor hundert Jahren, andere „with a twist“: Die in den sommerlichen Schären gefischte Makrelen werden etwa einfach pur geräuchert, junge Fichtenspitzen in Bierteig frittiert. Das Kapitel „Seter“ serviert alles, was die Milch so hergibt, wie den typischen Sauerrahm-Porridge „Rommegrøt“ oder Pfannkuchen, aber auch roh gerührte Erdbeermarmelade oder Eis. Später im Jahr wärmt man sich am Lagerfeuer mit Karotten-Hafer-Stockbrot, Trinkschokolade oder „Plankefisk“ (Forelle vom Holzbrett), lässt Waffeleisen, Ofen & Co. heißlaufen und genießt Schätze aus der Vorratskammer wie gepökelte Lammkeule oder knuspriges Kartoffelfladenbrot.

Norweger durch Nachkochen

Bergs Fotos sprechen von einem einfachen, rustikalen, vielleicht nicht immer bequemen, aber unbedingt lebenswerten Dasein zwischen Seen, Wäldern, Felsen und Schnee. Und auch ich wähne mich sofort wieder an meinem Sehnsuchtsort, wenn ich den zufällig beim Wandern entdeckten Sauerampfer in Nevadas Kartoffelsalat zupfen kann oder wie eine norwegische Milchbäuerin in der Küche stehe und Rømmegrøt löffele, derweil im Topf nebenan die Molke zu Brunost verkocht.

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Website der Autorin

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Nicht ein Gericht, das nicht gelungen wäre oder nicht geschmeckt hätte – im Gegenteil: Alles war so unbedingt zur Wiederholung angetan, dass ich nicht weiß, ob ich mich freuen oder fürchten soll, dass noch so viel Probierenswertes bleibt: „Lefse“, die typischen Kartoffelfladenbrote müssen unbedingt getestet werden, seit Einzug des Buches schleiche ich um die Anschaffung einer Poffertjespfanne herum, um stilecht „Munker“ backen zu können. Und sollte ich eines Tages eines Schwungs Rentierfleisch habhaft werden, weiß ich, wo ich nachschlagen muss.

Nevada: Sollte in deiner Nachbarschaft demnächst eine dieser schnuckeligen Hüttchen mit Gras auf dem Dach frei werden – melde dich. Wenn das so weitergeht, mutieren wir dank deiner nordisch-wilden Küche in nullkommanix zu waschechten Norwegern und ziehen ein …

Veröffentlicht im Dezember 2019

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