Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.
Der Kochbuchautor Mitch Tonks gilt als einer der bedeutendsten britischen Fischköche, neben seine Karriere als Fischhändler betreibt er mittlerweile drei Restaurants, das RockFish Grill & Seafood Market in Bristol, The Seahorse und RockFish Seafood and Chips in Dartmouth. Er gehörte der modernen Generation von Fernsehköchen an, und zählt u.a. Jamie Oliver zu seinen Fans. Gleichzeitig ist er bodenständig genug, sich ausschließlich dem Produkt zu widmen, dass er besser als die meisten kennt, dem Fisch. Mit „fish easy“, seinem fünften Kochbuch, legt er erneut ein überzeugendes Themenkochbuch vor (auf deutsch ist bislang nur ein Band, Fisch, erschienen).
Um mit den Äußerlichkeiten zu beginnen, das Layout hinterlässt bei mir zwispältige Gefühle. Manches begeistert, wie das hübsche, Lässigkeit ausstrahende Cover, im Buch stolpere ich über Seiten, die mir gefallen genauso wie über andere, die das nicht schaffen. Insgesamt ist mir das Konzept zu uneinheitlich, insbesondere die ständigen Wechsel zwischen Schrifttypen und -größen bringen eine Unruhe in den Band, auf die ich gerne verzichten würde. Gar nicht begeistern kann ich mich z.B. für Seiten, auf denen zwei Sätze in 36 pt erscheinen. Aber ich will nicht nur meckern, denn es gibt auch Positives zu berichten: die Fotos suggerieren einen entspannt-chaotischen ‚hab-ich-zu-Hause-gekocht‘-Stil statt der üblichen Hochglanzstillleben vom Foodstylisten, einige Rezepte werden wie eine Fisch-Fotolovestory mit wechselnden Bildern und kleinen Textabschnitten illustriert – das bringt Spaß. Man braucht nicht lange zu blättern, um sich zum Nachkochen verführen zu lassen.
Fisch als ultimatives Fastfood
Nach Tonks ist Fisch das ultimative Fastfood, weil er sich sogar tiefgekühlt zubereiten lässt; übrigens rät der Autor durchaus zu Tiefkühlware, da viel Fisch für die Transportwege sowieso tiefgekühlt gehandelt wird, man kauft also oft bereits aufgetaute Ware. Einen Hinweis habe ich hierzu vermisst, nämlich welchen Einfluss das auf die Garzeit hat; natürlich haben wir es ausprobiert, die Garzeit musste bei uns fast verdoppelt werden, aber das Ergebnis war bei aller Skepsis besser, als erwartet. Tonks Ansatz, Fisch als einfach zu kochendes Lebensmittel darzustellen, geht auf und spiegelt sich auch in der Gliederung seiner Kapitel wider. Den drei Zubereitungsarten „Grill“, „Pfanne“, „Ofen“ widmet er je ein Kapitel, es folgt ein weiteres zu rohem bzw. eingelegtem Fisch und Fischsalaten, abschließend ein Kapitel zu Soßen und anderen Basics. Jedes Kapitel wird von kurzen, aber sehr hilfreichen Observationen zu der vorgestellten Zubereitungsart eingeleitet, mit diesen Tipps ausgestattet kann schon gar nicht mehr viel schief gehen.
Rezepte, die es mir auf den ersten Blick angetan hatten, waren gegrillte Makrele mit Sternanis und Szechuan Pfeffer, gegrillter Sepia mit asiatischen Gewürzen, Spaghetti mit Sepia und Tintensoße, Seeteufel mit Salbei und Knoblauch, mit Muscheln gefüllter Tintenfisch, auch der selbst eingelegte Hering, der mit Orangenfilets und rohem Fenchel serviert wird, hört sich verlockend an. Inspiration findet Tonks aus unterschiedlichsten Regionalküchen, neben modernen Einflüssen aus aller Welt findet man aber auch Klassiker wie pochierten Lachs oder Rochenflügel mit Kapern. Süßwasserfische sind kaum vertreten, dafür glänzt der Band mit Rezepten für Fische wie Makrele, Sardine, Krebs, Muscheln, Wolfsbarsch und Tintenfisch.
Durchaus Recht hat Tonks mit seinem schnell-und-einfach Ansatz: die Garzeiten liegen häufig deutlich unter der im Titel anvisierten halben Stunde – auf dem Grill reichen meist wenige Minuten –, der größte Kraftakt liegt vmtl. im Einkauf des Fisches. Unser erstes nachgekochtes Gericht war ein grandioser Seeteufel mit Nordseekrabben, der große Lust auf mehr machte. Weitere Kochexperimente schufen Freude in Serie. So soll es sein.
Schlemmertour ganz ohne Vorkenntnisse
Als Fischhändler achtet Tonks natürlich auch auf die Nachhaltigkeit der Fischerei, ebenso wie auf die Qualität der Zutaten (s. Einführung). All dies sind Themen, die den Einstieg ins Fischkochen oft genug erschweren, doch hier kann Tonks Abhilfe schaffen. Teil seiner Mission ist es, den Menschen die Angst vor dem Einkauf und der Zubereitung von Fisch zu nehmen (s. Video), und sein neuestes Kochbuch schafft es, den Leser ohne vorausgesetzte Kenntnisse auf eine lohnenswerte Schlemmertour mitzunehmen. Wer sich also bislang nicht wirklich getraut hat, oder wer auf der Suche nach neuen, aber einfachen Rezepten ist, dem sei Mitch Tonks als Wegbegleiter ans Herz gelegt.
Veröffentlicht im September 2013