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Katharina Höhnk

Kochbuch von Martina Meier & Alexander Kühn: Schoggi ★★★★

Schoggi – Schweizer Schokolade in Geschichten und Rezepten, Martina Meier (Fotos) & Alexander Kühn (Texte), AT Verlag (2021)

Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.

Charlotte Schrimpff

Von

Allein das Wort: Schoggi. Nicht Schoki, nicht Schokolade – Schoggi. Zum zärtlich-verklärten Verhältnis unserer Schweizer Nachbar:innen zu ihrer Nationalsüßigkeit muss man im Prinzip nicht viel mehr wissen. Das heißt … vielleicht doch.

Toblerone, die Täfelchen, die die Airline Swiss verteilt („Schöggeli“), das zugegebenermaßen ansehnliche Repertoire der Firma Lindt … irgendwo da endet meine Kenntnis der Schweizer Schokoladenlandschaft. Wofür ich mich zum Glück nicht schämen muss, denn A) helfen Fotografin Martina Meier und Food-Journalist Alexander Kühn schon ab Seite 10 mit einer Aufstellung bekannt-beliebter Spezialitäten weiter, und B) geht es ihnen in „Schoggi“ gar nicht so sehr um die Ragusas, Kirschstängeli und Schoggimünzen dieser Welt. Klar: deren Ikonik hat den Ruf Schweizer Schokolade wesentlich mitgeprägt. Die Musik allerdings spielt längst woanders.

Zum Weiterlesen:

Leseprobe beim Verlag

Dort, wo die Sorten Ruby heißen, Noel, Pelazeta, oder nach der Herkunft ihrer Rohstoffe. Seit etwa fünf Jahren, schreiben die Autor:innen, gewinne die aus den USA stammende „Bean-to-bar“-Bewegung auch im Land mit dem höchsten Schoggi-Pro-Kopf-Verzehr (10,4 kg pro Jahr!) an Einfluss. Es gehe dabei um die bewusste Auseinandersetzung mit der Herkunft, dem Einkauf und der Weiterverarbeitung ihres wichtigsten Rohstoffs – Kakao. Wussten Sie zum Beispiel, dass der an Bäumen wächst, die auf den botanischen Namen „Theobroma cacao“ hören, was wohl so viel wie „Speise der Götter“ bedeutet? Ich nicht, liebe solche Schmankerl aber sehr.

Kochbuch von Martina Meier & Alexander Kühn: Schoggi
Kochbuch von Martina Meier & Alexander Kühn: Schoggi

Intellektuell & sinnlich

Kühn und Meier bieten derer en masse, denn in ihrem Lese-, Bilder- und Rezeptebuch halten sich Geistes- und Gaumengenuss die Waage. Porträts von Schweizer Chocolatiers – „Alten Hasen“ wie dem Vater-Tochter-Duo Anna und René Zimmermann und ihrer Oldschool-Osterhasengießerei oder Quereinsteiger:innen wie Caroline Buechler und François-Xavier Mousin, die ursprünglich aus dem Uhrenbusiness stammen und nun unter dem Label „Orfève“ illustre Tafeln schöpfen – wechseln ab mit Anleitungen für heiße, kalte, gekochte und gebackene Schokoladen – Mousse, Eis, Brownie, Kuchen, Soufflé – bis hin zur pikanten Sauce.

Diese Grüße aus Spitzen- und Lai:innenküchen hat Foodstylistin Mira Gisler vor gedeckten, tiefen Farbflächen arrangiert und Fotografin Meier in einer aufs Wesentliche reduzierten Bildästhetik bedacht. Sich sattzusehen fällt schwer. Dabei sollte man sich unbedingt irgendwann losreißen und im Fachhandel vorstellig werden. Günstige Koch- und Blockschokolade hat in den zugehörigen Rezepten nämlich nichts verloren.

Alexander Kühn:

„Die wahrscheinlich nördlichste Kakaoplantage der Welt befindet sich allerdings in der Schweiz, genauer gesagt in der Masoala-Halle im Zoo Zürich. Und ja, wenn man es ganz genau nimmt, ist es keine Plantage, sondern nur eine kleine Gruppe von Bäumen. Nichtsdestotrotz: Es gab sogar schon Schokolade, hergestellt aus Zürcher Kakao.“

Qualität sticht

Das hat einerseits kulinarische Gründe, denn die Gerichte sind auf ihre Hauptzutat fokussiert und Qualität zahlt sich unbedingt aus. Doch auch moralisch ist beim Einkauf Hinsehen gefragt, denn „bewusst“ meint im Sinne von „bean to bar“ auch fair. An mancher Billigtafel klebt Kinderarbeit, weil Kakao aus Erdteilen stammt, in denen viele Familien nicht wissen, wie sie anders über die Runden kommen sollen. Der Anbau wird vielerorts immer noch viel zu schlecht bezahlt.

Umso aufmerksamer genießt man seine Tasse heißer Schoggi, in der pro Portion fast 40 Gramm derselben mit von Kardamom, Chili und Muskatnuss aromatisierter Milch verschmelzen. So gut! Auch die Idee, Himbeerkonfitüre mit Schokolade zu adeln und sich so morgens die Entscheidung „Schokocreme oder Marmelade“ zu sparen, gefällt mir sehr. Einzig das Titelrezept, die Schokoladencreme mit Vanille, erhielt von uns das Prädikat „nicht schokoladig genug“. Aber das ist eher ein Beleg für das Niveau, auf das man sich mit Hilfe dieses Buches pegelt.

Schoggi ist die ungefähr schönste Liebeserklärung, seit es Schokolade gibt. Andächtig und hochinteressiert nähern sich Meier und Kühn einer Zutat, die wir uns viel häufiger ähnlich achtsam auf der Zunge zergehen lassen sollten. Dieses Buch ist für alle, die Genuss am liebsten mit allen Sinnen erleben.

Veröffentlicht im Dezember 2022

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