Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.
Eigentlich ist Martin Walker eher durch seine Kriminalromane aus dem Périgord bekannt. Doch wer seine Krimis kennt, kennt auch seinen Kommissar Bruno und dessen Vorliebe für gutes Essen. Und so gibt es zu den Krimis eben auch ein Kochbuch.
Der schottische Historiker, politische Journalist und Schriftsteller Martin Walker (unten ein Foto des Autors) verbringt regelmäßig die Sommermonate mit seiner Familie im Périgord. Die historischen Ereignisse seiner Wahlheimat inspirierten ihn zu seinen Krimis mit dem sympathischen Dorfpolizisten „Bruno“ in der Hauptrolle. Mittelpunkt in den Krimis wie auch im richtigen Leben bei Martin Walker ist der Markt mit seinen Menschen, den typischen Spezialitäten und als ultimativer Treffpunkt zum Austausch von Neuigkeiten.
Es wird probiert und einkauft, Trüffel, Paté, Käse, Wein und was der eigene Garten gerade nicht zu bieten hat. Zur Entspannung geht’s dann wieder unisono beim Hauptdarsteller ‚Bruno‘ wie auch bei Walker an den Herd. Nun hat Hobbykoch Martin Walker die Rezepte aus den Krimis und weitere von Nachbarn und Freunden zusammengetragen, unterstützt durch seine Frau Julia Whatson, einer Gourmetkolumnistin.
Im Herzen des Périgords
Der Umschlag des Buches leuchtet in den Nationalfarben Frankreichs. Eine solide Bindung, bei der trotz einem Gesamtumfang von über 300 Seiten das gewünschte Rezept von allein aufgeschlagen liegen bleibt und sogar mit Lesebändchen ausgestattet ist. Da wurde wirklich mal mitgedacht, das gefällt mir.
Und was für schöne Landschaftsaufnahmen aus dem Périgord! Geschichtsträchtige Gebäude, Bilder der Markttreibenden mit prallem Obst und Gemüse bilden einen schöner Rahmen für die Rezepte. Leider wird zu den Bildern nichts verraten, was ich etwas schade finde. Teilweise gibt es auch Fotos zu den Rezepten oder es wird die Vorarbeit gezeigt, bei einem Fischgericht: der Angler!
Im Mittelpunkt – Jäger, Angler, Gemüsebauer, Käser, Winzer
Die einzelnen Kapitel folgen erfrischenderweise mal nicht dem üblichen Vor-, Haupt- und Nachspeisen-Rhythmus, sondern sind den Menschen und ihren Aufgaben gewidmet, dem Jäger, Angler, Gemüsebauer, Käser, Winzer und anderen.
Gestartet wird mit dem Amuse-Bouche, dem kleinen Vorgeschmack. Layout und Rezepte sind übersichtlich gestaltet und gut beschrieben. Auch die Zutatenliste ist meist überschaubar. Nur bei dem Rezept für die Miesmuscheln hätte ich mir noch ein paar Infos mehr gewünscht, ansonsten ist alles gut nachvollziehbar. Aus einfachsten Zutaten entstehen überraschend leckere Gerichte.
Kleine kulinarische Mythen
Die Zwiebeltarte war für mich ein solches Aha-Erlebnis. Für den Croustade-Boden nehme ich allerdings lieber Butter anstatt das empfohlene Schweineschmalz. Vielleicht gibt es da auch Unterschiede bei den Qualitäten? Ich werde das noch einmal ausprobieren. So wie die Knochensuppe – Soupe de Carcasse, die angeblich Kranke gesunden lassen soll, die von der Schulmedizin bereits aufgegeben wurden. Na klar, eine kräftige Fleischbrühe hat schon manchem wieder auf die Beine geholfen, aber eine derartige Wunderwirkung?
Handwerklich an alles gedacht
Für die Kombination der einzelnen Rezepte sind im Anschluss jahreszeitlich passende Menüvorschläge mit geeigneter Weinbegleitung zu finden. Und wer es ganz authentisch wünscht, für den sind auch noch Bezugsquellen für Spezialitäten aus dem Périgord angegeben.
Weitere Aufmerksamkeit verdienen ‚Brunos Küchennotizen‘ mit Kleinigkeiten wie Croustade Teig, Persillade, Suppe aus Kopfsalat, Verjus, oder das Rezept gegen Katzenjammer (nach einem weinseligen Abend). Grundbegriffe wie Blanchieren oder Parieren sind verständlich erklärt und dazu gibt’s Tipps z.B. für auskristallisierte und zu fest gewordene Marmelade. Auch das Register ist durchdacht, einmal alphabetisch und einmal nach Zutaten sortiert. Selbst zuletzt die Danksagung an alle, die ihn in ihre Küchengeheimnisse einweihten, ihre Rezepte preisgaben und an die Hersteller und Vermarkter der regionalen Produkte bis hin zu empfehlenswerten Restaurants, fand ich lesenswert.
Gelungene Melange
Insgesamt gibt es keine überkandidelten Rezepte, manche finde ich sogar fast zu banal für die Erwähnung in einem Kochbuch wie z.B. Fischfilet in Butter gebraten oder Jakobsmuscheln mit Petersilie. Aber von diesen kleinen Banalitäten abgesehen, ist es eine schöne Mischung aus Kleinigkeiten oder Rezepten für jeden Tag bis zu tollen Gerichten auch für Gäste. Leider sind nicht alle Rezepte bebildert. Als weiteres Appetithäppchen ist im hinteren Buchdeckel ein kleines Heftchen mit zwei kulinarischen Fällen von Walker eingelegt.
‚Brunos Kochbuch‘ ist mit seinen Rezepten und den schönen Aufnahmen eine Art ‚Amuse Gueule‘ aus dem Périgord. Die meisten Zutaten sind auch bei uns zu bekommen, außer vielleicht Trüffel. Und es gibt ausreichend Gerichte, die ganz unkompliziert und relativ schnell zubereitet sind. Auch Vegetarier kommen hier nicht zu kurz. Und wem künftig in Walkers Krimis angesichts der kulinarischen Beschreibungen das Wasser im Mund zusammenläuft, der kann nun endlich das entsprechende Rezept bei ‚Bruno‘ nachschlagen und nachkochen. Bon appétit!
Veröffentlicht im Juni 2015
Hallo Doris,
ja, die Miesmuscheln… Eben noch fest geschlossen gekauft, und eine Stunde später gehen sie auf 🙁 Ich habe mal folgenden Trick verraten bekommen: Wenn sie weit offen sind, ist es endgültig zu spät, aber wenn sie sich gerade erst öffnen, kann man sie klopfen. Wenn sie noch reagieren und sich wieder schließen, sind sie okay, und man kann sie bedenkenlos verwenden. Klappt tatsächlich.
Liebe Grüße!
Liebe Frau Kunzke,
freut mich sehr, dass Sie meine Begeisterung für das Buch teilen. Ja die Muscheln; mit ihren kleinen geöffneten Schlitzen war mir das zu heikel mit der Beurteilung, ob sie nun gut oder schlecht sind. Dieses Rezept ist vielleicht eher für Küstenbewohner geeignet oder man hat einen wirklich vertrauensvollen Fischhändler.
Herzliche Grüße nach Spanien
Doris Brandl
Liebe Frau Brandl,
Wie Sie bin ich vollauf von diesem wunderschönen Koch-Lese-Bilderbuch begeistert. Brunos Kochbuch hatte ich mir schon voriges Jahr auf der Buchmesse in Frankfurt gekauft. Was Ihre Kritik an dem Rezept für die Moules à la Périgoudine au Bergerac sec anbelangt, wie die Muscheln vorbereitet werden, steht in der Zutatenliste. Miesmuscheln kochen, bis sie sich geöffnet haben, dauert circa 8-10 Minuten. Für jemanden wie Bruno bzw. Martin Walker, der frische Muscheln praktisch vor der Haustür hat, ist das so selbstverständlich, daß er wohl nicht daran gedacht hat, daß bei dem einen oder anderen Muscheln höchst selten auf den Tisch kommen.
Gruß aus Spanien
Margit Kunzke