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Katharina Höhnk

Kochbuch von Martin Morales: Ceviche – Peruanische Küche ★★★★

Ceviche – Peruanische Küche, Martin Morales, Fotos Paul Winch-Furness, Fackelträger-Verlag (2014)

Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.

Katharina Höhnk

Von

Nicht nur roher Fisch, sondern auch Ochsenherzen, Meerschweinchen und Tigermilch stehen hier auf der Speisekarte. Eine Rezension zum Thema Länderküchen-Kochbücher mit authentischen Zutaten und ihren Hürden im Gefolge.

Martin Morales stammt aus Peru und lebt seit seiner Kindheit in England. Zwei Leidenschaften pochen in seinem Herzen: Kochen und Musik. Und beides lebt er: In Londons Soho empfängt er in seinem Restaurant Ceviche Gäste. Außerdem gründete er das Plattenlabel Tiger‘s Milk Records, das Vintage-Tracks peruanischer Musik der 60er und 70er neu herausgibt.

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Tigermilch heißt auch die Zitrusmarinade, die den Zauber von Ceviche ausmacht. Verfeinert wird sie mit Chili, Salz und ggf. Kräutern. Das Gericht gilt als peruanisches Nationalgericht, ist in ganz Südamerika beheimatet und fasst nun darüber hinaus Fuß als Trend. In Martin Morales Restaurant und auf dem Kochbuchcover ist Ceviche DAS Aushängeschild. Tatsächlich bieten beide mehr – die Vielfalt seines Geburtslandes.

Das beginnt beim Streetfood, setzt sich fort bei Fleisch und vegetarischen Gerichten, spätestens bei den Desserts ist der rohe Fisch vergessen. Erst bei den Drinks gibt es wieder Gemeinsamkeiten.

Besonders gefällt mir, dass Morales um seine Rezepte die Geschichte Perus, kulinarische Details und eigene Eindrücke rankt, aber nicht mehr. Das bettet ein und erklärt. So sonderbar zunächst asiatische Einflüsse erscheinen wie in Form des Ceviche-Rezepts Sakura Maru, so logisch werden sie, wenn man erfährt, dass Peru die fünftgrößte japanische Gemeinde außerhalb Japans besitzt. Auch Kreativität aus Afrika blitzt auf. Das Ochsenherzen-Rezept ist ein Mitbringsel der afroperuanischen Einwanderer und wird öfters als Rumpsteak verwendet, weil es am Spieß gebraten zart wird. Ich hoffe, Grill-Fans haben mitgelesen.

Der Küchen-Aspekt der Rezepte fällt unterschiedlich aus: aufwendig sowie mehrschrittig und vielversprechend. Oder simpel und zwar so sehr, dass ich das gewisse Etwas vermisste wie z.B. beim Huancaina Macaroni, einem Makkaroni-Cheddarkäse-Auflauf verfeinert mit etwas Schärfe. Ebenso bei dem von mir probierten Pollo Saltado, ein Wok-Gericht mit Huhn, Paprika, Tomaten und Koriander, das als schnelles Pfannengericht alle erfreute, aber schon jetzt keine Erinnerung mehr hervorruft. Hausmannskost, die wahrscheinlich einen Platz in Morales Biografie hat.

kochbuch-morales-ceviche-insideDie aufwendigen Naturen unter den Rezepten machten viel Arbeit – die Zutatenliste so lang wie der Rezepttext und dann noch Verweisrezepte, aber sie entlockten manchen Seufzer. Das galt besonders bei dem Knaller Causa Santa Rosa, ein Türmchen aus mit Koriander gewürztem Kartoffelbrei, Avocado, Rote Bete und weiteren Feinheiten. Großartige Restaurantküche und an Festtagen für zuhause. Ich schwärme jetzt noch.

Beim dritten Typus Gerichte blieb bei mir der Weg ins kulinarische Herz versperrt. Es lag an den Zutaten. In Berlin kann man ja in Sachen Länderküchen & Zutaten aus dem Vollen schöpfen, sagt man so, aber das stimmt nicht. Lateinamerika ist neben Asia & Orient unterrepräsentiert. Choclo, eine besondere Maissorte, Chirimoya (Butterapfel) und die Welt der Chilis waren unerreichbar. Nur bei den Meerschweinchen hatte ich eine Idee, aber kulturelle Hemmungen. Ohne die Originalzutaten entdeckte mein Gaumen wiederum beim Rezeptlesen den Clou nicht, auch wenn Ersatz angegeben war z.B. beim Quesa Fresco, er ähnelt Feta, ist aber weniger salzig. Die alte Geschichte zwischen authentischer Küche und Machbarkeit.

Die Ceviche-Rezepte gefielen mir gut, aber Knaller – bis auf ein Rezept – suchte ich vergeblich. Ob uns der Autor vielleicht nicht alles erzählt? Neue Einsichten allerdings gab es, das muss gesagt sein. Die subtile Schärfe der Marinade durch gegarte Chili ist ein Kniff, den ich nicht missen möchte. Aber Morales Ceviche-Marinade selbst – genannt Tigermilch – ist aus meiner Sicht 1:1 nicht empfehlenswert. Das könnte an den hiesigen Limetten liegen, die nur marginal Aroma transportieren und vor allem eines sind – sauer. Auch die Rezeptanzahl könnte manchen enttäuschen bei dem Titel. Wer wirklich in das Ceviche-Thema abtauchen möchte, dem empfehle ich The Great Ceviche Book von Douglas Rodriguez. Von dem Autor habe ich gelernt, die Marinade aus Orange, Zitrone, Limette im Verhältnis 1:1:1 zuzubereiten. Viel besser.

Ceviche ist ein Buch über die peruanische Küche mit biografisch-kulinarischen Zügen des Autors. Hier treffen Homecooking und Restaurantküche aufeinander, wobei letztere die aufregendere ist, aber Zeit benötigt. Die Präsentation der Ceviche-Rezepte ist interessant, eröffnet manch neue Einsicht, hätte als Aushängeschild des Kochbuchs umfangreicher ausfallen können. Morales Kochbuch wirkt insgesamt authentisch wegen vieler Originalzutaten, die aber nur nicht an der nächsten Ecke hierzulande zu kaufen sind. Es gibt also viel zu lesen und manches zu kochen. Das alte Lied. Ein Türöffner für die peruanische Küche auf jeden Fall.

Veröffentlicht im August 2014

6 Kommentare

  1. Luz Marina Cuntz

    Das ist ein tolles Buch. Die Videos von Martin Morales kenne ich seit ein paar Jahren. Mir gefällt sehr mit welcher Leidenschaft er über die peruanische erzählt. . Ich bin auch Peruanerin aus Miraflores und kann nur bestätigen, dass seine Rezepte original sind. Für uns Peruaner ist Kochen und teilen eine Lebensphilosophie, worauf wir stolz sind.

  2. Dorothea

    Danke für diese erhellende Rezension – ich muss gestehen, dass ich seit Erscheinen versucht bin, das Buch *allein wegen seines Covers* zu kaufen. Das finde ich einfach genial! Und beim nächsten Berlin-Besuch kaufe ich Chilis auf Vorrat – danke, Claudia, für den Tipp.

    • Katharina

      Stimmt! Es war auch leicht identifizierbar, wenn man darüber gesprochen hat: Das Buch mit den Kacheln? .-)

  3. Claudia

    Ich liebe dieses Buch, aber deinen Hinweis mit den exotischen Zutaten kann ich nachvollziehen. Für Choclo kann man sich gut bei mexikanischen Gourmetversendern behelfen und was die Chili angeht, so hast Du den Berlin Vorteil. In den S-Bahnbögen nähe des Alex gibt es ein Chiligeschäft, wo man Amarillo Chili etc finden kann.
    Es lebe die Ceviche!
    LG, Claudia

    • Katharina

      Juhu, danke für den super Tipp – auch noch auf meinem Arbeitsweg. Und yeah, es lebe Ceviche!
      (Du bist jetzt Expertin!)

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