Zwei Sterne: Begeisterung sieht anders aus.
Ich mag Italien. Und ich mag Kochbücher einer bestimmten Region, da sie mehr Authentizität versprechen als ganz Italien in einen Suppentopf zu werfen. Luisa kocht – Meine neapolitanische Küche klang also vielversprechend. Warum konnte Luisa dennoch nicht mein Herz erwärmen? Warum griff ich jedes Mal lieber zu meinem zweiten Rezensionswerk, um darin zu blättern und Inspiration zu holen (und zu finden)?
Um es gleich vorneweg zu schreiben: doch, alle nachgekochten Gerichte sind gelungen, waren schmackhaft, keine Fehler. Aber irgendwie wollte der Funke nicht so recht überspringen. Die Food-Fotos wirken etwas bieder, kühl, ich möchte fast sagen blutleer. Auch die Rezepte sind eher simpel gehalten, mir fehlt der rechte Pfiff, der Tick, der aus okay wow werden lässt. Vielleicht soll das Buch die Hemmschwelle, sich mit Pizza und Pasta selbst zu beschäftigen, senken, mehr ein Einsteigerwerk sein, denn Luisa Giannitti gibt in Berlin, ihrer zweiten Heimat, auch Kochkurse.
Im Mittelpunkt: Luisa
Überhaupt dreht sich das Buch vor allem um die Person Luisa. Betont persönlich schreibt sie über ihre Erfahrungen mit den Gerichten, ihre Familie, ihre Einkaufsquellen in Berlin und Neapel, das ist durchaus noch ganz nett. Viele Fotos zeigen die Köchin beim Einkaufen, mit Salatkopf oder Kürbis, am Strand, mit Papa, im Gespräch mit Freunden, Veranstaltern oder Sponsoren. Das ist dann schon ein wenig zu viel des Guten. Völlig daneben fand ich jedoch das Nennen von Bezugsquellen mit dem Zusatz „Luisa und xy haben mit gutem xy Olivenöl viel Spaß“.
Aber zurück in die Küche, zurück zu den Gerichten. War nicht ganz einfach, mich in Luisas Welt zu locken, denn auch das Foto der Mascarponecreme mit Espresso ist nicht wirklich überzeugend. Eher die selbstgemachte Nussnugat-Creme, die die ansonsten schlichte Nachspeise veredelt, hat auf mich Eindruck gemacht. Die leckere Creme ist wirklich eine gelungene Abwechslung – köstlich als Brotaufstrich, als Gebäckfüllung oder wie hier im Mascarpone-Espresso-Dessert.
Struktur – eher frei interpretiert
Die Zuordnung der Rezepte zu den vier Kapiteln von Klassisch, Neapolitanisch (ist nicht das ganze Buch 100% Neapel laut Titel?), Zeitgemäß und Gesellig, konnte ich nicht recht nachvollziehen, was ja nicht weiter schlimm ist. Unglücklicher fand ich jedoch, dass man auch in den Kapiteln von Suppe zu Pasta springt, dazwischen eine Vorspeisencreme, dann Gebäck, wieder Pasta nochmal Gebäck. Ist das italienische Lebensart oder einfach nur konfus, frage ich mich. Das Rezeptregister am Ende des Buches gibt ein wenig mehr Klarheit, hier werden die 50 Rezepte nach Antipasti, Primi Piatti, Contorni und Dolci aufgelistet. Warum die (wenigen) Fleischgerichte nicht als Secondi geführt werden, hinterfrage ich schon gar nicht mehr.
Jedes Gericht bekommt eine eigene Seite und Foto, einzelne Arbeitsschritte werden bei komplexeren Zubereitungen ebenso abgebildet. Insgesamt ist das klare Layout sehr lesefreundlich, werden Zubereitungszeit und benötigte Utensilien genannt – auch das wird Kochnovizen freuen und die Arbeit erleichtern. Für die meisten Gerichte hält sich der Aufwand erfreulich in Grenzen und die meisten Zutaten sind zumindest hier in München problemlos zu kaufen.
Die selbstgemachten Grissini, die wir als nächstes ausprobierten, waren den Aufwand durchaus wert! Ganz frisch aus dem Ofen waren sie der Hit zu unserer italienischen Wurst- und Schinkenplatte. Der neapolitanische Reis mit Wirsing dagegen war einfach nur fad, langweilig, breiig. Man könnte übrigens fast schreien wie Luisa auf dem Foto, als ihr die Schüssel auf den Boden fiel – nur wahrscheinlich aus einem anderen Grund. So schwanke ich von „ja, schon gut“ (Ravioli) zu „ist ok“ (explodierter Brokkoli – kein Witz, heißt so!)
Über die eigenwillige Leserführung und die permanente Anwesenheit der Autorin per Bild – darüber hätte ich gelassen hinweg geschaut, wenn meine Küchenerlebnisse top gewesen wären. Aber mitnichten. Bedauerlich. Peccato, Luisa, schade.
Veröffentlicht im Mai 2016