Fünf Sterne: Valentinas Liebling – zum Schwärmen gut.
„Ein Mal Afrika, immer Afrika“, raunt mein Mann immer sehnsüchtig, wenn er mir von seinen früheren Afrika-Urlauben vorschwärmt. Ich konnte dabei nie mitreden, mir aber durchaus vorstellen, dass dieser Kontinent nachhaltig zu beeindrucken vermag. Mit „Afrika – Das Kochbuch“ möchte ich wenigstens eine kulinarische Annäherung wagen. Und nach dem Testkochen kann ich der Faszination für Afrika, wenigstens aus kulinarischer Sicht, nur beipflichten.

„Eine kulinarische Reise durch den Kontinent“, so lautet der Untertitel des Kochbuchs von Anto Cocagne (Le Chef Anto, Foto links) und Aline Princet. Bei insgesamt 55 Ländern sowie großen klimatischen und gastronomischen Unterschieden eine Herausforderung. Die zwei Autorinnen konzentrieren sich auf die Speisen südlich der Saharawüste, denn diese seien international noch überwiegend unentdeckt.
Afrikanische Küche südlich der Sahara
Die afrikanische Kulinarik einem breiten Publikum zugänglich zu machen, ist seit Jahren eine Herzensangelegenheit von Cocagne. Aufgewachsen ist sie in Gabun, an der Atlantikküste Zentralafrikas. Sie schloss eine zweijährige Kochausbildung in Frankreich ab und besuchte im Anschluss die renommierte Berufsschule Grégoire-Ferrandi in Paris. Sie kochte als Sous-Chefin in einem Hilton-Hotel in South Carolina und zurück in Frankreich bei Kunden zu Hause. Als Sprachrohr für die afrikanische Küche war sie für die Zeitschrift Afro Cooking und Canal+ tätig.
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Leseprobe beim Verlag
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Website & Instagram von Anto Cocagne
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Diese Kocherfahrungen kommen dem Buch mehr als zugute. Denn auch wenn die Food-Fotografin Aline Princet für die Entstehung des Kochbuchs zuständig war, es ist Le Chef Anto, die für die Rezepte verpflichtet wurde und äußerst behutsam, aber bestimmt durch den Kochprozess führt. Ihr sei es dabei wichtig, keine einzelnen Länder zu repräsentieren, denn die Grenzen innerhalb Afrikas seien nicht von Afrikanern definiert, sondern aufgezwungen worden.
Überhaupt vermittelt das Buch ganz nebenbei auch kulturelle sowie gesellschaftliche Themen. Die Autorinnen haben für ihr Buch Journalisten, Schriftsteller und Künstler mit afrikanischer Herkunft eingeladen und zu ihren Küchengeheimnissen befragt. Das liest sich sehr kurzweilig.
Die Vielfalt des Kontinents spiegelt sich auch in den 70 Rezepten wieder, strukturiert in Vorspeisen, Hauptgerichte, Streetfood, Getränke, Beilagen und Desserts. Die Gerichte setzen in der Regel afrikanische Gewürze und Nahrungsmittel voraus (z. B. Maniok, Soumbala, Djansang). Durch die Lektüre merke ich, Le Chef Anto möchte nicht überfordern, aber auch authentisch bleiben. Die erste Station meiner kulinarischen Reise bildet daher ein Afro-Shop in meiner norddeutschen Heimatstadt. Fast wäre die Reise dort auch schon beendet gewesen.
Rätselhaftes Soumbala
Denn die Suche nach DEM Gewürz der westafrikanischen Küche, Soumbala, läuft zunächst ins Leere. Internet-Shops durchforste ich. In den Regalen des Afro-Shop finde ich auch nichts dergleichen unter dieser Bezeichnung. Der Ladenbesitzer vermutet angesichts meines leeren Einkaufskorbs sogar, ich hätte mich in der Tür geirrt und wolle eigentlich in den Asia-Laden nebenan. Als ich jedoch erkläre, dass die Zutat aus meinem afrikanischen Kochbuch stammt, ist plötzlich nicht nur das Eis gebrochen, auch das Rätsel um Soumbala löst sich auf. Es dämmert ihm: In Mali nenne man das Gewürz Soumbala, erinnert er sich. Im Senegal heißt es Nététou, in Nigeria oder Ghana wiederum Dadawa, klärt auch Cocagne in ihrem Buch auf. Und dass ich letztlich ein Tütchen ohne Etikett in die Hand gedrückt bekomme, finde ich irgendwie amüsant und bezeichnend.
Durch mein Interesse für die afrikanische Küche motiviert, zeigt er mir weitere Spezialitäten wie Yamswurzel, unraffiniertes Palmöl, Baobab-Pulver oder Bissap (Hibiskusblüten). Ganz beseelt von dem Erlebnis jenseits des Alltags stapfe ich mit vollen Tüten nach Hause. Nun gilt es, von der Theorie in die Praxis zu wechseln.
Detaillierte Anweisungen und umfassende Übersicht
Und auch bei der Zubereitung ist man mir wohlgesonnen. Cocagne leitet mich Schritt für Schritt. Beim Chakalaka, einem Relish, wird mir vom Einweichen der Hülsenfrüchte über die Zubereitung bis hin zum Hinweis, dass die Speise sowohl warm als auch kalt gegessen werden könne, alles genauestens erklärt.
Cocagne schraubt die Fallhöhe auf „nicht existent“. Die Angaben zum Schwierigkeitsgrad, zur Zubereitungs- und Kochzeit und sogar zu den Kosten ersparen mir jegliche Enttäuschung. Die von mir nachgekochten Gerichte fielen übrigens mengenmäßig recht großzügig aus, auch das freut mich.
Aline Princet:
„Das vorliegende Buch möchte vor allem eine Hommage an all jene Afrikaner darstellen, die den Genuss lieben, und ein winziges Stück dieses bunt gemischten, positiven und hedonistischen Afrikas zeigen.“
Die senegalesischen Gewürzpasten aus Gemüse, Chili und Kräutern bilden die Basis vieler Gerichte in diesem Buch. Genannt werden sie Nokoss. Besonders Chili-Fans kommen bei ihnen auf ihre Kosten. Von ihnen sollte man immer mehr machen, mein Tipp. Die Scharfmacher werden gerne in der afrikanischen Küche eingesetzt, beispielsweise im Kachumbari-Salat. Was mir auch auffällt: Geflügel wird in der Regel mit Knochen zubereitet, wie bei Riz gras. Beides schmeckt uns ausgezeichnet und wird es sicherlich mal wieder geben.
Nur beim Rindergeschnetzelten mit Spinatsauce, welches sich an dem Gericht Égousi orientiert, scheiden sich die Geschmäcker. Das Gericht fand ich am spannendsten zuzubereiten und zu kosten. Zwar habe ich keine Probleme gehabt „afrikanische Pistazien“ aufzuspüren. Es sind nämlich nur geschälte Kürbiskerne. Aber die Mischung aus rotem Nokoss und Palmöl ist – wow – recht geruchsintensiv. Ähnlich wie bei Fischsoße oder strengem Käse, kann der Geruch abschrecken. Das ist jedoch, genauso wie beim Geschmack, persönliche Wahrnehmung. Denn mein neugieriger Mann, der beim Kochen plötzlich in die Küche lugt, fragt doch tatsächlich: „Was duftet denn hier so?“ Und während ich später nach einem halben Teller schon kapituliere, verputzt er den Inhalt des gesamten Topfs in einem Rutsch.
„Afrika – Das Kochbuch“ stellt die Küchen südlich der Sahara vor. Die Rezepte setzen afrikanische Gewürze und Zutaten, jedoch keine tiefgehenden Kochkenntnisse voraus. Le Chef Anto führt einen behutsam durch den Kochprozess. Auch wenn uns alles überwiegend geschmeckt hat, ein wenig fremdeln kann man mit dem einen oder anderen Gericht. Das Kochbuch fasziniert jedoch in erster Linie als kulinarisches Abenteuer – gerade weil es konsequent und selbstbewusst daherkommt.
Veröffentlicht im Juni 2022