Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.
Vielleicht diskreditiert es mich ja in Augen mancher Leserin, dass ich unumwunden zugebe, diese Zeilen nach dem durchaus zufriedenen Genuss einer Scheibe Schweinebraten geschrieben zu haben. Dabei bin ich absolut im Trend, denn wirklich reine Veganer:innen sind immer noch eine kleine Minderheit im einstelligen Prozentbereich. Wesentlich häufiger gibt es Flexitarier:innen wie mich, die ihren Fleischkonsum reduziert haben oder dieses vorhaben. Und die nun neugierig sind, was der Veganismus so zu bieten hat.
Auf dem Weg dorthin waren mir bisher die Bücher von Katharina Seiser eine große Hilfe, die zeigen, wie viele Speisen ohnehin vegan sind, ohne dass das groß auffällt und thematisiert wird. Außerhalb Europas und der westlichen Welt wird oft ohnehin häufiger vegetarisch und vegan gespeist, als man das etwa nach dem Besuch eines indischen oder chinesischen Restaurants vermuten mag. Auch hier gibt es inzwischen etliche Kochbücher, die interessierten Hobbyköch:innen wie mir reichlich Anregungen vermitteln.

Aber neben allerlei traditionellen fleischlosen Gerichten sorgt auch eine junge, oft kompromisslos vegane Küche immer mehr für Furore. Entsprechende Cafés und Restaurants schießen wie Pilze aus dem Boden und auch Kochbücher erscheinen in großer Zahl.
„Sowohl erdverbunden als auch elegant“
Eines davon hat die viel beachtete junge Bloggerin Laura Wright (Foto links) geschrieben, die in Kanada in der Niagara-Region lebt. In ihrer Vita findet sich nicht nur das Studium der Umweltethik, sondern auch ihr Blog „The First Mess“ und ihre Erfahrungen auf den Feldern und im Hofladen ihres Vaters, was sie schon früh prägte.
Über 100 vegane Rezepte hat sie in ihrem Buch zusammengestellt, „die sowohl erdverbunden als auch elegant“ sein sollen. Doch zunächst öffnet sie ihren gut gefüllten Vorratsschrank, der für mich einige Entdeckungen bereithält, etwa Kokosöl, Cashewbutter, Ahornblütenzucker, allerlei Ei-Ersatz und Hefeflocken. Wer Wert legt auf irgendwelche Einschränkungen, kann sich bei den Rezepten orientieren an verschiedenen Symbolen: ohne Gluten, ohne Öl, ohne Rohrzucker, ohne Zucker, ohne Nüsse.
Laura Wright:
„Ehrerbietung vor etwas Köstlichem, das aus der Erde kommt, Schlichtheit im Stil, saisonales Essen und die klare Verbindung zwischen gutem Essen und gutem Leben.“
Die Einteilung der Rezepte folgt klassischen Mustern: „Morgens und zum Frühstück, Suppen und Eintöpfe, Salate und Dressings, herzhafte Hauptgerichte und üppige Mahlzeiten, Gemüse und Getreide, belebende Getränke und kleine Snacks, Desserts und kleine Köstlichkeiten“.
Große Auswahl an herzhaften Hauptgerichten und schnell gemixten Saucen
Da Suppen und Salate nicht so mein Ding sind und mein Bedarf an „belebenden Getränken“ mit Kaffee komplett abgedeckt ist, bin ich wenig überraschend vor allem bei den Kapiteln „Herzhafte Hauptgerichte“ und „Gemüse und Getreide“ hängengeblieben. Überbackenes und dazu schmackhafte Saucen – damit bin ich leicht zu ködern. Hier bietet das Buch eine schöne Auswahl und reichlich Anregungen für eigene Ideen.

Viele Cremes und Saucen sind schnell zusammengemixt. Meist reicht es, nur ein oder zwei Zutaten auszutauschen und schon hat man etwas Neues kreiert. Ingwer, Ahornsirup, Cashew- oder eine andere Nussbutter, Balsamico, Tahin, Miso – Laura Wright hat mit ihren Beispielen einiges in Bewegung gesetzt in meinem Küchenalltag. Gerne hätte ich auch ihren Veggieburger nachgebaut; er war mir dann leider doch etwas zu aufwendig. Ansonsten sind ihre Rezepte meist unkompliziert und ohne größeren Aufwand zu realisieren.
Viele winterliche Gerichte, aber eigentlich nichts Wildes
Wenig hilfreich finde ich die Idee des Verlags, das Adjektiv „wild“ in den Titel der deutschen Ausgabe zu schmuggeln. Das mag bei einer in Kanada lebenden Autorin naheliegen, führt aber all jene Leser:innen, die Rezepte mit Flechten, Moosen und Wildkräutern suchen, gewaltig in die Irre, sind doch die Zutaten in jedem größeren Biomarkt zu bekommen.
Betrachtet man die Rezepte, die eindeutig saisonal zuzuordnen sind, überwiegen winterliche Gerichte. Ein wenig überrascht war ich, dass ich nur selten mit Rezeptideen konfrontiert wurde, die ich eher mit einem jungen, trendigen Ernährungsstil assoziiere. Vielleicht sind die Unterschiede dann doch nicht so groß. Oder es macht sich bemerkbar, dass das Buch im Original bereits 2017 erschienen ist. Auch wenn das erst wenige Jahre her ist, hat sich doch in Sachen veganer Zutaten und Zubereitungsideen einiges getan.
Gefallen hat mir fast immer das Arrangement der Gerichte, das, was Laura Wright wohl mit „elegant“ meint. Weniger jedoch manche Fotos, die zu sehr heranzoomen und so eben diese Eleganz vermissen lassen.
Insgesamt hat mir Laura Wright in ihrem Buch viele Anregungen vermittelt. Mein Repertoire an veganen Speisen ist definitiv gewachsen. Der nächste Schweinebraten kann warten.
Veröffentlicht im Februar 2023