Drei Sterne: Hat Stärken, aber überzeugt nicht ganz.
„Die Toskana ist eine Region der Seele. Man kann sie nicht einfach auf ihre geographischen Koordinaten reduzieren. Die Toskana muss man fühlen, entdecken und verstehen“, beschreibt Sänger Andrea Bocelli seine italienischen Heimat. Das gleichnamige Buch kommt diesem sinnlichen Erlebnis mit seinen authentischen Rezepten und Aufnahmen sehr nah.
Giancarlo Caldesi verließ Italien in jungen Jahren gen England, um sich vor 20 Jahren dort auf die toskanische Küche zu spezialisieren. Gemeinsam mit seiner Frau Katie leitet er in London eine italienische Kochschule, das Caffè Caldesi, und im nahegelegenen Bay das Caldesi in Campagna. Mit Toskana veröffentlicht das Paar sein mittlerweile zehntes Kochbuch.
Die Prägung der Buchhülle in schwarz-weißen Linien mit sattem Sonnengelb ist für mich das schönste wie ungewöhnlichste Cover, das ich dieses Jahr in den Händen gehalten habe. Und zahlt sympathischerweise nicht auf das immer gleiche italienische Kochbuchmotiv à la Pasta-Stilleben oder Amalfiküste ein. Im Buch teilen sich schöne Bilder der Gerichte und Fotos von Menschen, Orten und Natur die Seiten. Jedes Kapitel greift als Aufmacher die reduzierte, grafische Optik des Covers auf.
Von Geschichten und Gerichten
Nach der Einleitung verraten die Caldesis (Foto links) zunächst toskanische Küchengeheimnisse zu Brühen, Saucen sowie praktische Tipps von Tanten und Freunden, etwa wie man Backpapier perfekt für eine Kuchenform zuschneidet. Darauf folgen Kapitel zu Frühstück, Mittagessen, Aperitivo, Hauptgerichte mit Pasta, Gnocchi, Secondi, gefolgt von Beilagen und den beliebten Dolci. Wobei für jeden Monat im Jahr ein Dessert präsentiert wird.
Vor dem jeweiligen Rezeptteil erläutert das Paar noch das klassische Prozedere wie das des typischen Frühstücks in der Stadt („Caffè e cornetto!“) und auf dem Land (mit Eiern und Pflaumenmus). Ergänzt durch Illustrationen – etwa zur italienischen Kaffeevielfalt –, die ganz nebenbei noch Besserwisser-Wissen vermitteln, wie zum Beispiel: „Jedes Jahr werden in Italien 14 Milliarden Tassen Espresso konsumiert.“
Aber kommen wir zum elementaren Teil der 272 Seiten: die Rezepte. Ihre Bandbreite reicht von Basics wie der hausgemachten Tomatensauce (die man direkt aufsetzen kann, weil sie gefühlt an jedes zweite Gericht kommt), Florentinersteak und Pannacotta zu deutlich unbekannteren Variationen wie Kichererbsen-Rosmarin-Kuchen, Emmersalat oder Windbeuteln mit Hühnerleber, Sahne und Zitrone. Dieser Mix ist wirklich gelungen. Was die Zubereitungszeiten angeht, finden sich im Buch sowohl echte Quickies (vornehmlich in der Lunchkategorie) als auch zeitintensive Hingucker wie Gemüseflans mit Pecorinosauce.
Glutenfreie Rezepte ziehen sich durch
Über eine Sache freuen sich einige Leser sicherlich besonders: Diverse Rezepte sind entweder direkt oder werden in einer Rezeptvariante glutenfrei. Autor Giancarlo Caldesi selbst leidet seit 2014 unter Glutenunverträglichkeit, sodass Toskana immer wieder darauf Rücksicht nimmt. So verzichtet ein Rezept dank Buchweizenmehl auf Gluten, und der Schokoladenkuchen mit Haselnüssen kommt gänzlich ohne Mehl aus.
Toll finde ich außerdem die Produkt- bzw. Markenempfehlungen, die die Autoren immer wieder streuen. Beispielsweise beim Kochen trockener Pasta: „Wir kaufen vorzugsweise italienische Marken wie Barilla und De Cecco.“ Oder für Risotto „bevorzuge ich Carnaroli-Reis, weil er weniger saugfähig ist als Arborio. Dadurch wird der Risotto nicht klebrig.“ Bei einer schnellen Pasta greift ein Rezept sogar auf ausgelöste Venusmuscheln aus dem Glas zurück, sodass nach nur zehn Minuten das fertige Essen auf dem Tisch steht. So viel Pragmatismus gefällt mir.
Insgesamt sind mir die weniger aufwendigen Speisen gelungen und fanden Anklang. Schlechter haben die Sachen abgeschnitten, die ich in Etappen zubereiten musste. Etwa die gefüllten Spinat-Crespelle, für die ich zunächst Buchweizenpfannkuchen gebacken habe (+ 30 Minuten Ruhezeit) und eine Tomaten- sowie Béchamelsauce gekocht. Das dann noch gefüllte, geschichtete und überbackene Ergebnis hat enttäuscht, weil latschig und ohne Biss. Auch der Pilzbraten war im Ergebnis kein Braten, sondern eine leicht schleimige, weiche Masse. Schade um die Champignons – und die Zeit.
Ungünstig finde ich auch, weil ich sie bis zum Schreiben dieser Rezension schlicht übersehen habe, die kleine Textbox drei Seiten vor dem Inhaltsverzeichnis. Sie erläutert u. a., dass alle genannten Backofentemperaturen für Umluft-Öfen angegeben sind. Der Kuchen wurde zwar auch so was. Den Hinweis hätte ich mir trotzdem beim jeweiligen Rezept gewünscht.
Mit seiner ungewöhnlichen Aufmachung außen und dem menschelnden, heimeligen Inneren könnte man in Toskana erst einmal ein hochwertiges Bilderbuch sehen. Betrachtet man die Rezepte genauer, freut sich der Leser über die regionale Bandbreite aus Altbekanntem und Neuem. Dieses Versprechen lösen die beiden Autoren ein. Der Waren-/Zeiteinsatz lohnt sich gemessen am Ergebnis allerdings nicht bei jedem Gericht.
Veröffentlicht im April 2019
Oh! Nur 3 Sterne…
Ich habe das Buch seit kurzer Zeit und finde es toll. Schon das edle Cover, die schönen Fotos von der Gegend und den Gerichten gefallen mir sehr gut.
Bisher habe ich vor allem Hauptgerichte und verschiedene Beilagen ausprobiert. Es ist alles gut gelungen und von den Essern sehr gelobt worden. (z.B. Hähnchen-Pfanne mit Salbei und Zwiebeln, Schweinefilet mit toskanischer Würzmischung, Rindfleischentopf mit Steinpilzen und Chianti etc.)
Schöne Grüße aus München
Ulrike