Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.
Meine Kinder sind erstaunlich abenteuerlustige Esser, Blumenkohl lehnen sie allerdings kategorisch ab. Bei der Wahl des Kochbuchs schließe ich mit mir selbst eine Wette ab: Essen die Kinder zwei der nachgekochten Gerichte gerne, gewinnt das Kochbuch. Wird Kathy Kordalis schaffen, was ich bisher nicht erreichen konnte?
Kochbücher, die sich akribisch einem kleinen Thema widmen, haben eine Faszination und werfen Fragen auf. Zum Beispiel: Wie viele Blumenkohlköpfe sind wohl von Kathy Kordalis in Vorbereitung dieses Werks verkocht worden? Wer die – größtenteils nur auf Englisch erschienenen – Titel der bisher von ihr veröffentlichten Bücher studiert, erkennt einen gewissen Hang zu monothematischen Kochbüchern. So hat sie sich bereits eingehend mit dem Thema „Rohschokolade“ und einem meiner englischen Lieblingsgerichte, dem „Roast“, beschäftigt.
Ihre Ausbildung hat Kathy Kordalis (Foto links), Australierin mit griechischen Wurzeln, an der Leith’s School of Food and Wine absolviert bevor sie Managerin der Londoner Divertimenti Cookery School wurde. Derzeit absolviert sie ein Masterstudium in Anthropologie des Essens – Kochen mit all seinen kulturellen Aspekten ist ihre Leidenschaft.
Blumenkohl – der kohlenhydratarme Verwandlungskünstler
Das Cover des Buchs mit dem tieflila- und orangefarbenen Blumenkohlköpfen ist sehr ansprechend, auch bei den jeweiligen Rezeptfotos wird der Kohl von Foodfotograf Mowie Kay gekonnt in Szene gesetzt und zum Hauptdarsteller erhoben. Der inhaltliche „Aufhänger“ des Buchs hingegen ist mir persönlich etwas zu trendig. So wird der Blumenkohl ständig als Verwandlungskünstler, der anstelle nahrhafter Kohlenhydrate verwendet werden kann, und als „Superfood“, das voll von Omega-3-Fettsäuren strotzt, verkauft. Genügt es nicht mehr, einfach Gemüse zu sein?
Eingeteilt wird das Buch nicht nach Speiseabfolgen, sondern nach Themengebieten wie „Leichtes“, „Frisches“, „Wohliges“ und ähnlichen Begriffen, unter denen ich mir nicht immer viel vorstellen kann. Die Rezeptsammlung ist eine bunte Mischung von Altbekanntem (wie Blumenkohlcremesuppe), Zeitgenössischem (Blumenkohlburger oder -pizza) sowie absoluten Neuentdeckungen (Blumenkohl-Gnocchi). Auch ist das Buch ein spannender Streifzug durch alle Kontinente, von griechischen Blumenkohl-Tomaten-Bällchen bis Blumenkohl-Tacos. Es ist wohl für jeden bekennenden Blumenkohlfan was dabei.
Von Blumenkohlpizza bis Blumenkohl-Baba-Ghanoush
Um meinen Kindern den Blumenkohl schmackhaft zu machen, starte ich mit einem Gericht, bei dem man (fast) nie falsch liegen kann: Pizza …. Wäre da nicht das Wörtchen Blumenkohl dabei. Leider kein Erfolg. Ehrlich gesagt, auch mich kann hier der Blumenkohl als Pizzateig nicht überzeugen, es fehlt der knusprige Rand, und richtig dünn ist der Pizzaboden natürlich auch nicht. Die Blumenkohl-Gnocchi mit Spargel und Erbsen hingegen sind eine Wucht: Viel fluffiger als die Kartoffelversion mit einer dezenten Blumenkohlnote sind sie im Nu verschwunden. Kalorienarm sind sie allerdings dank reichlich Parmesan und Ricotta nicht.
Auch der Blumenkohl-Briam, ein griechischer Gemüseeintopf, überzeugt die Erwachsenen. Die Kombination aus Süßkartoffel, Aubergine und Blumenkohl ist geschmacklich sehr ausgewogen und dank Tomaten bleibt es gut saftig. Ein perfektes Sommergericht! Bei Baba Ghanoush hingegen sind wir uns einig, dass es ohne Blumenkohl besser schmeckt, auch wenn der Granatapfel-Zwiebel-Salat sehr raffiniert ist.
Die Rezepte zeigen, wie oft Blumenkohl eigentlich als Beilage unterschätzt wird und dass er durchaus einen Platz als Hauptdarsteller verdient. Gekonnt findet die Autorin immer wieder komplett unterschiedliche Zubereitungsarten und somit eine neue Rolle. Wer dieses Gemüse liebt, bekommt in dem monothematischen Werk garantiert neue Inspiration, wenn man auch ehrlich zugeben muss, dass nicht jedes Gericht durch die Zugabe von Blumenkohl automatisch besser wird.
Kochbuchautorin Kathy Kordalis:
„Der genügsame Blumenkohl ist überall auf der Welt das ganze Jahr über erhältlich. Sorgfältig zubereitet, hat der Blumenkohl alles, um zum kulinarischen Star aufzusteigen.“
„Blumenkohl – Kochen mit Köpfchen“ ist ein Kochbuch, das ich sicher öfter zu Rate ziehen werde, wenn ich originelle Zubereitungsarten für Blumenkohl von spanisch bis japanisch suche. Allerdings muss ich zugeben, dass ich nach einigen nachgekochten Gerichten auch mal eine Blumenkohlpause gebraucht habe. Und die Wette habe ich übrigens (leider) gewonnen – die fantastischen Gnocchi blieben das einzige Rezept, das meine Kinder restlos überzeugen konnte. Schade!
Veröffentlicht im Februar 2021