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Katharina Höhnk

Kochbuch von Julie Kleeman & Yeshi Jampa: Das Tibet-Kochbuch ★★★★★

Das Tibet-Kochbuch – Traditionelle Rezepte aus dem Himalaya, Julie Kleeman & Yeshi Jampa, Fotos: Ola O. Smit, Übersetzung: Martina Fischer, Riva Verlag (2022)

Fünf Sterne: Valentinas Liebling – zum Schwärmen gut.

Susanne Hohmann

Von

Bei Tibet denke ich zuerst an den Dalai Lama und Gebetsketten, dann an den Mount Everest und spektakuläre Landschaften. Aber was isst man eigentlich dort? Ich freue mich auf einen Ausflug in die Kochtöpfe dieser besonderen Region an der Seite der Rezeptsammlung „Das Tibet-Kochbuch“ von Julie Kleeman und Yeshi Jampa.

Kochbuchautoren Yeshi Jampa & Julie Kleeman (© Amanda Knight)
Kochbuchautoren Yeshi Jampa (li.) & Julie Kleeman (re.; © Amanda Knight)

Die Britin und der Tibeter haben sich im Himalaya kennen und lieben gelernt. Sie studierte Chinesisch in Cambridge, er studierte in der nordindischen Bergstadt Dharamsala. Die beiden trafen sich auf einem Gebirgspfad, als sie dort Schneeaffen fotografierten, so schreiben sie. Heute leben sie mit ihren zwei Kindern in Oxford. Dort betreiben sie das Restaurant „Taste Tibet“ und einen Streetfood-Wagen. Was sie dort kochen, haben sie für uns in diesem Kochbuch aufgeschrieben.

Zum Weiterlesen:

Leseprobe beim Verlag

Webseite und Instagram von „Taste Tibet“

Mehr Kochbücher zur asiatischen Küche bei Valentinas

Food Waste gibt es nicht

Das präsentiert einigen Lesestoff. In der Einleitung wird ausführlich über die eigenständige tibetische Esskultur berichtet und Einflüsse eingeordnet. „Auf den ersten Blick sieht tibetisches Essen dem chinesischen sehr ähnlich. Nudeln, Teigtaschen und kleine Teller sind auffallende typische Merkmale der Küche. Heute essen viele Tibeter mit Stäbchen, doch das ist ein recht neuer Kulturimport. … die geschmacklich typischsten Dinge der tibetischen Küche haben mehr Gemeinsamkeiten mit dem Essen in Bhutan oder in Nepal, auch mit Teilen von Nordindien“, klärt das Autorenteam auf. Szechuanpfefferkörner (in Tibet heißen sie Yerma), Kurkuma und Kreuzkümmel würden großzügig verwendet.

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal der tibetischen Ernährung sei, dass vieles auf Gerste oder Weizen basiert statt auf Reis. Brot begleitet häufig die Mahlzeit und Milchprodukte gebe es viele. In dem buddhistisch geprägten Land stellt sich auch die Frage, ob es in Ordnung ist, Fleisch zu essen. Die Antwort lautet, ja – die Tibeter halten Yaks, und die werden auch gegessen, und nicht nur das. Der ganze Yak wird verwertet, bis hin zu den Knochen, aus denen Kämme und Knöpfe geschnitzt werden. Das Prinzip, wirklich alles zu verwerten, gilt auch sonst in der tibetischen Küche: So wird zum Beispiel das Kochwasser von Nudeln mit ein paar Zutaten aufgewertet und als Suppe zum Essen serviert; das hat mich fasziniert.

Kochbuch von Julie Kleeman & Yeshi Jampa: Das Tibet-Kochbuch
Kochbuch von Julie Kleeman & Yeshi Jampa: Das Tibet-Kochbuch

Die Rezepte des Kochbuchs stammen aus dem Oxford Restaurant – genau genommen von Yeshi Jampa und seiner Familie, die in Osttibet lebt. Es gibt tibetische Klassiker wie Tsampa oder Momos, aber zudem Gerichte, die Yeshi während seines Studiums in Indien kennengelernt hat. Außerdem sind Bestseller ihres Streetfood-Wagens wie Kartoffel-Erbsen-Curry und neue Kreationen wie Schokoladen-Trüffel mit Tsampa dabei. Die Rezeptsammlung hat also durchaus eine biografische Prägung durch die Autor:innen, es geht nicht nur um die authentische Landesküche.

Liebevoll

Julie Kleeman und Yeshi Jampa erklären ihre Rezepte dabei immer gut und ausführlich. Ich möchte den Tonfall sogar als liebevoll bezeichnen. Tibetisches Essen klang für mich zunächst exotisch, aber da ich über einen gut bestückten Gewürzschrank verfüge, war die Beschaffung der Zutaten für mich kein Problem. Grundsätzlich kann man sich von den Anleitungen auch verlässlich leiten lassen. Ein Beispiel: Mich hat zunächst irritiert, dass an die Hackfleischfüllung für die Momos eine ordentliche Menge Wasser kommt, aber das hat sich als gewinnbringend herausgestellt. Die Masse wird dadurch beim Kneten rasch sehr fein und brätähnlich.

Dabei ist es immer ein gutes Zeichen, wenn mich ein Kochbuch quasi sofort in die Küche schickt. Das war hier der Fall. Ich musste sofort Sepen zubereiten, einen scharfen Chili-Dip mit Ingwer, Szechuan-Pfefferkörnern, Koriandersamen und Kreuzkümmelsamen. Lustigerweise las ich später an anderer Stelle, dass das Autorenpaar empfiehlt, genau diesen Dip als Erstes zu probieren – er steht bei fast jeder Mahlzeit auf dem Tisch, und so war es auch bei uns.

Saisonal und bodenständig

Ein kleines Missverständnis hat sich aus meiner Sicht im Lektorat eingeschlichen: Für Nudeln wird backstarkes Brotmehl verwendet, dem kommt am ehesten unser Weizenmehl 550 nahe und nicht das Weizenmehl 812, das in den Rezepten erwähnt wird; das ist viel dunkler.

Generell hat mir hat beim Nachkochen gefallen, dass sehr auf Saisonalität geachtet wird. Ein ausführliches Glossar der wichtigsten Zutaten findet sich am Ende des Kochbuchs, jeweils mit dem Hinweis, in welchem Geschäft man die jeweilige Zutat am besten bekommt.

Julie Kleeman:

„Die Rezepte in diesem Buch stammen von Yeshi Jampa oder von seiner Familie. Wir können nicht den Anspruch erheben, dass wir die tibetische Küche als Ganzes repräsentieren. Yeshis Familie stammt aus einem sehr ländlichen Teil Osttibets mit eigenen Traditionen und lokalen Spezialitäten. Die meisten Rezepte, die wir ausgewählt haben, sind eine Hommage an die Küche in diesem besonderen Winkel der Welt.“

Das Tibet-Kochbuch ist Rezeptsammlung und Kulturvermittler. Das gelingt auch dank einer wunderbaren Bildsprache. Uns Leser:innen erwarten nicht nur appetitliche und angenehm auf das Essen konzentrierte Rezeptfotos, sondern auch viele atmosphärische Tibetbilder, die in mir direkt den Wunsch geweckt haben, das Land zu bereisen.

Saisonales, wohltuendes Essen, das ist es, was die tibetische Küche repräsentiert und was man in diesem Buch authentisch und mit sehr viel Einfühlungsvermögen dargestellt bekommt. Die Erzählungen über das Land, seine Menschen und seine (Ess-)Kultur sorgen zusätzlich dafür, dass ich das Buch immer wieder aus dem Regal holen werde.

Veröffentlicht im März 2023

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