Drei Sterne: Hat Stärken, aber überzeugt nicht ganz.
Ein Drei-Sterne-Koch steigt vom Olymp herunter und tischt auf fürs einfache Volk. Eine gute Idee, finde ich. Noch dazu, wenn es um die kleinen Köstlichkeiten der spanischen Küche geht, um Tapas und Snacks.
Juan Amador, Sohn spanischer Gastarbeiter, hat als Koch eine steile Karriere hingelegt. Seine Kochkunst ist inspiriert von der klassischen Haute Cuisine genauso wie von der modernen Molekularküche. Ganz anders sein neues Kochbuch: hier präsentiert er Gerichte, die von jedermann „ganz einfach, ohne größere Kochkenntnisse und mit einfachen Küchenutensilien zuzubereiten“ sein sollen. Wichtig ist ihm auch, dass viele Schritte der Zubereitung fotografisch festgehalten werden.
Soweit die lobenswerte Absicht. Dass es in der Wirklichkeit dann nicht ganz geklappt hat, merkt man an allerlei Stellen. Zunächst einmal bei den Zutaten, die nicht gerade daheim im Vorratsschrank stehen oder schnell im nächsten Supermarkt besorgt werden können. Ich muss gestehen, von manchen hatte ich zuvor noch nicht einmal gehört. Eine Auswahl gefällig? Austernkraut, Seegurke und Seeigelzungen, Kabeljau-Kutteln, Schweine-Popkorn, PX-Essig, Nam Prik. Bei den Küchenutensilien kam ich meist mit den vorhandenen Gerätschaften aus, Thermomix, ISI-Syphon oder sogar Paco-Jet bilden hier die Ausnahme. Mit gehobenem Küchenlatein und den entsprechenden Fähigkeiten sollte man schon vertraut sein, also nicht nur wissen, was konfieren oder aufmontieren bedeutet, sondern es auch beherrschen.
All dies mag nun recht abschreckend klingen. Es bleiben jedoch erstaunlich viele Gerichte, die von normal Sterblichen nachgekocht werden können. Das geht gleich los mit verlockenden Brotrezepten für Fougasse und verschiedene Baguettes, auch das chinesisch angehauchte Beef Tatar, das auf Krabbenchips angerichtet wird, hat mich überzeugt. Auch Ceviche vom Petersfisch lässt sich ganz simpel und wohlschmeckend in wenigen Augenblicken zubereiten. Schön auch die Empanada-Rezepte, mal gefüllt mit Chorizo und Gambas, mal mit Tintenfisch und Blutwurst oder vegetarisch mit Spinat, Ziegenkäse und Zwiebel. Das schmeckt vorzüglich und macht was her, wenn Gäste kommen. Angetan war ich auch vom gebackenen Oktopus mit Avocado-Joghurt. Speziell für die Grillsaison bieten sich die Pintxo-Rezepte an, ganz einfache Kombinationen wie Schweinefleisch mit Schalotte, Bauchspeck und Poulardenbrust, oder – mein Favorit – Chorizo mit Oktopus. Am Schluss verrät Amador noch einige Grundrezepte sowie Bezugsquellen für die exotischeren Zutaten. (Foto: Juan Amador)
Trotz der genannten Einschränkungen habe ich mich gerne auf die Anregungen des großen Meisters eingelassen. Mir hat auch das puristische Schiefertafellayout gefallen, das bei anderen nicht so gut ankommt. Schade nur, dass Amador und sein Team das gute Konzept nicht konsequent genug umgesetzt haben.
Veröffentlicht im Mai 2014
Bei Zutaten-Raritäten fände ich es generell schön und wissenswert, wenn Köche/Autoren zumindest in einem hoffentlich angelegten Zutatenregister einen Hinweis gäben, woher sie z.B. Seegurke und Seeigelzungen, Kabeljau-Kutteln, Schweine-Popcorn beziehen bzw. wo Hobbyköche sie eventuell kaufen können.
Schweine-Popcorn – lol.
Absolut!! Ist in vielen englischsprachigen Büchern auch die Regel. 🙂
Hallo Dietmar,
Herr Amador hat schon seit Jahren kein Restaurant mehr in Langen.
LG
Matthias
Ups, merci.