Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.
Das Buch macht ganz bestimmt keine leeren Versprechungen, sondern ist wirklich ein ultimatives Sandwichbuch. Aus den ursprünglichen schwedischen Stullen (Mackor heißt übersetzt Butterbrot, so der Originaltitel) werden Deluxe-Sandwiches, und was für welche …
Vorweg gesagt, wer lieber fleischlos oder vegan isst, kommt mit diesem Buch praktisch nicht zum Zug, die Rezepte sind vielmehr für Leute mit einem Hang zum „Stückchen Fleisch“ zusammengetragen worden. Wer gerne mehr als tolle Butterbrote zubereiten will, ganz schnell und sich auch für die Zubereitung der Einzelteile eines Sandwiches interessiert, das Brot selber backen möchte oder Mayo und Pickles auch einmal von Grund auf herstellen mag, ist hier genau richtig.
Alles beginnt mit einem Augenzwinkern, denn der Jonas Cramby (links), der Kochbuchautor, Restaurantkritiker und Blogger ist, schaut uns auf einem ganzseitigen Bild ziemlich ernst an. Sein Hund beäugt dabei sehr begehrlich das Sandwich in seiner Hand. In großen Lettern steht daneben: „I hate Sandwiches“. Das ist doch mal ein (Vor-)Wort. Die folgenden Seiten und das gesamte Buch verdeutlichen jedoch nachdrücklich, dass der Autor sehr wohl ein großer Sandwichfan ist oder sogar ein Gourmet-Sandwich-Fan. Er kennt ungemein viele Anekdoten und hat ein sehr umfangreiches Wissen, das er hier und da ganz lässig einstreut und daher kommt es auch nie übertrieben ´rüber und macht Spaß es zu lesen.
Kulinarische Bandbreite
Das Buch ist in eher dunkleren Farben gehalten, hat ein ungewohntes, fast quadratisches Format und kann mit 176 Seiten prall gefüllten Seiten aufwarten. Die attraktiven Vintage-Fotos und noch mehr die richtig guten und interessanten Rezepte lassen einen sofort weiterlesen. So verwundert es auch nicht, dass das Buch in Schweden 2014 sehr gelobt und mit Preisen und überschwänglichen Kritiken ausgezeichnet worden ist. Im Buch werden neben den Rezepten hin und wieder auch sinnvolle Küchenutensilien vorgestellt, diese werden aber nicht als „must-haves“ präsentiert und das gefällt mir.
Neun Kapitel mit zumeist leicht einfach nachzuarbeitenden Rezepten schicken uns auf eine Sandwichreise um die Welt. Es finden sich im Buch auch unbekanntere Kreationen, wie gedämpfte Brötchen mit asiatischen Zutaten (sehen spannend aus!), Briocherezepte im herzhaft mediterranen Stil (interessante Alternative zum üblichen Sandwich!), sowie süße Ideen in Form von Ice-Sandwiches (da man möchte direkt reinbeißen!). Die Fotos lassen also leckere Ergebnisse ahnen. Das letzte Kapitel: „The Sandwich Lover´s New York“ gibt einen kleinen Einblick, woher die Inspirationen zu dem Buch stammen könnten und die aufgeführten Adressen laden uns förmlich ein. Das übersichtliche doppelseitige Inhaltsverzeichnis beendet das Buch und auf der letzten Seite lädt Jonas Cramby dazu ein, die eigenen Kreationen auf Instagram hochzuladen. Eine schöne Idee.
Die Basisrezepte haben es mir angetan
Die Rezepte wirken modern und machen Lust aufs Ausprobieren und Nachmachen, selbst bei den klassischen Rezepten, wie Reuben Sandwich oder French Toast, kommt eine Kleinigkeit Neues vor. Die Entscheidung dessen, was ich zubereiten sollte, um mich mit dem Buch vertraut zu machen, ist mir daher diesmal sehr schwer gefallen. So wurden es zwei Sandwiches und mehrere Basisrezepte. Letzere, wie Saucen, Senf und Mayonnaisen, wird hier sehr gut und nachvollziehbar erklärt, vielfach auch mit kleinen zusätzlichen Information versehen, wo das Rezept ursprünglich herkommt, welche Varianten denkbar sind, oder wie sich der Name herleiten lässt.
Gleiches gilt für die diversen Brotgrundrezepte, Fleischzutaten, frittierte Beilagen, Pickles oder der selbstgemachte „American Cheese“. Sie tauchen über das ganze Buch verteilt auf und werden mit „from scratch“ bezeichnet. Das ist eine wirkliche Bereicherung in diesem Buch, da dieser Basisfundus mich unabhängiger vom Marktangebot macht und meine Küche insgesamt bereichert. Cramby ist hierbei aber kein Ideologe, sondern eher pragmatisch und schreibt, dass es auch mit den normalen, guten, gekauften Zutaten durchaus sehr lecker werden kann.
Beim Nachkochen wurde das auch praktisch erforderlich, denn dieses von Grund-auf-Selbermachen kostet seinen Tribut – nämlich rare Zeit: von dem Brot über die Pastrami zu den Saucen wird alles selber zubereitet. Das hat mein Zeitbudget überschritten. Ich habe die Rezepte daher wie vom Autor vorgeschlagen interpretiert und manche Teile selbst gekocht und andere fertig gekauft. Das führt zu ganz köstlichen Abendmahlen, denn in den Details stecken die köstlichen Extras. In meinen Händen wandelte sich das Kochbuch eher zum Ideengeber und Kochbuch von Basisrezepten.
Das Buch ist kein klassisches Sandwichbuch iS der ursprünglichen schnellen Idee, es ist so gesehen eher ein Gourmet-Sandwich-Buch, was die Zeit angeht. Aber konzentriert man sich auf die einzelnen Elemente, dann wird man sehr zufrieden. Durch diese „from scratch“-Rezepte, wird es bei mir immer wieder zum Einsatz kommen, selbst wenn die Mayo für einen Kartoffelsalat oder die 40 Thousand Billion Island Sauce für einen Hot Dog zubereitet wird. Hier punktet es mit dem Wissen, mit welchen kleinen Tipps ich das ungewöhnliche Sandwich noch ein wenig mehr individualisieren kann.
Veröffentlicht im Juni 2016