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Katharina Höhnk

Kochbuch von Jonas Cramby: China vegetarisch ★★★★

China vegetarisch, Jonas Cramby, Foodfotografie: Lennart Weibull, Christian Verlag (2021)

Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.

Ulrike Rösler

Von

Die Chilischoten springen einem in knalligem Rot entgegen, die Bohnen leuchten ultra-grün –starke Kontraste prägen den ersten Eindruck von „China vegetarisch“. Das Layout passt gut zum betont lockeren Stil des neuen Kochbuchs von Jonas Cramby. Es soll Fans der chinesischen Küche zeigen, wie man einfach und mit wenigen vorhandenen Zutaten ein leckeres Essen zubereiten kann. Dabei darf improvisiert werden!

Kochbuchautor Jonas Cramby

Jonas Cramby (Foto links), der bereits mehrere Kochbücher zu Themen wie Sandwiches und japanischem Grillen veröffentlich hat, präsentiert in seinem neuesten Kochbuch chinesische Rezepte für den Alltag und das Wochenende.

Alltag, Wochenende und „eine kurze Einführung in das am meisten unterschätzte Dessertland der Welt“

Die 30 Gerichte für den „Alltag“ umfassen einfache Nudel- und Reisvariationen, aber auch Gemüse- und zahlreiche Tofugerichte. Man findet hier eine vegetarische Variante der Pekingente (Jin Jiang Pilze), „echt unauthentisches amerikanisch-chinesisches Take-away Essen“ (dahinter verbergen sich u. a. drei Varianten von frittiertem Blumenkohl) oder „Gebratener Reis mit dem, was gerade im Kühlschrank ist.“ Für das Wochenende werden 25 Rezepte vorgestellt, die naturgemäß etwas aufwendiger sind. Dazu gehören Hotpot, Pekingtofu (inkl. der kleinen Pfannkuchen), Nudelherstellung und eine Anleitung, „wie man rekordverdächtigen Douha-Tofu selbst macht“.

Zum Weiterlesen:

Leseprobe beim Verlag

Jonas Cramby bei Instagram

Mehr von Jonas Cramby bei Valentinas

Abschließend gibt es noch einige Dessertrezepte. Da mir das meiste davon völlig unbekannt war, sei hier der Autor zitiert: „fast alles lässt einen den Kopf schief legen und murmeln: „aber was ist denn das?“. Beispiele hierfür sind Tang Yuang, Baobing (gehobeltes Eis mit „Willy Wonka-artigem Topping“) oder Cheese Tea.

Cramby betont vorneweg, dass es ihm nicht darum gehe, die chinesische Esskultur bzw. -kulturen möglichst authentisch darzustellen. Er bietet uns eine bunte Mischung aus vegetarisch übersetzten Klassikern und regionalen Gerichten, aber auch „Promenadenmischungen“ wie z. B. Cashew-Tofu, ein Gericht, das eigentlich in den USA erfunden wurde (die Veggie-Variante von Cashew-Chicken).

Kochbuch von Jonas Cramby: China vegetarisch
Kochbuch von Jonas Cramby: China vegetarisch

Das Thema „vegetarisch“ wurde ideenreich umgesetzt. Anstelle von „Twice Cooked Pork“ gibt es „Twice Cooked Potatoes”, und Hähnchen und (Peking-)Ente werden durch Tofu oder Pilze ersetzt.

Im Gegensatz zu manch anderem Kochbuch ist dieses Buch sehr unterhaltsam, denn es gibt viele schnoddrig-coole Exkurse und lustige Einführungen zu jedem Rezept sowie zahlreiche Tipps. Die großseitigen Fotos von Märkten, Restaurants, Städten und Landschaften („irgendwo in der Provinz Shaanxi“) sind faszinierend, bieten sie doch einen ganz anderen Blick auf das Alltagsleben in China. Toll gemacht!

37 gekaufte und 7 selbst gemachte Würzmittel – Uff!!

Unerwähnt blieb bislang das erste Kapitel zum Thema „Vorrat“, das einen ausführlichen Überblick über notwendige Zutaten und Küchenzubehör gibt. Für möglichst authentisches Kochen benötigt man 7 selbst gemachte Öle, Dips und Saucen sowie 37 (!) weitere Würzmittel, von denen mir die meisten unbekannt waren (Doubanjiang, Huangdojiang, Douchi usw.). Vor dem Kochen heißt es also erst mal, sich eine Grundausstattung an Würzen, Pasten und Soßen zuzulegen. Wohl dem, der einen großen Asiamarkt in seiner Umgebung hat!

Bei den Küchenutensilien spielt der Wok die Hauptrolle. Wer wie ich einen Induktionsherd hat, ist da schlecht aufgestellt, aber der Autor versichert, dass man die meisten Gerichte auch mit einer normalen Pfanne oder „dem alten IKEA-Pfannenset von 1976“ zubereiten könne. Na dann wollen wir mal.

Der Praxistest: mal Freud, mal Leid

Alle getesteten Rezepte (außer der Roten Bete) sind aus der Kategorie „Alltag“, denn die Wochenend-Rezepte sind deutlich aufwendiger; für manches wie z. B. den Hot Pot benötigt man auch noch weitere Ausrüstung (hier: eine mobile Hitzequelle und einen geeigneten Topf).

Das Chiliöl, laut Autor „das wichtigste Rezept des Buches“, wird mit Zwiebeln, Knoblauch, Ingwer, Sternanis, Kardamom und vielen Szechuan-Chiliflocken gewürzt. Bei der Zubereitung gerate ich ins Stocken: Schritt 1 lautet, das Öl bis kurz vor dem Rauchpunkt zu erhitzen und die Gewürze hinzuzugeben. Schritt 2 sieht 15 Minuten sanftes Erhitzen vor – also was jetzt? Ich wähle das sanfte Erhitzen. Die Gewürze mit Ausnahme der Chiliflocken bleiben aber nur kurz im Öl; ob so die Aromen ins Öl gelangen …? Das einige Tage später getestete Endprodukt war leider weder scharf noch aromatisch, sondern muffig-dumpf. Schade.

Glücklicherweise gab es aber auch Rezepte, die mir auf Anhieb gelangen. Dazu gehört „Tomate mit Ei“, das zu Nudeln gereicht wird, in Windeseile zuzubereiten ist und wesentlich interessanter schmeckt, als es sich anhört. Oder die geschmorte Rote Bete, die scharf-süß-salzig daherkommt und mal wieder zeigt, was die unscheinbare Knolle so alles drauf hat. Die mit Ingwer und Knoblauch gebratenen Goldmünzeneier, „schärfer und mehr hardboiled als ein Donald Ray Pollock-Roman“, haben mich sehr satt und zufrieden gemacht.

Übrigens wird nirgends mit Salz, Zucker, Speisestärke und Fett gespart, und neben diversen Würzpasten kommt auch MNG (Glutamat) in Pulverform zum Einsatz (… für den, der es verträgt).

Ein Highlight war die Herstellung von Dumplings. Da das Ganze etwas zeitaufwendig (wenn auch nicht schwierig) ist, empfiehlt der Autor, gleich ganz viele zu machen und einzufrieren. Im Buch werden sechs verschiedene Falttechniken, aber nur drei Varianten für Füllungen beschrieben; anders herum wäre es mir lieber gewesen.

Jonas Cramby:

„Dieses Buch stellt daher kein tiefes Eintauchen in eine der regionalen chinesischen Esskulturen dar, sondern eher das Gegenteil, eine Hommage an die enorme, wimmelnde, ständig veränderliche Welt des chinesischen Essens.“

Asia-Markt erforderlich

Für Anfängerinnen der chinesischen Küche wie mich war das Kochen gleichzeitig Entdeckungsreise und Herausforderung. Es wird recht viel gewokt, gebraten und frittiert: vegetarisch ist also nicht gleichzusetzen mit niedrig-kalorisch oder supergesund … aber dafür sehr, sehr lecker, wenn es gelingt! Ein echter Nachteil war aus meiner Sicht der hohe Beschaffungsaufwand für die verschiedenen Würzmittel und weitere Zutaten. Der nächste Asiamarkt liegt bei mir nicht gerade um die Ecke, und einiges wie z. B. das Gerinnungsmittel Nigari für den misslungenen Tofu habe ich nach langem Suchen letzten Endes nur im Internet erhalten.

Das Kochbuch China vegetarisch ist vor allem eine 4-Sterne-Empfehlung für China-Food-Aficionados sowie denjenigen unter Euch, die bereits Erfahrungen im Kochen chinesischer Rezepte haben und entsprechend über eine gute Grundausstattung verfügen.

Veröffentlicht im August 2022

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