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Katharina Höhnk

Kochbuch von Hubert Cormier: Joghurt ★★★

Joghurt – Gesunde und köstliche
Rezepte für jede Tageszeit
Hubert Cormier
Fotos: Catherine Côté
Ars Vivendi Verlag (2017)

Drei Sterne: Hat Stärken, aber überzeugt nicht ganz.

Charlotte Schrimpff

Von

Milch, Eier, Butter, Käse, Joghurt: Wenn es Dinge gibt, die in meinem Kühlschrank nicht fehlen dürfen, dann diese. Joghurt vor allem, weil er so herrlich flexibel ist: Müsli, Muffin, Mayonnaise – es gibt nicht viel, was keinen Klecks verträgt. Das meint auch Hubert Cormier und zeigt 75 neue Ziele.

Dabei ist sein Kochbuch reiner Zufall: Cormier fand die Arbeit an einem Paper zu „Joghurtverzehr und kardiometabolischen Risikofaktoren“ so interessant, dass er die Praxis gleich nachschob (hier ein Interview dazu). Hauptberuflich ist der Mann nämlich nicht nur Ernährungswissenschaftler, sondern auch „Diätspezialist“ und überhaupt ziemlich umtriebig: Drei weitere Bücher, ein Blog, regelmäßige TV-Auftritte und diverse Social-Media-Kanäle gehen auf sein Konto. Ach ja: An seiner Diss schreibt der Kanadier nebenbei auch.

Obwohl man den Wissenschaftler Cormier in seiner Einführung in die historischen und biochemischen Hintergründe von Joghurt nicht lange suchen muss – ein einschlägiges Studium braucht man für sein Kochbuch nicht. Im Gegenteil: Wüsste man nicht um diesen grundsoliden Hintergrund, könnte man Cormier auch für einen jener hippen Großstädter halten, die von Foodtrend zu Foodtrend jetten und dabei zufällig über ein Glas Joghurt gestolpert sind.

Fehlen nur noch die Hashtags

Denn hip sind sie, seine Rezepte: Zum Frühstück gibt es Chiapudding mit Kiwi oder gefrorene Smoothiewürfel, mittags Dragon Bowl und Nudelsalat mit Algen und Garnelen, zwischendurch Avocado-Lassi und abends Bratgemüse auf Süßkartoffelpüree. Alles instagrammable inszeniert – auf bunten Bildern (Catherine Côté) und gespickt mit Cormiers lässigen Anekdoten.

Normalerweise ist das der Moment, in dem ich nach links wische … äh: ein Buch wieder zuklappe. Zu viel Hype für mich, sorry. Nur ist „Zuklappen“ bei Valentinas keine Option. Also ein zweiter Blick und – aha, sieh an: Zwischen all den Burritos und Bowls steckt noch mehr. Transatlantische Klassiker wie Makkaroni mit Käse zum Beispiel, Anleitungen für selbst gemachten Joghurt von Slowcooker bis Kochtopf, Grundrezepte für Jogonaise oder gepimpten Hummus.

Der erste Nachkochkandidat ist ein guter alter Freund: Indisches Butter Chicken – hier mit griechischem Joghurt statt Sahne. Sehr schnell gemacht, sehr sämig, sehr rund. Ähnlich gut gefallen haben uns Cormiers Cheesecake(-Würfel), seine Ofenkartoffeln mit Oliven, Feta, getrockneten Tomaten und Spinat und seine gefüllten Muschelnudeln. Der Joghurt – jeweils Ersatz für vermutlich saure Sahne & Co – sorgt für Cremigkeit, Frische und Sättigung, ohne die Essen zu schwer zu machen. Der Versuch, nach Cormiers Anleitung und mit haushaltsüblichem Equipment eigenen zu ziehen, war allerdings nur ein Teilerfolg: Das, was ich am Ende aus dem Glas löffelte, schmeckte eindeutig wie es sollte, ließ in Sachen Konsistenz aber zu wünschen übrig – „Joghurtfetzen in Lake“ war nicht unbedingt das, worauf ich gehofft hatte.

Abzüge in der B-Note

Und da ist noch etwas, was der zweite Blick zutage fördert: Dinge, die auf den Bildern zu sehen sind, aber nicht in der Zutatenliste – zum Beispiel bei den Eggs Benedict mit fettarmer (örks …) Sauce Hollandaise: Unter den Eiern liegt noch etwas Paniertes, das sehr schmackhaft aussieht. Bloß was? Manchmal irritieren auch Details – wie das Markenprodukt „Fage“, ein offenbar fettfreier griechischer Joghurt (ich wiederhole: örks!) im Rezept für Foccacia mit Ziegenkäse und Feigen. War es nicht Cormier, der eingangs noch den Zusammenhang zwischen Low-Fat-Verzehr und Übergewicht hergestellt hatte? Mh …

Gehört Cormiers „Joghurt“ genauso ins Regal wie die gleichnamige Zutat in den Kühlschrank? Eine Gretchenfrage: Obwohl uns die Testessen gut geschmeckt haben und Wiederholungen wert sind, gibt es drumherum nicht mehr viele, die noch ebenso laut „Probieren“ schreien. Das mag an der trendigen Aura mancher Rezepte liegen oder daran, dass Cormier und ich uns zwar im Prinzip einig sind, was den Sinn und Zweck von Joghurt angeht, zwischen unseren Geschmacksknospen aber eben doch ein ganzer Ozean liegt. Freunde von verdickter Milch (und solche, die es werden wollen) lassen es aber unbedingt auf einen eigenen Versuch ankommen.

Veröffentlicht im August 2018

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