Fünf Sterne: Valentinas Liebling – zum Schwärmen gut.
Hilf mir, es selbst zu tun
So ungefähr lautet die Montessori-Weisung, und genau da setzt auch dieses Werk an. Frisch gewagt, ist halb gewonnen, und wenige Tage nach Eintreffen des Rezensionsexemplares stand eine Joghurtmaschine in meiner Küche. So weit reichten bereits die Inspirationskräft der ersten Buchseiten.
Mit über 250 Seiten, von denen etwa die Hälfte Abbildungen sind, gehört das Buch zu den Schwergewichten, die Rezepte hingegen eher zu den leichteren. Außer dem Nitrit-Pökelsalz, das es vielleicht nicht an jeder Ecke gibt, kommt es hier zu keinerlei Beschaffungsproblemen, und die Packungsanweisungen, sprich die Rezepte, haben eine klare Struktur, von 1., 2. bis … Es finden sich Hinweise zu Haltbarkeit, Tipps und Varianten, Zubereitungs-, Ruhe- und Kochzeit, ganz, wie es sich gehört. Der Inhalt gliedert sich in die Kapitel Brot, Joghurt, Frischkäse, Pasta, Würzzutaten, Einmachen, Wurstwaren, Terrinen&Co, Konfitüren, Kompotte und süße Aufstriche und Getränke. Als gedankliche Klammer noch eine Einleitung und einen Anhang, in dem Arbeitstechniken wie Abseihen, Blanchieren, Entfetten und Räuchern erläutert werden plus Rezeptverzeichnis nach Kategorien bzw. den Kapiteln geordnet. So nüchtern wie das klingt, ist es auch – die Rezepte sind einfache, klare Handlungsanweisungen ohne Attribute wie legendär-köstlich, weltbester, ratzifatzi Schnuckiputzi und dergleichen barocke Wortungetüme mehr, was mir sehr sympathisch ist. Für belletristische Bedürfnisse gibt´s schließlich Gedichtbände.
Es ist weitestgehend alls versammelt, was man hausmachen kann – Weißbrot, Zwieback, Hefezopf, Joghurt, Quark und Frischkäse, Pasta, Pesto und Tomatensauce, aromatisierte Öle und Essige, Chutneys, Mayonnaise, Zwiebelchen in Essig, alle erdenklichen Bouillons, Würste, Salami und geräucherter Lachs, Erdbeer-, Himbeer- und weitere Konfitüren, Schokoladencreme, Fruchtgelee und kandierte Zitrusfrüchte, Sirups, Kräutertees und Glühwein. Wem das nicht reicht, dem ist wirklich nicht zu helfen. Entscheidend ist nun, was man für sich rauspickt- was ist sinnvoll, was kaufe ich vielleicht doch lieber.
Einiges habe ich auch vor dem Eintreffen des Buches selbst gemacht, beispielsweise Kuchen, Kekse und Brot gebacken, diverse Chutneys, Apfelmus und Konfitüren gerührt und Sirup geköchelt. Die Weißbrotrezepte, das Mango-Chutney, das Vanille-Apfel-Kompott, die Erdbeerkonfitüre, der Lemon Curd und einige andere Rezepte haben mich nun noch zusätzlich darin bestärkt, zumal besonders Brotbacken zumindest bei mir fast schon therapeutische Zwecke erfüllt. Anderes hingegen werde ich auch nach reiflichster Überlegung und ausgiebigster Lektüre nicht selber machen – als da sind Gewürzgurken einlegen oder Salami herstellen. Auch Entenleberpasteten und Schweine-Rillettes finden hier nicht so reißenden Absatz als dass es sich lohnte, zumal letztere eine Garzeit von insgesamt 5 Stunden an zwei Tagen benötigt. Den personellen und zeitlichen Aufwand halte ich für übertrieben. Und, warum, um Himmels Willen, Gürkchen einlegen? Die Autoren sind allerdings Franzosen, und die haben nun mal leider keinen Spreewald.
Sehr überrascht war ich über meine eigene kindliche Freude bei der Inbetriebnahme der Joghurtmaschine, die ich mir kostengünstig eigens für die Rezension angeschafft hatte. Ich dachte beim ersten Durchblättern, wenn, dann gleich richtig in die Vollen, also muss so ein Ding her. Und siehe da, seit etwa zwei Monaten verrichtet das brave Maschinchen seine Arbeit und wir haben nun immer selbst gemachten Naturjoghurt im Kühlschrank. Das hat was! Laut Rezept funktioniert die Joghurtherstellung übrigens auch ohne Steckdose, nur mit einer Thermoskanne.
Ebenso naive Freude hatte ich auch an der Butterherstellung. Ich kam mir vor wie in der Sendung mit der Maus. Aus 400 ml Schlagsahne erhält man ein halbes Stück Butter, also 125g. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht muss erlaubt sein anzumerken, dass das nicht sehr rentabel ist, zumal Butter ja geradezu skandalös billig ist, aber der Spaß ist es wert.
Im Übrigen fasse ich das Buch gern an, das mag komisch klingen, ist aber nicht unwesentlich. Die Seiten sind dick und geben einem das Gefühl, etwas “Wertiges” in der Hand zu halten. Die Hintergründe der Fotos sind zum großen Teil in steingrauen Tönen gehalten, oder cremeweiß oder in diesen rustikal-shabby-chic-farbenen Holztönen. Mich spricht das sehr an, das sieht nach Landhausgemütlichkeit aus und dürfte so ziemlich den Zeitgeschmack treffen. Es gibt kein Rezept ohne Bild, was ich hervorragend finde, denn ich bin da ziemlich phantasielos. Rezepte ohne Bild koche ich nicht nach.
Mein Vorsatz für dieses Jahr – mehr selber machen, backen, braten, einlegen, köcheln, pürieren, räuchern, entsaften … Nur nicht die Gewürzgurken. Die kommen aus dem Spreewald.
Veröffentlicht im März 2013
Die Rezension klingt spannend und ich kauf das Buch nur wegen der Gewürzgurken, denn die aus dem Spreewald die hier käuflich zu erwerben sind, haben alle Aroma zugesetzt, bei dem mir immer gleich Schimmelpilz auf Holzspänen ein 🙂
Lol. Na das passt dann ja perfekt. 🙂