Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.
Auf Vorrat gekocht – 100 Rezepte, ideal zum Einfrieren ist ein charmantes Einsteigerbuch. Klein, fein und inspirierend. Ghillie James‘ praktische Ideen nimmt man gerne ins Leben. Ein Buch für die Phasen, wenn Restaurantbesuche selten werden und der eigene Herd Routine bekommt: der erste Job, das erste Kind – es bleibt wenig Zeit zum Kochen, aber die kulinarische Seele will Streicheleinheiten.
Als Köchin gehöre ich zu den Hamstern. Ein leere Vorratskammer ist mir ein Graus. Noch schlimmer ist ein leerer Kühlschrank. Er löst bei mir Tristesse pur aus. Keine Überraschung also, wenn ich gestehe: Meine Vorratskammer ist immer gut gefüllt. Die begehrtesten meiner Vorräte? Nun, das sind nicht der gute Wein aus dem letzten Frankreichurlaub und die aufregenden Mark & Spencer-Pickles, sondern meine selbstgekochten, eingefrorenen, köstlichen Mahlzeiten. Man könnte sie auch Seelentröster nennen.
Stilvoll & yummie
Seelentröster brauchen Gefrierschränke. Aber wer gibt schon gerne für ein weißes Monstrum Geld aus. Meiner zog deshalb erst im Jahr 6 nach der Geburt meiner Tochter ein. Das wäre anders gekommen, wenn ich das Kochbuch Auf Vorrat gekocht früher in den Händen gehalten hätte. Für ein inspirierendes Kochbuch UND einen optisch wenig attraktiven Gefrierschrank wäre ich sofort bereit gewesen, meine EC-Karte zu zücken.
Vorrat ist ein praktisches Thema. Anders als bei den erwähnten weißen Monstern hat das Thema bei dem Kochbuch nicht den gestalterischen Akzent gesetzt – zum Glück. Nur in Details ist es wieder zu finden, mit kleinen guten Ideen. Foodfotografin Tara Fisher, die auch ein anderes meiner Kochbuch-Lieblinge fotografiert hat, betont die Sinnlichkeit der TK-Gerichte. Nicht alle Rezepte sind bebildert, aber viele. Stilvoll und natürlich.
Willkommen TK-Fach!
Mit dem Vorwort von Ghillie James wird klar, wer hier schreibt und was Teil des Konzepts ist – eine junge Mutter. Aber es ist keinesfalls ein Buch nur für Mütter. Es ist ein Einstiegsbuch in das Thema Einfrieren. Das Kinderthema findet sich nur in dem letzten Kapitel wieder in Form von Rezepten, über die ich mich damals sehr gefreut hätte. Hier geht es lebenslustig zu. Bei den Desserts gibt es ein Mojito-Sorbet und Drinks wie Granatapfelwodka zum Einfrieren.
Ghillie James hält sich mit langen Reden zurück. Regeln für das Einfrieren (Haltbarkeit), Ideen für Die besten Reste zum Einfrieren und mehr – alles ist so lang beschrieben, dass es kurzweilig bleibt. (Links: Cover der engl. Originalausgabe) Die Kapitel sind klassisch strukturiert von Basis, Suppen bis Desserts (mit einigen Eisrezepten wie Honigeis mit Nüssen, Erdbeereis mit Baiserkrümeln). Es wird gekocht und gebacken, um die Gerichte einzufrieren, so der Regelfall. Das Kapitel Hauptgerichte direkt aus dem Tiefkühlfach zäumt das Thema von der anderen Seite auf. Hier geht um Basis-Lebensmittel, die man tiefgefroren verwendet, wie z.B. der Schweinebauch, der tiefgefroren in die Röhre kommt, oder TK-Fisch und Garnelen für ein Fischtöpchen. Praktisch habe ich das Kapitel am wenigsten benutzt.
Als Anfängerin in der Kunst des Gefrierfach-Vorrats staunte ich, was sich alles einfrieren lässt und worauf es ankommt – nämlich, dass ein Teil der Zutaten in Form bleibt wie die Linsen bei dem Auberginen-Linsen-Mussaka. Die wunderbare Lammtajine mit Pflaumen ist nach dem Auftauen nicht matschig, sondern die Backpflaumen und Süßkartoffeln behalten auffallend eine feste Konsistenz und setzen sich farblich voneinander ab. Über manches staunte ich: Die Pavlova hätte ich nie gewagt einzufrieren. Gut zu wissen. Verdutzt war ich zunächst, dass die Autorin so zurückhaltend mit der Würzung ist. Dann verstand ich, denn der Grund liegt auf der Hand, Gewürze und Kräuter verlieren einen Teil ihres Aromas durch das Einfrieren. Trotzdem sind die Rezepte sehr fein austariert und stimmig.
Einfaches hat gleich Eingang in mein Leben gefunden. Übernommen in mein Dauer-Repertoire habe ich Ghillies Idee der selbst gemachten TK-Burger aus gehacktem Rindfleisch. Gebraten sind sie in 8 Minuten auf dem Teller. Wiederentdeckt habe ich Apfelmus – nicht eingemacht, sondern eingefroren. Es bleibt viel frischer und saftiger. Göttlich, wenn es noch feine Eiskristalle hat.
Veröffentlicht im Januar 2012
Das ist interessant zu lesen. Dank Dir. Trotzdem viel Freude.
So, Buch und Tiefkühler sind da, und zur Befüllung des Geräts kamen jede Menge Merker in das Buch. Die Möhrensuppe war ja quasi Pflicht – das Schälchen, das nicht im Tiefkühler, sondern in meinem Magen verschwunden ist, war wirklich köstlich. Außerdem frieren jetzt das Kartoffelgratin und die Tarte mit Räucherfisch vor sich hin.
Ehrlich gesagt hatte ich Rezepte mit weniger Aufwand erwartet. Für mich, ohne Kinder und mit einem Mann, der sich auch mal einen ganzen Sonntag allein beschäftigen kann, ist das zwar weder ein Problem noch ein Hindernis (Kochmarathon! Juhuu!), aber ich frage mich schon, wie Gerichte mit enormem Schäl-, Schnippel- und Kochaufwand von Müttern mit (kleinen) Kindern zeitlich bewältigt werden sollen…
Alles in allem aber ein schönes Buch mit guten Rezepten und vielen Tipps rund ums Einfrieren und die Verwendung von Tiefgekühltem. Ich freue mich auf jeden Fall schon sehr auf heiße Sommertage, denn die Eis-Rezepte sehen allesamt mehr als verlockend aus!
Das Kochbuch kommt auf meine Wunschliste!