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Katharina Höhnk

Kochbuch von Gastón Acurio: Peru ★★★★

Peru – Das Kochbuch
Gastón Acurio
Fotos Andy Sewell
Phaidon bei Edel (2016)
Mehr über den Verlag

Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.

Katja Schmid

Von

Seit Jahren heißt es, Ceviche bzw. die peruanische Küche insgesamt sei das nächste große Ding. Bislang jedoch hält sich die Zahl der peruanischen Restaurants auf deutschem Boden in Grenzen. In London hingegen gibt es nicht nur Cevicherias, sondern auch ein peruanisches Sternerestaurant. Tatsächlich hat die Fusion-Küche, die von Einwanderern aus Europa, Afrika, dem Orient, Japan und China mitgeprägt wurde, ungeheures Potential.

Der Autor Gastón Acurio (unten) gilt als Erneuerer und Botschafter der peruanischen Küche, herrscht über ein Imperium von über 40 Restaurants mit Ablegern in den USA plus eigener TV-Show. Er wird sogar als Präsidentschaftskandidat für die Wahlen im Jahr 2016 gehandelt. Als Koch ausgebildet wurde er in Europa. Als er 1994 mit seiner deutschstämmigen Frau in sein Heimatland Peru zurückkehrte, eröffneten sie ein französisches Restaurant. Probleme bei der Beschaffung der Zutaten zwangen ihn zum Umdenken, Acurio besann sich auf seine kulinarischen Wurzeln. Sein Ziel: bis 2026 soll es in jeder Metropole der Welt neben einer Pizzeria eine Anticuchería, neben einer Sushi-Bar eine Cevicheria, neben einer Burgerbude eine Sanguchería geben. „Die Marke Peru soll ein Synonym von hoher Gastronomie werden.“

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Kreuzberg sei Dank

Peruanische Küche? Das kann ja wohl nicht so schwer sein, dachte ich. Immerhin war ich mal zwei Monate lang kreuz und quer in Mexiko unterwegs. Doch dann kam das Peru-Kochbuch und damit die Ernüchterung. Was, bitteschön, ist Huacatay? Was unterscheidet Rocoto Chili von Limo Chili? Wo bekommt man die? Womit kann man sie ersetzen? Nichts klang vertraut, kein einziges Rezept war machbar, immer fehlten die entscheidenden Zutaten. Es gibt zwar ein paar Fotos der fertigen Gerichte, aber kein einziges von den Zutaten. Das kleine Glossar am Ende des Buches war wenig hilfreich.

Zum Glück gibt es in Berlin Kreuzberg einen Supermarkt, der Spezialitäten aus Spanien, Portugal und Südamerika anbietet. Peruanische Chilisorten gibt es dort tiefgefroren, getrocknet oder als Paste im Glas. Wobei die Paste je nach Chilisorte höllisch scharf sein kann, weil die Hersteller die Kerne mitverwenden, und die enthalten einen Großteil des für die Schärfe verantwortlichen Capsaicins. Im Peru-Kochbuch steht deshalb immer: Kerne und Membran der Schoten entfernen.

Das Kochbuch

Das dicke Buch mit dem farbenfrohen Einband ist erstaunlich schwer (knapp 1,5 kg bei 432 Seiten), enthält rund 500 Rezepte und laut Verlag auch 800 Illustrationen. Damit sind wohl die bunten Ränder gemeint, denn Fotos findet man nur auf jeder 3. Seite, und die sind meist, aber leider nicht immer attraktiv (optischer Tiefpunkt: Dunkler Milchreis in einem Alustieltopf auf S. 339).

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Die rund 500 Rezepte sind klar in Kapitel gegliedert (Ceviche, Streetfood, Suppen & Eintöpfe, Reis, Pfannengerichte & Tacu Tacus, Chilis, Fleischgerichte, Desserts & Süsses, Getränke), der Index ist hervorragend und erfasst auch einzelne Zutaten. Die Rezepte sind kurz und bündig, mit exakten Zeitangaben. Kleiner Tipp: Wer noch nie von Mise en place gehört hat, sollte das jetzt nachholen.

Die Herausforderung

Das Peru-Kochbuch von Gastón Acurio ist keine Einführung in die peruanische Küche, sondern eher eine umfassende Sammlung von Rezepten aus allen Regionen des Andenstaats. Ob Fisch- und Fleischesser, Veganer oder Zöliakier, Single oder Familienkoch: hier wird jeder fündig.

Eine besondere Herausforderung liegt jedoch in der Beschaffung der spezifisch peruanischen Zutaten, angefangen bei gelben Chili (Aji amarillo) bis hin zum Küchenkraut Huacatay. Die Umsetzung ist dann wieder einfach, wobei die Rezepte bei der Reihenfolge der Zubereitung und den angegebenen Garzeiten teilweise korrigiert werden müssen. Insbesondere die Mengenangeben für Chilipasten und Limettensaft sind mit Vorsicht zu genießen: bei gekaufter Paste aus dem Glas statt 1 EL nur 1 TL verwenden und dann entsprechend abschmecken. 1 Standard Limette aus dem deutschen Supermarkt ergibt ca. 50 ml Saft, wenn im Rezept der Saft von 20 Limetten verlangt wird (= 1 Liter), würde ich zu 250 ml raten und dann nach Bedarf steigern.

Was ich vermisst habe, ist eine kleine Einführung zu den Gericht-Gruppen, z.B. bei Ceviche: worauf es prinzipiell ankommt, was man wie variieren kann – all das muss man sich hier selbst erarbeiten. Das Buch wurde für den internationalen Markt konzipiert. Deshalb gibt es keinerlei Hinweise auf Bezugsquellen und kaum Angaben dazu, wie man welche Zutat ersetzen kann. Das erschwert den Zugang, macht das Ganze aber andererseits umso aufregender.

 Auf den ersten Blick bietet das Buch eine Fülle einfacher Rezepte, auf den zweiten Blick ist es jedoch schwer zugänglich wegen der landesspezifischen Zutaten. Wenn man sich aber eingefuchst hat – und das habe ich –, dann ist es eine tolle Fundgrube für neue Lieblingsgerichte.

Veröffentlicht im März 2016

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