Fünf Sterne: Valentinas Liebling – zum Schwärmen gut.
Eine meiner ersten Fernreisen führte mich nach Sichuan und bereits der erste Restaurantbesuch war ein Erlebnis: Nicht nur dass die Leute dort die Hühnerknochen beim Essen einfach auf den Boden warfen (und dieser dementsprechend übersät mit Knochen war), vielmehr verblüffte mich der mir bis dahin unbekannte Geschmack des Sichuanpfeffers. Damals habe ich mir noch ein Päckchen mitgenommen und ehrfurchtsvoll sparsam verwendet, heute erhält man ihn glücklicherweise in jedem gut sortieren Asiamarkt. Dennoch: Kochbücher, die ihren Fokus auf der Küche Sichuans haben, sind rar. Mit umso mehr Freude hielt ich das rote Buch mit goldenen Lettern in Händen.
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Die Britin Fuchsia Dunlop gilt als „die“ Expertin, wenn es um die Küche Chinas und vor allem Sichuans geht. Als 2001 Dunlops erstes Kochbuch „Sichuan Cookery“ in England erschien, war die Küche der Provinz zwar in China berühmt, bei uns jedoch weitgehend unbekannt. Das änderte sich rasch, die Begeisterung schwappte über und im Jahr 2010 wurde Chengdu, die Hauptstadt Sichuans, sogar als erste asiatische Stadt von der UNESCO zur „City of Gastronomy“ gekürt.
Dunlop war als „Trendsetterin“ jedoch bereits in den 90er-Jahren für ihr Chinesischstudium in Chengdu. Begeistert von der lokalen Küche nahm sie nebenher privaten Kochunterricht am „Sichuan Higher Institute of Cuisine“ und wurde sogar bald darauf als erste Ausländerin als reguläre Studentin aufgenommen.

Das vorliegende Buch ist nun eine überarbeitete Version des Erstlingswerks und das erste Kochbuch der Autorin, das nun auch auf Deutsch erscheint. Mit Freude begebe ich mich mit Dunlop auf die Reise und schwelge in kulinarischen Erinnerungen: Ich stelle fest, dass der Geschmack des Sichuanpfeffers, den Dunlop als „Aroma mit Noten von Holz, Zitrusschalen und sommerlichen Düften“ beschreibt, für mich absolut nichts an Faszination eingebüßt hat.
Ein umfassendes Nachschlagewerk für Fans der Sichuan-Küche
Der Einband des fast 500 Seiten dicken Kochbuches ist chilirot und lässt schon ahnen, dass es bei dieser Küche heiß hergeht. Dunlop, die Sichuan vielfach besucht hat, bietet eine spannende Einleitung über Land und Leute und einen umfassenden Einblick in Zutaten und Zubereitungstechniken. Es empfiehlt sich auf jeden Fall der Besuch eines gut sortierten Asiashops, aber nur wenige Spezialzutaten sind nötig, um in die Welt Sichuans einzutauchen.
Fuchsia Dunlop:
„Einer so wunderbaren, komplexen und vielfältigen Küche wie der Sichuans in einem einzigen Buch gerecht zu werden, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Dennoch hoffe ich, dass es Ihnen mehr als nur eine grobe Ahnung davon vermitteln kann.“
Ein festliches Essen in Sichuan beginnt laut Dunlop immer mit einer Auswahl von kalten Gerichten – so startet sie auch in den umfassenden Rezeptteil, der von Tofu, Gemüse, Nudeln bis hin zu Hotpots alles abdeckt. Auch Süßspeisen und Anleitungen zur eigenen Herstellung diverser Würzmittel und Brühen dürfen nicht fehlen. Nicht alle Rezepte sind bebildert, aber das stört nicht – schon beim Lesen der Rezepte, die alle seitlich eine Erläuterung zu Geschichte und Tipps enthalten, läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Die Rezepte sind sehr übersichtlich, nur Zeitangaben, wie lange man für das Zubereiten braucht, wären noch für einen raschen Überblick hilfreich.
Ein Feuerwerk an Geschmackserlebnissen
Eines sei vorab gesagt: Die Küche Sichuans prägt ein würzig-scharfer Charakter, wenn man sich genau an die Angaben des Buches hält, wird es wirklich „spicy“. Ich habe bei den meisten Rezepten daher parallel auch eine Kinderversion mit weniger Schärfe zubereitet. Bei der Fülle an ansprechenden Rezepten habe ich wirklich die Qual der Wahl – und so entscheide ich mich, mit jenem Gericht zu beginnen, das ich damals in Chengdu als erstes probiert habe: Gong-Bao-Garnelen mit Cashewkernen. Und ja, es ist authentisch. Genau dieser Geschmack hat mich vor Jahren in den Bann gezogen – scharf, knusprig und auch süßlich, einfach unbeschreiblich gut.

Und egal, was wir probieren, ob „Fischduftende“ Auberginen, Mapo-Tofu oder Gedämpfte Eiercreme mit Schweinehackfleisch, jedes Gericht löst bei Jung und Alt Begeisterungsstürme aus. Sogar unser Weihnachtsessen im vergangenen Jahr stand im Zeichen der Küche Sichuans, und obwohl ich gefühlt Unmengen verschiedener Gerichte zubereitet habe, blieb kaum etwas übrig.
Die meisten Rezepte haben nur wenige Zutaten und doch sind sie dank der gekonnten Würzung geschmacklich vielschichtiger als viele europäische Rezepte. Rasch zubereitet eignen sie sich – sobald man einige Grundzutaten hat – für exotische Abendessen unter der Woche oder um abenteuerlustige Gäste zu verblüffen. Mit Öl wird – wie häufig in der chinesischen Küche – nicht gespart, daher haben wir teilweise auch die angegebene Menge reduziert (aber wenig geschmackliche Einbuße erlebt). Nach vielen nachgekochten Rezepten und noch vielen zu probierenden Rezepten kann ich nur sagen: Danke, Fuchsia Dunlop für dieses authentische Kochbuch, das den Duft Sichuans seit Wochen durch unsere Wohnung wehen lässt.
Wer sich gerne auf Neues einlässt und auch ein wenig Schärfe nicht scheut, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt. Eine umfassende Einleitung und ein Rezeptteil, der keinen Wunsch offen lässt, zeichnen es aus. Rasch zubereitet und geschmacklich ungemein vielschichtig folgt man Fuchsia Dunlop gerne in jede Ecke Sichuans!
Veröffentlicht im Mai 2023