Fünf Sterne: Valentinas Liebling – zum Schwärmen gut.
Knödel sind aus dem österreichischen Rezeptrepertoire kaum wegzudenken, sei es in Form von Serviettenknödel als Beilage zu einem deftigen Gulasch oder Marillen- bzw. Erdbeerknödel zum Dessert. Und der Germknödel darf auf keiner Skihütte fehlen. Trotzdem ist es ein Gericht, das die Modernisierung ein wenig verschlafen hat, die ihm eine Eigenständigkeit auch auf internationalem Parkett verleihen könnte. Genau diesen Twist verspricht Florian Oberndorfer, ein Knödelkenner und -könner, ihm zu geben. Ob es gelingt?

Knödelgerichte gehören sowohl bei uns in Österreich als auch bei unserem bayrischen Nachbarn zum Grundrepertoire der Küche. Doch aus eigener Erfahrung weiß ich, dass dieses Gericht seine Tücken hat. Ein perfekter Knödel ist flaumig-luftig, ohne jedoch zu zerfallen. Was einfach klingt, ist manchmal eine Gratwanderung, und der bayrische Koch Florian Oberndorfer (Foto links) auf diesem Gebiet ein Spezialist. Seit 25 Jahren hat er sich so gut wie ausschließlich dem Thema Knödel verschrieben. Er betreibt das Wirtshaus in der Au in München und ist auch am Oktoberfest präsent, wo er jedes Jahr eine neue Knödelkreation präsentiert: mit Wasabi- oder Weißwurst- bis hin zum eckigen Knödel hat er seine Gäste dort schon verwöhnt.
Als sein Restaurant während der Pandemie geschlossen war, verkaufte der „Münchner Knödelkönig“ kurzerhand von einem roten Foodtruck aus – dem Knödelmobil – seine Ware. Damals war der „Böner“, ein bayerischer Döner mit Ochsenfetzen, Romanasalat, Tomate und Senfmayonnaise, der absolute Renner.
Diese unbändige Lust am Ausprobieren und Kreieren sticht auch beim ersten Durchblättern des Kochbuchs sofort ins Auge, denn Schwarze Sushireis-Knödel oder Tiramisu-Knödel habe ich bisher noch nie probiert. In der Einleitung legt Oberndorfer dem Leser folgenden Tipp ans Herz: „Seien Sie mutig, kochen Sie mit Liebe und sehen sie Rückschläge als Ansporn.“ Als ich mit dem Formen der Sushireis-Knödel kämpfe, denke ich genau an diese Worte.
Knödel – die erste Konserve der Menschheit
Sein Kochbuch ist sozusagen eine Knödelbibel, die auf liebevolle, aber sehr umfassende Weise auf den ersten 40 Seiten Geschichte und technisches Handwerkszeug vermittelt. Wer hätte gedacht, dass der Knödel die erste Konserve der Menschheitsgeschichte war? So wurde Nahrung schon 3000 v. Chr. mit eingedicktem Brei aus geschrotetem Getreide umhüllt, um sie haltbar zu machen.

Aber neben dem faszinierenden geschichtlichen Abriss sind Obendorfers praktische Tipps, wie man einen Knödel perfekt abdreht, ein guter Leitfaden. Von dem Hinweis, dass man zu einer zu kompakten Masse Milch hinzugibt, während wenn der Teig zu weich ist, am ehesten Semmelbrösel verwendet werden können (da zusätzliches Mehl den Teig eventuell zu klebrig werden lässt), mache ich bei der Rezension häufig Gebrauch.
Es werden dann Knödel für alle Lebenslagen vorgestellt: von Suppen über Vor- und Hauptknödel bis hin zu internationalen und süßen Knödeln reicht das Repertoire. Die Rezepte selbst sind gut strukturiert, die Angaben der Zubereitungszeiten passen. Die Bilder, die jedes Rezept begleiten, sind farblich mit der jeweiligen Knödelart gut abgestimmt, um sie optimal zur Geltung zu bringen. Was sehr angenehm auffällt, ist, dass jeder Knödel mit passender Beilage serviert wird. Der Knödel spielt also die Hauptrolle und wird seinem Schattendasein enthoben.
Knödel in allen Farben & Formen
Erstaunlich abwechslungsreich sind die Grundmassen der Knödel. Neben dem Klassiker Toastbrot finden sich Ricotta, Sushireis, Tofu oder Kichererbsen als Basiszutaten. Es fällt mir wirklich schwer, eine Auswahl zu treffen, wo mich doch so viele Knödel anlachen. Ich entscheide mich zunächst für die Polenta-Parmesan-Knödel auf mediterranem Gemüsesugo. Auch wenn sie aufgrund der Abkühlzeit der Polenta mit 3½ Stunden etwas zeitaufwendig sind, sind sie sofort ein Renner: Leicht zu formen und etwas süßlich im Geschmack können sie gut mit dem kräftigen, mediterranen Gemüsesugo mithalten.
Die Knödel mit Toastbrotbasis erfordern etwas mehr Fingerspitzengefühl: Bei den Parmaschinkenknödeln muss ich einiges an Semmelbröseln dazugeben, bis ich eine formbare Masse erhalte. Diese besteht das Probeknödelkochen dann jedoch auf Anhieb.
Florian Oberndorfer:
„Mir macht alles, was mit Knödeln zu tun hat, riesigen Spaß. Ich lasse mich durch Rezepte aus aller Welt inspirieren. Auch wenn die Entwicklung so manchen Knödels schlaflose Nächte gekostet hat, bis seine Zubereitung perfekt war.“
Im Übrigen sind nun die getrockneten Semmelwürfel, die in vielen österreichischen Rezepten als Grundlage für Knödel verwendet werden, aus meinem Haushalt verbannt. Mit Toastbrot werden sie unvergleichlich saftiger und luftiger.
Vor allem die internationalen Varianten haben es uns angetan: Die Sushireis-Knödel stehen ganz oben auf unsere Favoritenliste fürs nächste Picknick – die Kombination aus cremiger Fülle, süßlichem Reis und nussiger Sesamhülle ist genial. Nur bis ich die richtige Dicke der Hülle herausgefunden hatte, hat es ein wenig Zeit gebraucht. Die Tofuknödel in Asia-Gemüsebrühe sind ein wärmender Wintergenuss. Bisher waren wir mit den pikanten Knödeln so beschäftigt, dass wir die süßen Varianten noch nicht durchprobiert haben, aber das wird demnächst nachgeholt.
Der Kreativität der Knödelzutaten scheint in diesem Buch keine Grenze gesetzt zu sein und ich fühle mich ermutigt, in Zukunft bei der „Restlverwertung“ auch durchaus mal einen neuen Knödel zu erschaffen.
Auch wenn Knödel für mich keine Unbekannten waren, habe ich bei dem Buch sowohl geschichtlich als auch technisch viel Neues erfahren. Es eignet sich sowohl für Einsteiger als auch für Fortgeschrittene. Wer in die moderne Knödelwelt eintauchen will, ist hier genau richtig: Von Klassikern wie Bio-Kasknödeln bis hin zu Sesam-Curry-Knödeln kann jeder seinen Favoriten finden.
Veröffentlicht im April 2022
Liebe Katharina,
ihr habt mich mit Euren Knödelbüchern und -rezepten jetzt richtig neugierig gemacht, so dass ich gleich meine Knödelküche gestartet habe. Erfolgreich! Und lecker! Nun bleibt noch die Frage, ob es auch noch ein Knödelkochbuch sein darf……
Da stellen sich mir 2 Fragen:
– „Das königlich bayrische Knödelbuch“ von Florian Oberndorfer aus dem Jahr 2011 wurde von Simone Brokmeier mit nur 3 Sternen bedacht. Das neue Buch von ihm „Knödel“ von 2021 bekam nun von Julia Eckl-Dorna die volle Punktzahl, nämlich 5 Sterne.
– „Das beste aus der Knödelküche“ von Ingrid Pernkopf & Christoph Wagner aus den Jahr 2014 wurde von Heike Dölling mit nur 2 Sternen durchgewunken. Das neue Buch der beiden „Knödelschatz“ von 2021 bekam von Dietmar Adam 4 Sterne.
So weit es ging, habe ich mit Hilfe des „Blick-ins-Buch“ recherchiert, dass in den neuen Büchern auch alte Rezepte mit übernommen wurden.
Da stellt sich mir die Frage: Haben die Köche sich in den Jahren derart gesteigert? Oder liegt es einfach an den verschiedenen Geschmäckern oder Ansprüchen der Rezensenten. Das habe ich im Laufe der Jahre auch schon festgestellt.
Über eine erhellende Erklärung würde ich mich sehr freuen!
Herzliche Grüße
Birgitta
Liebe Birgitta, das freut mich. Zu Deiner Frage: Ich würde sagen, dass gerade dieses Buch eine deutliche Steigerung ist im Hinblick auf die Qualität der Rezepte (besonders wichtig für die Sterne), breiteres und tieferes Konzept des Buches und int. Auswahl der Rezepte. Ich habe mir dieses auch jetzt gekauft und bin sehr begeistert. Herzlichst Katharina