Drei Sterne: Hat Stärken, aber überzeugt nicht ganz.
Porridge zum Frühstück ist genial. Gut verträglich, lecker, satt machend. Leider habe ich diese Qualitäten erst sehr spät entdeckt. Zu übermächtig war der schreckliche Begriff „Haferschleim“, der durch meine Kindheit geisterte. Den aß man nur, wenn es einem wirklich miserabel ging. Und er schmeckte so, wie es klang.
Das neue Buch von Fern Green zeigt die andere, auch optisch schöne Seite von Porridge. Das Buch ist nicht nur angenehm handlich im Format, es macht auch durch die klare Struktur und die schönen Bilder Lust aufs Ausprobieren. Jedes Rezept wird auf zwei gegenüberliegenden Seiten präsentiert, immer rechts das verführerisch aussehende fertige Gericht als großes Foto und links der Weg dahin, die Zutaten, die auf kleinen Bildern vorgestellt werden, zusammen mit dem Rezepttext. Beim Durchblättern gewinnt man so den Eindruck einer reichen Fülle an Möglichkeiten (70 Rezepte), die sich durch diverse gesammelt vorangestellte Toppings noch erhöhen.
Da reibe ich mir die Augen und denke: Was habe ich bis jetzt verpasst? Neu waren für mich die drei Zubereitungsarten: kaltes, nur eingeweichtes Porridge (overnight oats), gekochtes und cremiges Porridge. Haferflocken werden nur gelegentlich durch anderes Getreide wie Buchweizen(-flocken) oder Quinoa ersetzt. Dazu kommen noch zahlreiche Nüsse, Körner, Früchte und Muse. Und in aller Regel wird noch ein knuspriges Topping aufgebracht. Die Kombination von cremigen und knusprigen Teilen klingt vielversprechend und liegt im Trend.
Das tun auch die eingesetzten Samen und Nüsse und schicken mich zunächst auf eine umfangreiche Einkaufstour. Fazit: Will man diverse Rezepte ausprobieren, benötigt man ein breites Repertoire an recht teuren Zutaten. Zwei Nussmuse und ein Beutel Buchweizenflocken brachten es auf 24 Euro. Ein preiswertes Frühstück sieht anders aus. Kuhmilch wird gar nicht verwendet, ohne dass hierfür Gründe genannt werden. Diese Leerstelle hat mich irritiert, denn fertig gekaufte Getreidedrinks erhöhen den Preis weiter. Allerdings war ich neugierig, ob sie das Porridge geschmacklich bereichern.
Meine Versuche mit den drei Zubereitungsarten waren schnell erledigt. Kaltes Porridge ist meine Sache nicht, ebenso wenig das musige, das an Babybrei erinnert. Das ist natürlich Geschmackssache, schließlich sind Smoothies gerade sehr beliebt, und im Sommer bevorzugen manche vielleicht eher etwas Kaltes. Für mich ist Porridge ein magenwärmendes Gericht, das Original, und hierfür bietet das Buch eine Fülle an Variationen. Konzentriert habe ich mich auf die möglichen geschmacklichen Zugewinne durch die meist teuren Zutaten. Hier war ich enttäuscht von den Getreidedrinks – sie waren kaum herauszuschmecken. Die verschiedenen Nüsse und Samen sind die Grundlage der vielen Varianten und lohnen die Erprobung. Einige Toppings fand ich ganz lecker, z. B. geröstete Chiasamen und Kakaopulver auf Erdbeeren. Allerdings wird deren Herstellung nur vorne gesondert erläutert, man muss viel hin- und her blättern.
Lohnt also dieses Kochbuch zum Thema Porridge? Als Ideengeber ist es ausgezeichnet geeignet, weil man es als Baukasten begreifen kann. Die Toppings werden gesammelt vorgestellt und können nach Geschmack verwendet werden. Bei den drei Zubereitungen kann man seinen eigenen Favoriten herausfinden. Das gilt auch für die zahlreichen Samen, Nüsse und Getreide. Ich habe festgestellt, dass ich vor der Lektüre des Buches quasi schon das persönliche Optimum (die warme Variante mit Kuhmilch) erreicht hatte, aber dennoch wird die eine oder andere Zutat in meinem Repertoire hängen bleiben. Übrigens ein Tipp: Porridge kocht man wirklich mühelos im Serviergeschirr in der Mikrowelle und spart Abwasch.
Veröffentlicht im Januar 2020