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Katharina Höhnk

Kochbuch von Fabio Haebel: It’s Market Day ★★

It’s Market Day –
Die angesagtesten Märkte Europas
Fabio Haebel
Fotos: Timon Koch
Brandstätter Verlag (2017)
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Zwei Sterne: Begeisterung sieht anders aus.

Julia Eckl-Dorna

Von

Wer mag ihn nicht: Den Flair von Märkten, wenn man in eine unbekannte Stadt kommt – einfaches lokales Essen und kleine Stände, an denen man neue Inspirationen für seine eigenen Kochexperimente findet. Leider findet das in Fabio Haebels Kochbuch „It’s Market Day“ keinen Platz. Aber nicht nur das.

Begonnen hat der Autor eigentlich im Kunstcatering. 2011 eröffnete er dann in Hamburg das Bistro „Tarterie St. Pauli“, das mit der Zeit zum Restaurant Haebel wurde. Dort wird nun eine Mischung aus Nordic Cuisine mit französischen Einflüssen gekocht, was sehr gut ankommen soll. Von dieser Raffinesse ist in seinem „It’s Market Day”-Kochbuch leider wenig zu spüren.

It’s Market Day or It’s Self Marketing?

An Selbstvertrauen mangelt es Fabio Haebel definitiv nicht – von fast jeder Fotoseite (und derer gibt es viele …) lächelt er herunter. Der Flair der Märkte tritt so in den Hintergrund.

In dem Buch werden acht Märkte in verschiedenen Städten Europas wie zum Beispiel Berlin, Paris, Kopenhagen oder Wien vorgestellt, zu jedem Markt folgen acht bis zehn Rezepte. Der Untertitel des Buches – „Die angesagtesten Märkte Europas“ – klingt ja spannend, allerdings: Als ich als einen dieser acht den Naschmarkt in meiner Heimatstadt Wien entdecke, stutze ich bereits etwas. Diese Touristenfalle einer der angesagtesten Märkte Europas? Da würden mir in Wien andere einfallen.

Je länger ich in dem Buch lese, desto mehr beschleicht mich das Gefühl, dass hier die Märkte sehr oberflächlich recherchiert wurden. Auf jedem Markt hat sich der Autor als „Guide“ den Besitzer eines der hippsten Restaurants des Markts ausgesucht und durch dessen Augen lässt Haebel den Leser mehr oder weniger den Markt kennenlernen.
Hier kann ich wiederum den Bericht aus Wien am besten beurteilen – ob Haya Molcho, die dort erst seit 2009 ihr Restaurant betreibt und ihre Produkte auch in den diversen Supermärkten Wiens vertreibt, den seit 1916 existierenden Naschmarkt und seine Stände wie ihre Westentasche kennt, bleibt dahingestellt.

Viele gute Zutaten – enttäuschendes Ergebnis

Auch rezeptmäßig wird das Kochbuch mich nicht überzeugen. Dass die Gerichte für die jeweiligen Länder, wo der Markt sich befindet, nicht immer typisch sind, ist dabei nur ein kleines Detail am Rande. So würde ich intuitiv nicht unbedingt „Banh Bao Buns“ mit Berliner Spezialitäten oder „Naan-Brot mit schwarzem Sesam“ mit Wiener Küche in Verbindung bringen.

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Fabio Haebel bei Instagram

Restaurant Haebel in Hamburg

Die meisten Rezepte sind zwar relativ einfach nachzukochen, allerdings ergeben die vielen Zutaten nie ein geschmacklich stimmiges Ganzes. So werden beim Gericht „Bitterballen im Chapatibrot mit Saté“ aus Amsterdam die Fleischbällchen zwar gut, doch von einer zu intensiven, nach Erdnussbutter schmeckenden Sauce erschlagen. Ähnlich ergeht es der Paella – neben Schweinefleisch, Hähnchenbrust und Chorizos auch noch die verschiedensten Muscheln und Garnelensorten dazuzugeben, geht einfach schief. Enttäuscht stellen wir fest, dass die doch aufwendige Paella eigentlich völlig belanglos schmeckt. Bei den Empanadillas mache ich nur die Hälfte der angegebenen (zugegebenermaßen nicht sehr originellen Spinat-Schafskäse-)Fülle, und dennoch hat sie nicht in den Teigtaschen Platz. Auch sie kommen bei Weitem geschmacklich nicht an die Empanadas heran, die ich bei spanischen Freunden gekostet habe.

Fabio Haebel versucht hier, ein Buch über die moderne Marktkultur in Europa zu verfassen, doch seine Darstellung wirkt auf mich oberflächlich recherchiert. Viel Bekanntes, viel eher vermeintlich Hippes. Die Rezepte setzen den misslichen Eindruck fort. Ambitioniert bezüglich der Zutaten, geschmacklich hat mich jedoch keines der probierten vier überzeugt.

Veröffentlicht im April 2018

2 Kommentare

  1. Julia

    Hallo Thea, Danke für Deine Zeilen. Ich bin auch kein Freund der Bücher wo Protagonisten mir ständig entgegenlächeln, aber versuche solche „Äußerlichkeiten“ beim Nachkochen immer auszublenden, denn da geht es ja wirklich um die Qualität der Rezepte. Der Naschmarkt – ein Hype den ich nie verstehe wenn ich mal zufällig dort Samstag Vormittag vorbei muss und sich die Touristen stauen… Karmelitermarkt hingegen – noch nie gehört 🙂 nur schon oft dortgewesen und das Ambiente genossen.
    In Berlin wird übrigens Markthalle Neun vorgestellt. Dort traf er sich mit Claudia Gödke einer Food-Fotografin, Köchin und Stylistin in einem, die ihm „ihre“ Halle Neun zeigte. Bin mit Berlin zu wenig vertraut um dort eine qualifizierte Meinung zu seiner Marktwahl abzugeben. Freut mich dass auch kritische Rezensionen begeistern – ist ja die Aufgabe von uns Rezensenten dem Kochbuch gnadenlos „auf den Zahn zu fühlen“… Liebe Grüße Julia

  2. Thea

    Vielen Dank für diese Rezension. Ich finde es wichtig, dass auch kritisch gelesen (und nachgekocht) wird. Schon wenn Protagonisten dauernd zu sehen sind, hält mich das vom Kauf ab. Und dass der Naschmarkt nach wie vor gehypt wird, ist schlicht ein Ärgernis. Aber den Karmelitermarkt verraten wir nicht, gell? Die erwähnte Länderzuordnung einzelner Rezepte… Na ja.
    Mich würde ja interessieren, welchen Markt hier in Berlin der Meister „top“ findet.
    Nochmals Danke für die Offenheit.

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