Fünf Sterne: Valentinas Liebling – zum Schwärmen gut.
Als ich vor rund 15 Jahren als Rucksacktouristin Sri Lanka bereiste, lernte ich es von zwei gegensätzlichen Seiten kennen: einerseits bittere Armut und Bürgerkrieg, aber andererseits unglaublich freundliche und hilfsbereite Menschen und fantastisches Essen. Geblieben ist mir vor allem die Erinnerung an Teeplantagen, buddhistische Tempelanlagen, deftige Frühstücke mit Hoppers und eine Unzahl an köstlichen Currys. Mithilfe von Emily Dobbs wollte ich diese wieder aufleben lassen.
Emily Dobbs ist Engländerin, die bereits in ihrer Kindheit häufig in Sri Lanka ihren Onkel besuchte, der dort ein Boutique-Hotel betrieb. Als Kind machte es ihr Spaß, Curry wie die Einheimischen mit der rechten Hand statt mit der Gabel zu essen – eine Idee, die meine Kinder übrigens mit Freude aufgegriffen haben. Sie entwickelte ein Faible für Experimente, egal ob in der Kunstschule, wo sie studierte, oder in der Küche, wo sie sich mit Freuden dem Nachkochen ihrer Lieblingsgerichte aus Sri Lanka widmete. Essig landete nicht nur im Essen, sondern auch mal auf der Leinwand, um diese zu erodieren und ihre Strukturen zu verändern.
Diese Freude am Experimentieren, zu der sie in ihrem Kochbuch auch ermutigt, teile ich eindeutig mit ihr. Während die Autorin (Foto links) in verschiedenen Restaurants Londons jobbte, ließ sie die sri-lankische Küche nicht los. Einem kleinen „Hopper-Stand“, wo sie das „Weißbrot“ Sri Lankas in verschiedenen Variationen anbot, folgte ein Restaurant in Central London und nun ein Kochbuch.
Schon in der Einleitung schreibt sie, dass sie sich an asiatischen Einflüssen orientiert, jedoch Zutaten verwendet, die in Europa problemlos erhältlich sind. Hier mag man kritisieren, dass die Authentizität leidet. Ich fand es jedoch beim Nachkochen äußerst praktisch, nicht mit einer langen Einkaufsliste zum asiatischen Shop pilgern zu müssen, sondern mit einem gut sortierten Gewürzschrank einfach drauflos kochen zu können.
Kein starres Regelwerk, eher eine Art Leitfaden
Man erhält zu Beginn eine ausführliche Einführung in die Zutaten der Küche Sri Lankas, angenehmerweise auch mit Hinweisen, wie man Zutaten wie z. B. Kitulsirup ersetzen kann. Die Autorin möchte, wie gesagt, ihr Buch nicht als starres Regelwerk verstanden wissen, sondern ihr wichtigster Tipp: beim Kochen immer kosten. Ich nehme mir ihren Ratschlag zu Herzen und reduziere die Chilimengen zuliebe meiner Kinder und greife dafür bei anderen Gewürzen stärker hin, je nach Lust und Laune.
Das erste Kapitel widmet sich dem Frühstück und ist nichts für Leute mit schwachem Magen. Denn in Sri Lanka werden bereits am Morgen Chili-Eier oder Tomatencurry-Schakschuka serviert. Einige der Rezepte habe ich als Abendessen ausprobiert, da es mir für ein Frühstück doch zu viel Aufwand war. Es folgen Kapitel mit Snacks, diversesten Currys, Suppen, Süßem und Getränken. Gerade im letzten Sektor gibt es mit Gewürztee und Kurkuma-Latte Neuland zu entdecken. Auch Dressings, Pickles und Toppings für Currys finden in einer eigenen Sektion Platz und runden das Buch ab. Das selbst zubereitete geröstete Currypulver sei jedem Freund asiatischer Küche ans Herz gelegt.
Geniale Rezepte – einfach und inspiriert
Es hilft nichts: Wenn ich über meine Nachkocherfahrungen berichten soll, gerate ich einfach ins Schwärmen. Wir sind eine Familie von Curry-Liebhabern, allerdings ist es nicht immer einfach, diese inklusive diverser Currypasten nach einem Arbeitstag noch zu kochen. Ganz anders bei diesem Kochbuch, es wird mit unterschiedlichen Gewürzen, allerdings nicht mit Currypasten gearbeitet. Auch wenn manchmal die Gewürze bei den Currys ähnlich klingen, so entwickelt doch jedes einen unverwechselbaren, eigenen Geschmack. Ob Süßkartoffelcurry, Mangocurry oder Eiercurry – wir haben sie alle verschlungen.
Besonderer Favorit meiner Kinder bleibt das Fischbällchencurry, das ich noch oft werde kochen müssen. Faszinierend, wie eine schlichte Mischung aus Curryblättern, geröstetem Currypulver, Kurkuma und Chilipulver mit den Fischbällchen einen so runden Geschmack ergeben kann.
Auch an den berühmten Hoppers habe ich mich probiert, die ich während meines Urlaubs in Sri Lanka so gerne gegessen habe. Das Rezept von Emily Dobbs ging einmal um die westliche Social-Media-Hemisphäre. Zugegebenermaßen, es ist nicht ganz einfach. Da ich mir den „Geheimtipp“ Trisol (eine Weizenfaser, die auch in der Molekularküche Verwendung findet) nicht bestellt habe, wurden meine Hoppers vielleicht nicht ganz so knusprig, aber sie waren trotzdem sehr gut. Sicher sind die Rezepte nicht hundertprozentig authentisch sri-lankisch, aber wen kümmert das, wenn sie einfach fantastisch schmecken und (relativ) schnell zubereitet sind?
Wer gerne sri-lankisch inspirierte Küche genießen möchte und am Feierabend noch rasch ein perfekt ausgewogenes Curry zubereiten will, den wird dieses Kochbuch (so wie mich) nicht loslassen. Der Verbrauch an Kokosmilch in meiner Küche stieg während dieser Rezension exponenziell an. Auch die Zubereitung von Hoppers bis selbst gemachtem Panir (asiatischer Frischkäse) für das „Matar Panir“-Curry ist kein Problem. Ein Kochbuch, das mich und meine currywütige Familie noch oft begeistern wird.
Veröffentlicht im September 2019