Fünf Sterne: Valentinas Liebling – zum Schwärmen gut.
Willkommen auf der dunklen Seite! Wenn Lieblingsautorin und Lakritzkönigin Elisabeth Johansson ruft, folge ich gerne, und kann mit Freude berichten, dass der Weg auf die dunkle Seite mit hinreißenden Lakritzitäten gepflastert ist. Dass Lakritz als Süßigkeit meinen Geschmack trifft, stand außer Frage. Aber Lakritz mit Lachs, Ente oder Lamm?
Wer sich in Johanssons erfahrene Hände begibt, lernt, dass Lakritz mehr kann als nur einen starken, dominanten Geschmack beitragen. Lakritz kann in der richtigen Dosis auch mild, verführerisch, kaum zu erahnen sein. Und gezielt eingesetzt kann es das Geschmacksspektrum um einen lakritzig-herben Ton bereichern, der erstaunlich gut zu den ungeahntesten Zutaten passt. Zum Beispiel zu Blumenkohl.
Aber beginnen wir am Anfang. Die Hauptzutat begrüßt uns in Form von Lakritzwurzeln, Rohlakritzstangen, Lakritzgranulat, gemahlener Lakritzwurzeln und Rohlakritzpastillen. Letzteres sind die kleinen Lakritzrauten oder -kügelchen, die man in Italien in kleinen Blechdosen verkauft, und mit denen mich folgende Kindheitsanekdote verbindet: aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit Pfefferkörnern hatte mein Bruder den Peffer in der Mühle durch Rohlakritz ersetzt. Ich entsinne mich, dass das unwissentlich lakritzisierte Gericht keine kulinarischen Lorbeeren gewonnen hat …
Auf zum Lakritzfestival
Elisabeth Johansson erläutert auf den ersten Seiten die Fakten, wie Lakritz aus dem Saft der Lakritzwurzeln gewonnen wird und welche Heilkraft den Wurzeln inne wohnt, die ersten Rezepte fallen in die Kategorie Hausmittel. Der anschließende Rezeptteil besteht aus sechs Kapiteln, Süßigkeiten, Eis, Gebäck, Desserts, Kochen und Getränke.
Es schließt sich ein Anhang mit Tipps und Informationen wie der Paarung von Lakritz und Wein, einer Anleitung für eine Lakritzprobe, Geschichtliches sowie Informationen zu Lakritzfestivals (unten im Video sieht man die Autorin bei der Eröffnung des Lakritzfestivals 2009) und Bezugsquellen an. Letztere sind für den deutschen Markt angepasst und nennen Händler, die den südlich des Lakritzäquators Gestrandeten wohlbekannt sein dürften. Der hundert Seiten umfassende Rezeptteil lässt mein Herz bereits höher schlagen, ohne dass eine Überdosis Lakritz zu Bluthochdruck geführt hätte.
Süßigkeiten, die offensichtliche Verwendung. Hier gibt es Rezepte für Lakritzschnecken gefüllt mit Kokosmarzipan, verschiedene Lakritzkaramellbonbons, Lollis, Pralinen sowie weiche Lakritzstangen. Eis ist eine Spezialität Johanssons, ihr Lakritzeis ein Liebling unserer Familie. Das Grundrezept stammt fast unverändert aus dem Eisbuch, doch viele weitere, neue Ideen wecken Sommersehnsüchte, z.B. Salzlakritzeis mit Lakritzcurd und schwarzen Himbeeren, Lakritzwurzel- und Apfelsorbet mit Fencheltopping, Kirscheis am Lakritzwurzelstiel. Das geht zur Not auch im Winter.
“Wer nicht wagt, der nicht gewinnt”
Je weiter man sich durch den Band liest, um so mehr regen sich aber auch leise Zweifel. Lakritzgebäck, ist das wirklich nötig? Macarons und Baiser, meinetwegen, aber Lakritzkringel mit Rhabarberdip oder Lakirtzschnecken, muss das sein? Kann das schmecken?
Die Desserts setzen noch einen oben drauf: Lakritzkaramelltörtchen à la Snickers. Erdbeeren mit Lakritzzucker und geschmolzener, weißer Schokolade. Diese Rezepte habe ich zwar noch nicht getestet, aber auf der Basis der nachgekochten Rezepte vermute ich, dass all diese Kreationen nicht nur funktionieren, sondern auch nicht-Lakritz-Esser mit an Bord nehmen könnten.
Blumenkohl + Lakritz = …
Mein Selbsttest begann, ganz nach dem Motto “wer nicht wagt, der nicht gewinnt”, mit der Herausforderung, mit Lakritz zu kochen. Jakobsmuscheln mit einer Lakritzbalsamicoreduktion schien kein allzu großes Risiko, denn dass Fisch und Anis harmonieren, ist bekannt. Die Lakritzsoße habe ich vorsichtig um die Jakobsmuscheln verteilt, sodass man sie auch hätte vermeiden können. Die große Überraschung war jedoch nicht, dass die Soße gut zu den Jakobsmuscheln passte, vielmehr, dass Blumenkohl und Lakritz eine Liebesheirat eingehen. Wer hätte das gedacht?
Dass die Fischsuppe mit Lakritzwurzel mundete, deckte sich mit meinen Erwartungen – aber sollte man wirklich ein großes Stück Lachs unwiderruflich mit Lakritzgranulat marinieren? Zugegeben, ich habe ein wenig mit mir gerungen, mich aber entschlossen, Frau Johansson zu vertrauen. Und bin reichlich belohnt worden, dieser Lachs war der beste, den ich seit sehr langer Zeit gegessen habe, und wir haben spontan beschlossen, dass er dieses Jahr Teil unseres Weihnachtsmenüs wird.
Einen Aspekt möchte ich betonen: dass dieses Buch Lakritzliebhaber begeistern kann, steht außer Frage. Interessant ist vielmehr, dass beim Kochen Lakritz so dezent zur Würze eingesetzt werden kann, dass es das Potential hat, durchaus auch die Anti-Fraktion zu überzeugen. Denn Lakritz muss nicht penetrant schmecken, es passt sich auch dezent und harmonisch in komplexe Geschmackskompositionen ein und darf in dieser Art und Weise ebenso vorurteilsfrei verwendet werden wie ein Gläschen Pernod.
Wer noch nicht den Weg zur dunklen Seite gefunden hat, ist eingeladen, sich unter Johanssons kundiger Führung zögernd an das schwarze Gold heranzutasten. Für alle Lakritzfanatiker steht außer Frage, dieses Buch ist ein absolutes Muss!
Veröffentlicht im Mai 2015
Wow, was für ein tolles Buch!
Heute erst aus dem Buchladen geholt und schon voller Klebezettel. Ich fahre demnächst auch in das Heimatland von Frau Johansson und da werde ich mal nach den Zutaten Ausschau halte. Auf jeden Fall bringe ich eine dicke Tube Salzlakritz mit, mmmmhhh! Also, vielen Dank für die Empfehlung!
Gritt
Wenn Du dort Geheimtipps für Lakritzsüchtige entdeckst, teilst Du sie mir uns? Gute Reise, Annick.
endlich wird eine Lakritz Süchtige erlöst.. Auf dieses Buch habe ich gewartet.
Oh, wie schön. War schon einige Zeit in der Pipeline. 🙂