Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.
Die Berliner springen bitte gleich weiter zu Absatz drei, alle anderen sollen kurz wissen, um wen es hier geht. Daniel Grothues, Quiche-Fan und Neu-Autor, ist in der Hauptstadt nämlich kein Unbekannter: Als Inhaber und Betreiber eines ziemlich gefragten Supperclubs namens „Daniel’s Eatery“ bewirtete er schon so illustre Gäste wie Daniel Brühl, Matthias Schweighöfer oder Bryan Adams.
Seit knapp einem Jahr ist er außerdem Kopf des hippen „The Hidden“, einer Koch-Event-Location mit Mittagstisch, Kursen, und Catering – unter anderem. Eine kleine Szenegröße also – auf dessen Studienzeugnissen allerdings ganz andere Dinge stehen. Dinge wie „International Marketing Management“ zum Beispiel und Stationen in den Niederlanden, USA und Spanien. Der Mann ist also nicht nur verdammt erfolgreich, er ist in Sachen Gastronomie obendrein Autodidakt.
Ach ja, und: bescheiden. In seinem Kochbucherstling? Keine Spur von Hype oder Hybris. Das bisschen, was ganz hinten zu Grothues zu lesen ist, vermittelt eher den Eindruck, als hätte sich da einer einfach mal ausprobieren dürfen – einer mit einem schnuckeligen kleinen Supperclub und einem großen Herz für Quiches.
Quiche Lorraine? Kann einpacken!
Wie sehr man sich täuschen kann! Und da geht’s mit den Ahas erst los: Wer Quiche bis dato vor allem in den Darreichungsformen „Lorraine“ oder „Käse“ kannte, was – zugegeben – in Zeiten von Bistros und Blogs – die wenigsten sein dürften, kann sein Repertoire mit Grothues (links ein Foto des Autors) ordentlich erweitern.
Obwohl es unter seinen 40 süßen und salzigen Rezepten auch eher klassische Kombinationen gibt wie Gorgonzola-Walnuss oder Rosenkohl und Speck – sein USP liegt woanders: Bei Thai-Quiche mit Möhren, Papaya, Kokos und Ingwer zum Beispiel, bei Grünkohl-Quiche mit Kaki, bei Lachs-Limetten-Quiche mit ein bisschen Lakritz fürs Finish oder Rote-Bete-Tarte, getoppt von Schlagsahne und weißer Schokolade.
Auch wenn vieles auf den ersten Blick ein bisschen wahnwitzig klingt – der Mann weiß, was er da tut. Grothues scheint ein verdammt gutes Gespür dafür zu haben, was man in einer Tarteform zusammenwerfen sollte (und was nicht). Zumal er auch in Sachen Untergrund keine No-Gos kennt: Wirsingblätter als Boden für eine Pellkartoffel-Hackfleisch-Füllung, verfeinert mit Wasabi; Linsenmehl und gemahlene Mandeln für die Low-Carb-Quiche; Filoteig für erwähnte Thai-Quiche und Quinoa für eine mit Rote-Bete und Feta.
Fotos mit Nachbacktrigger
Dass solcherlei Kühnheiten auch bei denen für einen Nachbackimpuls sorgen dürften, die es sonst eher mit Klassikern halten, liegt an Stefanie Hiekmanns eleganten Fotos. Auf denen ist nämlich exakt die Appetitlichkeit zu sehen ist, die man selber aus dem Ofen ziehen kann – wenn man es eben wagt.
Ein paar Dinge sollte man allerdings wissen, bevor man sich ins Vergnügen stürzt: Grothues‘ Quiches sind üppig – immer. Er liebt Frischkäse als Füllungsbasis, wahlweise Crème fraîche, Schmand oder Sahne. Zusammen mit Eiern, Käse, Fisch, Fleisch oder anderen sättigenden Beigaben wird das mitunter mächtig. Beim ersten Mal – der Rotkohl-Quiche mit Senf und Feta – habe ich großzügig in Vierteln portioniert, und wir konnten hinterher kaum mehr Papp sagen. Also: Eine dieser Quiches reicht für fünf bis sechs, wenn es einen kleinen Salat dazu oder danach ein schönes Dessert gibt. Vorschläge dafür liefert Groethus weiter hinten im Buch: Wie wär’s mit ein bisschen schwarzer Aioli als cremiger Ergänzung zur Pellkartoffel-Quiche mit Wachteleiern? Oder einem Apfel-Cranberry-Kompott mit Zabaione zum Nachtisch?
Alles – bloß kein Fast Food
Ach ja: Auch, wenn so eine Quiche später als praktische Einheit auf dem Teller liegt – für die einzelnen Zubereitungsschritte von Teig bis Topping sollte man ausreichend Zeit einkalkulieren, entsprechende Angaben gibt es nämlich nicht. Unter einer Stunde bin ich nirgends rausgekommen – und meist kam die Backzeit noch dazu. Außerdem braucht es manchmal ein bisschen Augenmaß: Ohne eigenmächtige Wasserbeigabe von zwei, drei Esslöffeln Wasser waren viele von Grothues‘ Mürbeteigen zum Beispiel für mich nicht ausrollbar. Manchmal passten die angegebenen Backzeiten nicht ganz zu Füllung und/oder Ofen. Und überhaupt war das Verhältnis von Füllung und Boden nicht immer optimal.
Das sind angesichts des jedes Mal großartigen Geschmacksergebnisses Kleinigkeiten – die einem Planungen aber ordentlich verhageln können. Falls aus irgendeinem unerfindlichen Grund Reste bleiben sollten: Die schmecken anderntags ganz hervorragend auch kalt!
Das Runde muss ins Eckige: Groethues‘ Tartes und Quiches gehören so sehr in dieses elegante quadratische Buchformat wie bitte ab sofort in ganz viele Öfen der Nation!
Veröffentlicht im November 2017
Habe das Buch zum Geburtstag bekommen (natürlich gewünscht) und habe zu aller erst die Florentiner Tarte ausprobiert. Uffdala… geschmacklich sehr gut aber mehr als ein (kleines) Stück ist nicht zu schaffen 🙂 Bin gespannt auf die anderen Rezepte. Mir gefällt die Aufmachung des Buches sehr, auf einen Blick hat man verschiedene Teigvarianten und auch die Zutatenliste über dem Rezept finde ich praktisch. Das letzte Kapitel mit den Extra Rezepten als Begleitung für die Quiches und Tartes finde ich fantastisch. 🙂