Fünf Sterne: Valentinas Liebling – zum Schwärmen gut.
Für viele Leute wirkt das knisternde Feuer eines offenen Kamins beruhigend – eine ähnliche Wirkung hat auf mich das leise Brutzeln eines Ofengerichts. Dieses Slow Food hat auch einen unschlagbaren Vorteil, wenn Gäste kommen: Man muss nicht in letzter Minute vorbereiten oder anbraten, sondern kann in aller Ruhe den Abend genießen. Oft sind Ofengerichte in Kochbüchern spärlich vertreten, aber Claudio Del Principe hat sie nun zur Hauptsache seines „al forno“-Kochbuchs erhoben.
Zwei Dinge darf man bei Ofengerichten nicht sein: in Eile oder besonders hungrig, denn sie brauchen Zeit. Aber dafür können sie auch ein sehr intensives Aroma entwickeln. So finde ich zum Beispiel eine der einfachsten, aber auch besten Fleischbeilagen im Winter Wurzelgemüse mit etwas Olivenöl und Honig im Rohr gebacken – mehr braucht es nicht. Kurz gesagt: Ich bin eine Liebhaberin von Ofengerichten, von der sommerlichen Peperonata bis zum winterlichen Braten.
Ein „anonymer Koch“ namens Claudio Del Principe
Der Autor Claudio Del Principe (Foto links) ist Foodlover und betreibt seit etwa 10 Jahren den Blog „Anonyme Köche“. Dort hat er die Möglichkeit, sich alle Dinge von der Seele zu schreiben, die „seinen Gaumen stimulieren und seine Sinne ansprechen“. Bereits zwei seiner Kochbücher wurden bei Valentinas mit Begeisterung aufgenommen – und ich kann mich dieser nur anschließen. Del Principe versteht sein Handwerk und so durchströmten während den Wochen der Rezension die unterschiedlichsten Düfte unsere Wohnung, während Hauptspeisen wie BBQ-Chicken oder Desserts wie die Karamell-Nuss-Torte in unserem Ofen schmorten. Letztere ist als eigenständige Variation der Engadiner Nusstörtchen eine echte Empfehlung!
Unglaublich, was ein Ofen so alles kann
Auf einem dunkel gehaltenen Einband leuchtet einem eine Lasagne entgegen. Aber wer denkt, dass es in diesem Kochbuch rein um „klassische“ Ofengerichte geht, hat sich getäuscht. Sogar Risotto wird hier im Rohr zubereitet.
In dem sehr dezent gestalteten Buch werden die Themen Gemüse, Pasta, Fisch, Fleisch, Gebäck, Süßes und auch Snacks behandelt. Die Fotos sind alle vom Autor selbst aufgenommen und ohne viel Aufsehen wird dabei die Speise in den Mittelpunkt gerückt. Seine Begeisterung für „faire“ Lebensmittel und für die Slow-Food-Bewegung kommt auf jeder Seite zum Ausdruck.
Fast alle Rezepte, die ich ausprobiere, gelingen zur vollen Zufriedenheit, einzig das Enten-Ragù kann nicht überzeugen. Dafür sind die dazu servierten Kürbisgnocchi dank des im Ofen gebackenen Kürbisses sehr intensiv und machen einiges wett.
Claudio Del Principe ist in allen Küchen der Welt zu Hause, nicht nur in der Italienischen, und so reihen sich neben Pastagerichten auch „Gemüse in Salzkruste“, arabisch inspiriertes „Tausendundein Traumduft“ oder „Beef Short Ribs in Guinness geschmort“ ein.
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Eines ist all diesen Gerichten gemeinsam: Ihnen wird genügend Zeit zum Schmoren gelassen. So sind Garzeiten von mehreren Stunden keine Seltenheit und erfordern eine gewisse zeitliche Planung. Allerdings sind die meisten Zeitangaben und Rezeptbeschreibungen sehr präzise, sodass man nach Lektüre des Rezepts leicht planen kann. Nur bei der Karamell-Nuss-Torte suche ich vergeblich die Angabe für das Salz im (in der Einleitung angepriesenen) „göttlichen Salzkaramell“. Aber die geriebene dunkle Schokolade auf cremigem Nusskaramell lässt einen den Fehler schnell verzeihen, das Salz fehlt einem bei diesem ausgewogen bitter-süßen Aroma nicht.
Ein Kochbuch für Liebhaber von Slow Food – Rekordgarzeit sind 12 Stunden für das zartgeschmorte Federstück. Claudio Del Principe gibt den Speisen Zeit, ihr maximales Aroma zu entwickeln – und das (fast) ohne Arbeit, man muss nur warten können. Am besten bei einem guten Glas Rotwein.
Veröffentlicht im Oktober 2019