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Katharina Höhnk

Kochbuch von Christian Krabichler: Pur – Rezepte aus der neuen deutschen Küche

Pur – Rezepte aus der neuen deutschen Küche
Christian Krabichler, Fotos Carolin Friese
Christian Verlag (2014)
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Ein Stern: Am besten umtauschen.

Annick Payne

Von

Christian Krabichlers “Rezepte aus der neuen deutschen Küche” versprechen gesunde Ernährung und unverfälschten natürlichen Genuss. “So schmeckt das gute Leben!” wirbt der Buchrücken. Ich war sehr gespannt auf diese neue, durch die japanische Zen-Philosophie beeinflusste deutsche Küche, die in minimalistischen Aufmachung daher kam und appetitlich aussah. Ein vielversprechendes Thema. Leider bewahrheitet sich, dass gut gemeint nicht zwangsläufig gut gemacht ist.

Der Autor, der sich selbst als Lifestyle-Journalist bezeichnet, wird in der Kurzvorstellung mit dem Satz “Essen kann glücklich machen, wenn es richtig gut schmeckt” (S. 186) zitiert. Eben diesen guten Geschmack habe ich in seinem Buch gesucht, aber nicht gefunden. Eher vage bleiben die Inhalte die beiden Stichwörter des Titels, pur und neue deutsche Küche. Krabichler bezeichnet seine Küche als “deswegen deutsch, weil gerade hierzulande längst Einflüsse aus der ganzen Welt – Produkte, Gewürze, Zubereitungsarten – zu einer aufregenden Fusion gelangt sind, die unsere Essgewohnheiten ein für alle Mal verändert hat. … die deutsche Küche hat längst einen globalen Geschmack” (S. 10; 12). Also deutsch ist, was einem Deutschen schmeckt?

Etwas einfacher ist der Zugang zum Begriff pur, dem sich der Autor in mehreren Schritten nähert: neben frischen, möglichst biologisch angebauten Zutaten gehören auch achtsamer Umgang mit diesen beim Kochen und beim Verzehr der sorgsam angerichteten Mahlzeiten dazu. Nun, der Bezug auf frische, qualitativ hochwertige Zutaten kann nicht überraschen – doch warum greift Krabichler dann auf TK-Blätterteig (S. 176) und Butterkekse (S. 179) zurück und verwendet Kichererbsen aus der Dose (S. 79)? Diese kleinen Ungereimtheiten wären ebenso verzeihlich wie der gelegentliche Flüchtigkeitsfehler in den Rezepten (so wird beispielsweise fürs Gemüsebulgur Knoblauch gehackt, aber nicht weiter verwendet (S. 80)), wenn der Band mit schmackhaften Rezepten auf eine sinnvolle Zielgruppe zugeschnitten wäre. Doch hieran krankt er.

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Das als Vorwort abgedruckte Interview mit Eckart Witzigmann, der mit dem Autor befreundet ist, soll vermutlich suggerieren, dass der Spitzenkoch die Rezepte gut heißt. Dass jedoch Witzigmann – oder irgendein anderer Mensch – den veganen Schokoladenkuchen essen und für gut befinden könnte, ist schlicht nicht vorstellbar. Der Kuchen qualifiziert sich für die Kategorie modernes Weltwunder, denn man kann tatsächlich Wasser, Kakao, Mehl, Backpulver, Zucker und Öl mischen, backen und erhält etwas, dass aussieht, als wäre es ein Kuchen. Das ist das Wunder. Leider schmeckt es genau so, wie man erwarten kann, nämlich nach Kakao mit Wasser. Gruselig. Aber zurück zur Zielgruppe. Die Ansprüche, die die Rezepte an das Können der Leser stellen, sind nicht auf ein Niveau zu vereinheitlichen, der geübte Hobbykoch wird in diesem Band eher wenig Inspiration finden, wogegen der weniger geübte an ungenauen bis unzureichenden Anweisungen scheitern wird. Die Rezepte, die ich ausprobiert habe, hätten alle angepasst werden müssen und verbessert werden könnten – mit Ausnahme des Ersatzkuchens, der in Zeiten ausreichender Nahrungsmittelversorgung nichts verloren hat.

Der Band enthält die Kapitel Frühstück, Mittagessen, Abendessen und Süßer Abschluss, wobei unklar bleibt, nach welchen Kriterien Gerichte in Mittag- und Abendessen unterschieden werden. Zum Frühstück gibt es v.a. Süßes oder Eiergerichte sowie einige Smoothies, die sicherlich modern, aber nicht zwingend wohlschmeckend sind. Apfel-Avocado-Gurke war bei uns kein Renner, Mangold-Brombeere mag ich mir ehrlich gesagt genau so wenig vorstellen wie Porridge aus Reisflocken, Apfelsaft und geraspelten Karotten. Nach dem auf dem Buchrücken beschworenem “Weniger-ist-mehr”-Prinzip kann ich zum Frühstück nur sagen, ich verzichte.

Aus dem Mittagsangebot habe ich den Gemüse-Bulgur ausprobiert, der immerhin mäßig schmeckte, wenn ihm auch jeglicher Pfiff fehlte. Im Sinne der Leser sei angemerkt, dass der gehackte Knoblauch vermutlich ebenfalls im Bulgur landen soll. Apropos Bulgur: erstens gibt es sehr viele unterschiedliche Bulgursorten, sodass die Flüssigkeitsmenge nicht pauschal angegeben werden kann, hier empfiehlt sich ein Blick auf die Packung, zweitens sind 300 g Bulgur unmäßig viel für 4 Personen, insbesondere für vier achtsame Esser, denen der Sinn nicht nach Völlerei steht.

Eine entäuschende Auseinandersetzung mit einem Thema, das sehr spannend sein könnte.

Veröffentlicht im Januar 2015

2 Kommentare

  1. raldag

    das hört sich ja gruselig an. Gab es hier jemals einen ähnlich verriß?

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