Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.
Dieses vegane Kochbuch ist für Menschen wie mich. Für Fleischesser und Käseliebhaberinnen. Ein Paradoxon? Keinesfalls. Das Kochbuch zeigt, dass veganes Kochen kein Verzicht bedeutet. Es lässt uns sogar manchmal die Zuneigung zu tierischen Produkten komplett vergessen. Die beiden Kochbuchautorinnen und Foodbloggerinnen Celine Steen und Joni Marie Newman überraschten mich mit ihren Rezeptideen immer wieder.
Der Titel Vegan kochen – so klappt die Umstellung begeisterte mich zuerst nicht. Ich fragte mich, ob es nicht den meisten so geht wie mir: Man möchte ETWAS vegan leben. An ein, zwei Tagen der Woche? Aber ob komplett vegan bzw. nur veganer – vegan ist nicht einfach. Die Hilfe war willkommen.
Thematisch beginnt es mit „Milchprodukte ersetzen“, dann weiter mit Eier, Fleisch und Fisch bis hin zu Honig und Gelatine. Außer den Kapiteln zu Ersatz für tierische Produkte gibt es auch welche, die sich dem Ersatz von Gluten, Soja, raffinierten Zucker und Fette widmen. Sehr gut. Einige meiner Freunde haben eine Glutenunverträglichkeit. Wie schön, dass ich endlich ohne langes Suchen nach Rezepten für sie kochen kann.
Vegan kochen ist ein Buch, das ich gerne zu Hand nehme, denn es nimmt mich als Leserin an die Hand. Layout und Grafik des Kochbuchs sind angenehm übersichtlich. Die Kapitel sind farblich markiert, so dass ich mich schnell zurechtfinde. Viele kleine Tipps und Hilfen nehmen mich als Vegan-Neuling helfen mir den Überblick nicht zu verlieren. So finde ich am Anfang jedes Kapitels eine Tabelle, in der Ersatz für die tierischen Produkte vorgeschlagen wird oder auch einfache Grundrezepte wie vegane Mayonnaise oder Joghurt. Kleine Symbole vor jedem Rezept und der entsprechenden Zutat verraten mir außerdem auf einen Blick, dass bei den Zimt-Haferflocken-Kekse das Ei ersetzt wird und zwar durch Kokospaste.
Obwohl sich die Rezepte „Polenta-Chili-Auflauf“, „Cranberry-Bananenkuchen“ oder auch „Gemüseragout mit Rotwein“ köstlich anhören, schleiche ich noch einige Tage um das Kochbuch herum, bis ich mich ranwage. Mein Bruder bricht schließlich meine Hemmungen – er ist Vegetarier. Wir entscheiden uns für den Sheperd’s Pie. Er hat Nährhefe und Tofu Zuhause. Ich kann mit dem Gemüse aufwarten. Ich stelle fest: Vegan kochen ist anscheinend nicht schwer. Zwar schmeckt der Pie eher englisch als wirklich überragend, aber der Bann ist gebrochen und ich begebe mich kochend ans Werk.
Nach kurzer Zeit habe ich mich an die Ersatzzutaten wie Agavensaft, Tempeh oder auch Kokospaste gewöhnt. Und das Kochen wird mir immer mehr zur Freude. Der englische Pie war die Ausnahme. Der Gurkensalat mit Mango ist eine Entdeckung und die provenzalische Soccas ein Gedicht.
Leider werden die Rezepte nur vereinzelt mit Fotos illustriert, was ich gerade bei ungewöhnlicheren Rezepten wie Tempeh-Mais-Rucola-Gemüse oder veganes „Hähnchen“-Cordon-Bleu bedauere. Mehr Fotos hätten helfen können, die Vorurteile von Nicht-Veganern schneller abzubauen.
Was mir tatsächlich immer mal wieder die Lust genommen hat, mich auf das vegane Kochen einzulassen, sind die mitunter moralinsauren Intros der Texte. „»Grün« zu sein“, lese ich da, „ist wirklich köstlich und sättigend. Mit diesem Gericht bekennt man Farbe zur fleischlosen Gesinnung.“ Die Gesinnungstexte sollen mir als Köchin wohl den Übergang zur veganen Lebensweise erleichtern. Ziel verfehlt. Der missionarische Ton ärgert mich manchmal sogar. Aber: Zu liebevoll und sorgfältig ist das Kochbuch im Übrigen konzipiert und umgesetzt.
Ich werde in nächster Zeit sicher nicht zur Veganerin, aber ich mag dieses kleine Kochbuch mit seinen charmanten Rezepten. Warum also nicht mal ab und zu vegan?
Veröffentlicht im Juli 2012