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Katharina Höhnk

Kochbuch von Carsten Brück & Christian Nevesely: Ui ★★★★

Ui – Ein Kochbuch für heute, Carsten Brück & Christian Nevesely (Fotos), Dorling Kindersley Verlag (2021)

Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.

Doris Brandl

Von

„Ein Kochbuch für heute“ versprechen Carsten Brück und Christian Nevesely, das Team hinter der Neuerscheinung Ui. Dabei provoziert der Titel natürlich sofort die Frage, was damit gemeint ist. Denn Kochen für die Gegenwart kann so vieles heißen. Die Nahrungszubereitung hat sich so individualisiert wie die Gesellschaft. Kochen ist auch Lifestyle und die Ausrichtung reicht von Gesundheitsvorteilen über reinen Hedonismus bis Klimapolitik. Ich bin gespannt, was mich erwartet.

Zum Weiterlesen

Leseprobe beim Verlag

Das Kochbuch Ui präsentiert sich mit 110 Gerichten auf 240 Seiten. Es ist großformatig und sorgfältig gebunden. Buchrücken, Innenseiten und der Seitenschnitt sind in frischem und gut gelauntem Gelb gehalten. Die Foodfotos leuchten atmosphärisch und natürlich. Die Gerichte sind auf dem matten Papier appetitlich anzusehen. Zu Beginn gibt es eine kurzweilige Vorstellung gespickt mit geselligen Bildern bei der Küchenarbeit oder leger mit Bierflasche am Grill.

Carsten Brück & Christian NeveselyZwei Kreative

Autor Carsten Brück (links im Foto) und Fotograf Christian Nevesely sind keine ausgebildeten Köche, stellen sie gleich zu Beginn klar, sondern Vertreter der Kreativbranche. Designer, Texter, Fotograf, Händler und Gastronom seien sie bereits gewesen – und fragen deshalb, ob sie überhaupt ein Kochbuch schreiben dürften. Die Frage überrascht heutzutage, sind doch berühmte Kochbuchautor:innen oftmals ebenfalls nicht „vom Fach“. Die Schlussfolgerung der beiden liegt dann auch nahe: „Kochen kann Können sein, aber ist im besten Fall immer auch Spaß, Genuss, Hobby und Leidenschaft.“

Dass nämlich dem Können auch immer ein Blick von außen guttut, zeigt sich hier gleich im Inhaltsverzeichnis. Der alte Zopf der Menü-Kategorien wurde abgeschnitten zugunsten einer rein alphabetischen Sortierung. Die Rezepte reihen sich nach der jeweiligen Hauptzutat von A – der geschmorten Aubergine – bis Z – den geschmorten Zwiebeln. Darin finden sich vegetarische wie auch Fleisch- und Fischgerichte. Desserts scheinen die Autoren leider nicht zu mögen, dazu finden sich keine Rezepte.

Durchbrochen wird das Inhaltsverzeichnis von zwei gelb hinterlegten Einschüben: „Futter für Freunde“ (Grillrezepte) und „Futter von Freunden“ (Rezepte von Freunden wie Steffi mit ihrem Rezept für Lachs-Ceviche, Kosta mit seiner schwarzen Pita mit Gambas und die bestens bekannte Bloggerin Maja Nett von moey’s kitchen mit ihrer sensationellen Spanakopita). Hier fehlen leider die Angaben der Personenanzahl und des Zeitaufwands.

Die Details

Meine Wahl für das erste Rezept fällt auf das Ziegenkäserisotto mit Staudensellerie und Baconchips. Ungewöhnlich finde ich zunächst die Art, das Rezept zu lesen. Brück und Nevesely haben auch hier neu gedacht, indem die Zutatenliste (linksbündig) und die Zubereitungsschritte (zentriert) miteinander verwoben werden. Der Vorteil liegt auf der Hand: mehr Übersichtlichkeit und weniger Text. In der Praxis ein praktikabler Ansatz, wie ich finde.

Aber nicht nur das überzeugt, sondern auch das Ergebnis: Das Ziegenkäserisotto gelingt angenehm schlotzig, der Sellerie bringt viel Geschmack und der knusprige Bacon einen tollen Kontrast.

Die nächste für mich neue Kombination sind Bratkartoffeln mit Kapern, Kräutern und Pinienkernen. Überraschend frisch und lecker ist dieses Gericht. Ich bin begeistert, dass Bratkartoffeln mit den salzigen Kapern so harmonieren. Die angegebenen Zeiten und Mengen stimmen übrigens perfekt.

Kochbuch von Carsten Brück & Christian Nevesely: UiDieser erste geschmackliche Eindruck setzt sich fort. Ich schätze aber auch die Rezeptauswahl, die sich einerseits weltweit bedient und dabei die hiesige Heimat einschließt (es sollte anfangs ein Kochbuch der Deutschen Küche werden), aber auch den vollen „Zutatengarten“ nutzt, den ein Supermarkt bietet. So findet sich ein sommerlich schnell gemachtes Rezept für Räucherfisch mit Nordseekrabben und Kopfsalat-Marinade, aber auch Kichererbsen-Pfannkuchen mit Ofengemüse oder asiatischer Reisnudelsalat.

Das liest sich beim ersten Querlesen immer appetitlich – die Aromenverbindungen hüpfen sofort auf den Gaumen -, aber vielleicht nicht überraschend. Erst in der Ausführung offenbarte sich mir die Qualität des Kochbuchs. Es gab immer ein Detail oder eine Abwandlung, die eine Vielköchin wie mich aus ihrer Komfortzone lockt, wie z. B. der Abend-Brot-Salat, ein Schweizer Wurstsalat mit Lyoner, der aber dem italienischen Brotsalat angelehnt wird und mit gerösteten Brotwürfeln zubereitet wird und in 20 Minuten auf dem Tisch steht. Aber auch Küchentrends zeigen sich, etwa ein Rote-Bete-Bourguignon, Salzmandeln für Gewürzkarotten und karamellisierter Rosenkohl.

Carsten Brück & Christian Nevesely:

„Ui ist ein Kochbuch für alle, die Spaß am Kochen und am Ausprobieren haben. Und am Essen.“

Gelegentlich hätte ich mir genauere Angaben gewünscht als z. B. „etwas Wasser“ oder „eine großzügige Portion“. Auch fällt die Verwendung  von Gewürzen eher sparsam aus, oft sind es nur Salz und Pfeffer.  Und natürlich passt nicht jedes Rezept zu dem eigenen Geschmack. Aber umso mehr bin ich erfreut über die Rezepte, die in wirklich kurzer Zeit auf dem Tisch stehen, wie Omelett mit Gruyère, Pilzen und Zuckerschoten.

Wenn es nach Carsten Brück und Christian Nevesely geht, dann bedeutet Kochen für heute eine Rezeptauswahl, die sich global bei den beliebtesten Küchen bedient und auch deren Vielfalt der Zutaten nutzt und dabei mit Unkompliziertheit und Geschmack überzeugt. Eingerahmt wird diese Küche von atmosphärischer Geselligkeit und guter Laune. Als Köchin hat mich das Buch mit seiner Alltagstauglichkeit und den wohlschmeckenden Gerichten überzeugt, aber auch mit Überraschungen im Detail.

Veröffentlicht im Juli 2021

3 Kommentare

  1. Doris

    Liebe Birgitta,
    vielen Dank für Deine Nachricht. Die Rezepte der Autoren enthalten Hinweise zur Personenzahl und den Zeiten. Diese Angaben fehlen komplett bei den Rezepten von und für Freunde. Hier muss man selber abschätzen, welche Mengen gebraucht werden und wieviel Zeit einzukalkulieren ist (z.B. Pappardelle mit Kaninchenragout). Auch hätte ich mir mehr Gewürzvielfalt gewünscht. Und zum Abschluss eines gemütlichen Essens mit Freunden gehört bei mir ein Dessert. Hier gibt es keins. Deshalb vier wohlverdiente Sterne.
    Herzliche Grüße, Doris

  2. Birgitta

    Nachtrag: Ich habe inzwischen die Kommentare bei Amazon zu diesem Buch gelesen und eine Tina R. schreibt: „Haben die Autoren auch mal gelesen oder gekocht, was sie da geschrieben haben?“ Sie hat auch ein paar kritische Beispiele aufgeführt, die auch bei mir zu Stirnrunzeln führen.

  3. Birgitta

    Liebe Doris, ich habe eben die Rezension gelesen und auch beim Verlag einen Blick ins Buch geworfen. Liest sich alles seeeehr lecker.
    Auch die Rezension klingt durchwegs sehr gut. Ich habe beim Lesen immer noch auf ein „ABER“ gewartet – wegen der 4 Sterne.
    Warum nur 4 Sterne, wenn alles so gut beurteilt wurde? Wo ist das „ABER“?
    Es wäre hilfreich gewesen zu erfahren, warum das Buch keine 5 Sterne bekommen hat.
    Ich liebe Kochbücher und halte mich gerne an Alfred Bioleks Meinung: „Wenn in einem Kochbuch nur 1 vorzügliches Rezept steht, hat sich der Kauf schon gelohnt….“ Gut, mein Mann sieht das etwas anders….
    Herzliche Grüße
    Birgitta

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