Fünf Sterne: Valentinas Liebling – zum Schwärmen gut.
La cucina verde ist eines der seltenen Kochbücher für die Wochentage, dessen Rezepte den Homecook nur zu minimalem Einkauf nötigen. Mit der Rezeptsammlung lässt sich aus wenig Köstliches zubereiten. Die italienischen vegetarischen Rezepte sind so frappierend einfach und stimmig zusammengestellt, dass man sie in Kürze selber aus dem Gedächtnis nachkocht und variiert. Bravo!
Am Ende der Woche bietet das Innenleben meines Kühlschranks einen tristen Anblick: ein paar gelangweilte Möhren oder anderes Saisongemüse, eine verlorene Sahne und einsamer Parmesan. Bei ihrem Anblick fällt mir wenig ein. Ein hilfesuchender Blick vom Vorrats- zum Kochbuchregal, aber die Rezeptsammlungen wollen dieses Extra und jenes. Das hat sich nun geändert. Künftig weiß ich, zu welchem Kochbuch ich verlässlich greifen kann. La cucina verde, einem im Erscheinungsbild eigenwilligen wie bildhübschen Kochbuch mit italienischen vegetarischen Rezepten. Es ist ein Buch, das zeigt, wie aus wenig Köstliches gezaubert werden kann. Und zudem der Wunsch in Erfüllung geht, dass jeder nach dem Mahl den Tisch ganz und gar zufrieden verlässt.
Keine Fotos, aber bildschöne Illustrationen
Dem Autoren und Koch Carlo Bernasconi war ich schon einmal „begegnet“, als ich in Zürich über sein Restaurant stolperte „Cucina e Libri“, ganz nah am See mit einem Gastraum, der zugleich Kochbuchhandlung ist. Kann es etwas Schöneres für jemanden wie mich geben? Für ein Menü war damals keine Zeit, mit der Visitenkarte in der Handtasche eilte ich weiter zu meiner Einladung.
Sein Kochbuch La cucina verde ist eine rare Ausnahme, weil es ohne Foodfotos auskommt. Es braucht mehr als einen Kurzsprint zum Becircen. So ging es auch mir. Dann blieb mein Appetit an einem Rezept hängen, das ich zu meiner Überraschung sofort “aus dem Kühlschrank” kochen konnte. Das ist mir bisher noch gar nicht passiert.
Die Illustrationen von Larissa Bertonasco (links) sind Teil des Charmes der Rezeptsammlung. Ihre Zeichnungen – mit einem wohltuenden kompromisslosen Strich – und Collagen entwickeln Harmonien, sogar Verspieltheiten, die erst durch den Kontrast von naiv anmutenden Formen ihr besonderes Eigenleben erhalten. Besonders gefallen mir ihre Figuren, die Frauen. Sie strahlen eine Ruhe aus, auf die ich sehnsüchtig blicke.
18 Kapitel Gemüse
Carlo Bernasconi hat La cucina verde in 18 Gemüse-Kapitel gegliedert, die sich nach Farben und Symbolen sortieren: von Grün über Gelb, Rot und Braun – von Artischocke, Spargel und Tomate zur Kartoffel. (Daraus folgt ein grafisches Leitsystem, so dass ich beim Suchen nach kurzer Zeit völlig ohne Register und Seitenzahl auskam. Klasse!)
Die persönlichen Kapitel-Einleitungen von Carlo Bernasconi sind auch wegen der Weitergabe von praktischem Kochwissen lesenswert (Beispiel: TK-Spinat und frischer Spinat sind ins Verhältnis 1:4 zu setzen, wenn sie im Rahmen von Rezepten ersetzt werden). Die Rezepte sind für den Alltag gedacht, Basisideen mit einfachen wie guten Details, die das gewisse Etwas ausmachen, begleitet von wenigen raffinierten Rezepten, die durch Aromenkombination oder – seltener – der Zubereitung überraschte Aufmerksamkeit auf sich ziehen. (Links der Autor)
Hier ein Beispiel, das Fenchel-Kapitel: Es startet mit einem Rezept aus der Pfanne, das mit Pinienkernen und getrockneten Tomaten zubereitet wird, es folgt eines für gratinierten Fenchel (mit Provolone), dann eines für überbackenen Fenchel, schließlich Fenchel mit Kapern und Petersilie sowie evtl. Pinienkernen, dann Tarte Tatin Fenchel sowie Fenchelsalat mit Äpfeln und Honig (spektakulär, s.u.)
Die Rezeptingredienzien sind – vorausgesetzt die gemüsige Hauptzutat ist vorhanden – so übersichtlich und gängig, dass ich die Rezepte vielfach aus dem Stand nachkochen konnte. (Inwieweit das für jeden anderen zutreffend ist, hängt natürlich von dem Grad der Vorrats-Hamsterei ab, was bei mir aus Platzgründen recht übersichtlich ist.) Das fand ich wunderbar unkompliziert. Folgende Zutaten lohnen in jedem Fall mit dem Buch zu besorgen: getrocknete Tomaten, Pinienkerne, eine Flasche Marsala und frische Kräuter für den Balkon. Als Käse sind Ricotta, Taleggio- und Provolone-Käse übrigens häufiger anzutreffen.
Die Anleitungen der Zubereitungen sind bewundernswert präzise und knapp verfasst. Sehr gelungen finde ich, dass sich manche Rezeptelemente wiederholen. So lernt man leichter, selbstständig zu kochen: Wird eine Aromenkombination in Verbindung mit einer Zubereitung 1-2 Mal mit verschiedenen Gemüsesorten ausprobiert, wird sie beim dritten Mal selbstständig „übertragen“. Carlo Bernasconis Rezept sind so einfach, dass ich sie für jeden geeignet halte. Wichtig zu wissen ist: Bei der Auswahl der Rezepte war Zeit kein Kriterium und so ist von schnell bis zeitintensiv alles dabei.
Veröffentlicht im März 2010
Ganz ein tolles Buch,bis jetzt war jedes Gericht daraus einfach lecker!
Freut mich. Ich habe es jetzt inzwischen so oft verschenkt.