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Katharina Höhnk

Kochbuch von Bethany Kehdy: Karam ★★★★

Karam – Gemeinsam genießen.
Orientalische Rezepte & Gastfreundschaft
Bethany Kehdy
Fotos: Nassima Rothacker
Sieveking Verlag (2019)

Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.

Dietmar Adam

Von

Kochbücher aus dem Orient gibt es wie Sand in der Wüste. Da mir diese Küche ganz besonders zusagt und ich schon viel kenne, bin ich jedes Mal gespannt, womit ein neues Buch punkten will. Gilt es doch, gegen Platzhirsche wie Ottolenghi anzutreten. Und es gilt die Frage zu beantworten, ob ich das Buch empfehlen kann, ob es Neues bietet, andere Akzente setzt oder nur Bekanntes wiederholt.

Obwohl „Karam“ das erste ins Deutsche übersetzte Buch von Bethany Kehdy (Foto unten) ist, ist sie für mich keine Unbekannte. Schon vor Jahren fiel mir ihr Blog „Dirty Kitchen Secrets“ auf. Einige ihrer Anregungen wanderten dabei in meinen Küchenalltag. Ihr viel gelobter Erstling „The Jewelled Kitchen“ fand jedoch keinen deutschen Verlag. Die Tochter einer amerikanischen Mutter und eines libanesischen Vaters hat es sich zur Aufgabe gemacht, die kulinarische Tradition ihrer levantinischen Heimat bekannt zu machen, steht aber auch globalen Trends aufgeschlossen gegenüber und versucht, aus beiden Welten das Beste herauszuholen.

Karam heißt Gastfreundschaft

Bei ihrem neuen Buch dreht sich alles um Gastfreundschaft, die im arabischen Raum von größter Bedeutung ist. Ein Gast wurde und wird – wie es schon im Koran steht – als ein Geschenk Gottes betrachtet und entsprechend behandelt. Das gemeinsame Essen hat aber nicht nur religiöse, sondern auch soziale Aspekte. In der lebensfeindlichen Wüste war Gastfreundschaft von fundamentaler Bedeutung, und so ist es nicht verwunderlich, dass sie noch heute gewürdigt und in einer Art zelebriert wird, die uns ein wenig erstaunt.

Das Fest kann beginnen – zunächst mit Getränken und kleinen Teilen

Bethany Kehdy baut ihr Buch auf, als würde sie Fremde bewirten. Zunächst werden Getränke gereicht. Natürlich Tee, aber auch Wasser, das mit Rosenwasser, Minze und Melonenstücken aromatisiert wird. Dann Kaffee, den die Türken aus dem Orient nach Europa brachten. Ein heikles Thema ist Alkohol. Das Wort stammt zwar aus dem Arabischen, die Religion verbietet jedoch den Genuss. Trotzdem wird der nach Anis schmeckende Arak nicht nur hier produziert, sondern auch getrunken.

Kochbuch von Bethany Kehdy: KaramNachdem der erste Durst gelöscht ist, wird geschwind der Tisch gedeckt. Bevor die aufwendigeren Speisen fertig sind, kann man schon mal kleine Teile anbieten, Rohkost etwa oder Kanapees, oder wie man heute sagt: Fingerfood. Da wandern beispielsweise aparte Fatayer-Schiffchen mit Roter Bete und Labneh auf die Teller und erfreuen Auge und Geschmacksknospen gleichermaßen.

Oder es wird Möhren- und Kümmel-Mutabal gereicht. Wir würden wahrscheinlich Hummus dazu sagen, werden aber von der Autorin belehrt, dass Hummus ausschließlich mit Kichererbsen hergestellt wird. Und dann gibt es noch Borani, aber das würde jetzt zu weit führen, die feinen Unterschiede zu erläutern. Das überlassen wir gerne der ungemein kundigen Autorin, die Wert darauf legt, die kulturellen und geschichtlichen Zusammenhänge darzustellen.

Festmahl für alle

Auf nun zum Höhepunkt „Festmahl für alle“. Jetzt werden große Platten aufgefahren und Hauptgerichte präsentiert. Etwa Räucherfisch-Kibbeh oder das glasierte Rote-Bete-Maqluba. Auch hier setzt die Autorin Räuchermakrele ein, man kann aber auch gerne auf Lamm ausweichen oder sich für die vegetarische Variante entscheiden.

Abgerundet wird das Festmahl natürlich mit feinen Desserts. Hier verbindet Kehdy geschickt Einflüsse aus dem Westen mit typischen Zutaten aus dem Orient, wenn sie Schwarzkümmel-Brownies oder Schoko-Joghurt-Mousse mit Mastix-Sirup kreiert.

Orientalische Küche für Fortgeschrittene und Experimentierfreudige

In „Karam“ überzeugt Bethany Kehdy nicht nur mit profundem Hintergrundwissen, sie führt den versierten Hobbykoch auch in Bereiche, die andere Bücher bisher nur gestreift haben. Etwa die vielerlei Arten, mit Hilfe von Fermentation haltbare Lebensmittel zu schaffen, die noch dazu sich durch einen ganz speziellen Geschmack auszeichnen. Ein Beispiel ist das im Libanon weit verbreitete Kishk, das aus Bulgur, Joghurt und Wasser angesetzt wird. Das fermentierte Endprodukt wird dann entweder wie bei Labneh zu Kügelchen gerollt und in Öl eingelegt oder getrocknet zu einem vielseitig einsetzbaren Pulver püriert, etwa um Suppen oder Saucen anzudicken und geschmacklich aufzupeppen.

Zum Weiterlesen

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Manche Rezepte in ihrem optisch ansprechenden, aber eher zurückhaltend illustrierten Buch sind so außergewöhnlich, dass ich mich noch nicht zu ihnen vorgetraut habe. Etwa ein Basturma, für das Bauchfleisch gepökelt und luftgetrocknet wird. Und ob ich die verführerisch schwarz aussehenden „Black Magic Brownies“ mit den beim Backen nicht gerade üblichen Zutaten Schwarzkümmel und Senfsamen ausprobiere, habe ich noch nicht entschieden.

Wer sich für orientalische Küche interessiert und über allgemein bekannte Gerichte hinaus in neue Gefilde vorstoßen möchte, findet bei Bethany Kehdy allerlei Anregungen und Tipps. Man sollte sich jedoch im Klaren darüber sein, dass sich vieles zumindest zeitaufwendig gestaltet und Misserfolge nicht auszuschließen sind. Aber selbst wenn man diese speziellen Rezepte auslässt, bleiben genug andere übrig, die abwechslungsreiche orientalische Genüsse versprechen.

Veröffentlicht im April 2020

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